Sophie:
Draussen ist es schon seit einiger Zeit dunkel, als er sich langsam reckt und sich sich zu mir umdreht. Verschlafen schaut er mich an, und ich streiche ihm leicht über die Haare. "Hey", meint er etwas verlegen. "Hey, wie geht es dir?" frage ich ihn. "Hmm, schön, dass du da bist", antwortet er mir. Und dann kommt ihm in den Sinn: "Sophie, du hast ja schon ewig nichts mehr gegessen, möchtest du noch irgendwo etwas essen gehen?"
"Eigentlich nicht, hast du noch etwas da, vielleicht eine Suppe oder so?" frage ich ihn. "Ich bin glaub ziemlich ausgeschossen, aber sie haben hier einen guten asiatischen Lieferservice, wir könnten uns noch etwas bestellen, wenn du möchtest", schlägt er vor. "Das ist eine gute Idee, machen wir das", pflichte ich ihm bei.Yacine:
Wir essen eine Kleinigkeit zusammen und gehen schon bald darauf in unsere Zimmer.
Trotz meiner Müdigkeit kann ich lange nicht einschlafen. Ich denke an Sophie, die nur durch eine Zimmerwand getrennt von mir in ihrem Bett liegt.Wie viel würde ich jetzt darum geben, an ihrer Seite einschlafen zu können. Warum nur fühle ich mich in ihrer Nähe so unendlich wohl? Erinnert sie mich wirklich an meine Mutter? Ich bin überzeugt, da ist noch etwas anderes. Ich begehre sie als Frau, ich liebe es, sie anzuschauen, die Bewegungen ihres Körpers, ihr Lächeln, bin fasziniert von ihrer weiblichen Ausstrahlung. Und langsam fallen mir die Augen zu.
Als wir am nächsten Morgen unseren Brunch beendet haben, fragt mich Sophie: "Wie gross ist dieses Haus denn, hat es noch mehr Zimmer?" "Ja, stimmt, du hast ja bis jetzt nur einen Teil gesehen, komm, ich zeig es dir." Wir erheben uns, und ich zeige ihr den unteren Stock mit dem offenen Koch-, Ess- und Wohnbereich. Zudem hat es unten noch ein Zimmer mit einem geräumigen Bürotisch und ein Gäste-WC. Sophie gefällt vor allem der grosse Tisch, an dem man auch mal etwas Kreatives machen kann.
"Den oberen Stock kennst du ja schon ziemlich", fahre ich fort, während wir die Treppe hinaufsteigen. Also hier ist mein Zimmer und daneben das Gästezimmer, in dem du geschlafen hast."
Ich kann es nicht lassen und füge schnippisch hinzu: "Tja, und leider sind die beiden Zimmer durch eine Wand getrennt." "Autsch", rufe ich, weil Sophie mich soeben in den Hintern gezwickt hat. Hmm, eigentlich könnte sie das öfters tun..."Das grosse Bad kennst du ja auch bereits, und da drüben ist noch ein Ankleidezimmer, wo ich all meine Klamotten drin habe. Bei Gelegenheit kann ich dir noch den untersten Stock zeigen, dort sind Garage, Waschküche, Skiraum und Keller.
Sophie ist beeindruckt: "Wow, und alle Räume sind vom Design her aufeinander abgestimmt, es ist alles total stilvoll eingerichtet." "Ja", sage ich stolz, "der Bruder eines ehemaligen Teamkollegen ist Innenarchitekt, und ich habe mit ihm zusammengearbeitet. Er hat meinen Stil total gut übernommen." "Sag mal, verdienst du als Volleyballer so gut, dass du dir so etwas leisten kannst?" fragt sie mich und fügt gleich an: "Also, du musst mir natürlich nicht antworten, wenn du nicht möchtest."
"Doch, klar, das möchte ich", entgegne ich ihr, "ist schliesslich kein Geheimnis." Wir setzen uns auf das bequeme Boxspringbett in meinem Zimmer, und während ich Sophie im Arm halte, erzähle ich ihr: "Meine Mutter hatte eine ältere Schwester, sie waren nur zwei Geschwister. Meine Tante hat nie geheiratet und auch keine Kinder gehabt. Wir hatten eigentlich immer einen guten Kontakt zu ihr, sie war auch total am Boden zerstört, als sich meine Mutter das Leben genommen hat. Sie brauchte einige Jahre, bis es ihr wieder einigermassen gut ging. Sie hat sehr bescheiden gelebt und wenig Geld ausgegeben.
Ganz selten spielte sie manchmal Lotto. Doch eines Tages hatte sie ein Riesenglück. Sie hat den Jackpot geknackt und mehrere Millionen Euro gewonnen." "Wow", staunt Sophie, "davon träume ich auch manchmal." "Ja, aber sie wusste gar nicht, wie man Geld ausgibt, sie hat nur einen Bruchteil des Gewinnes für sich ausgegeben. Und leider ist sie vor etwa zehn Jahren ganz plötzlich an einem Hirnschlag gestorben."
"Das tut mir leid", meinte Sophie. "Ja", pflichte ich ihr bei, "ich hätte ihr auch gern noch ein paar sorglose Jahre gegönnt. Auf jeden Fall hat sie einen grossen Teil des Geldes - weil wir ihre einzige Verwandtschaft waren - meinem Bruder und mir vermacht." Sophie pfeift beeindruckt durch die Zähne. "Jetzt ist mir alles klar." "Davon habe ich knapp die Hälfte für dieses Haus ausgegeben und den Rest angelegt für die Zukunft." "Da hast du recht, dass du dir einen Traum erfüllt hast damit", bekräftigt Sophie."Wie gut verdient man eigentlich als Volleyballspieler in der höchsten Liga?" will sie wissen. "Das ist unterschiedlich, ich gehöre ja nicht zu den absoluten Topverdienern. Aber zusammen mit der Gage, dem Bonus der gewonnen Spiele und meinen Werbeverträgen ist es im Moment grad so eine siebenstellige Summe im Jahr."
Sophie schaut mich ganz erstaunt an und meint sarkastisch: "Ich sehe schon, ich habe definitiv den falschen Beruf gewählt", und wir beginnen beide zu lachen. Sophie fragt: "Und ich kann mir vorstellen, dass du nicht allzu viel von deinem Einkommen ausgeben musst?" "Ja, das stimmt", bestätige ich ihr. "Trainer, Physios, Manager sind alle vom Club bezahlt, ebenso Kost und Logis. Reisen und Hotels übernimmt der Verband, ich brauche also sehr wenig Geld im Moment.""Und wie ist es mit deinem Ferienhaus, vermietest du das auch?" "Ja, genau, das mache ich auch", bestätige ich ihr. Eine Bekannte von mir macht die ganze Administration." "Wie viel schaut denn dabei heraus?" will Sophie wissen. "Wir können das Haus ungefähr 20 Wochen im Jahr vermieten für durchschnittlich tausend Euro pro Woche. Von diesem Geld bekomme ich etwa die Hälfte und sie auch etwa die Hälfte. Also genau genommen zahle ich ihr im Jahr 6000 Euro fix und sie erhält zwanzig Prozent der Mieteinnahmen."
"Da bist du aber sehr grosszügig", meint Sophie. "Ja, ich tue ihr auch einen Gefallen damit. Andererseits habe ich dann nichts mit der ganzen Administration zu tun, was mir ebenfalls viel Wert ist." Sophie rechnet nach: "Und immerhin machst du pro Jahr noch zehntausend Euro vorwärts, also etwa ein Prozent, hast aber ein eigenes Feriendomizil. "Genau, geht für mich prima auf."Wie machst du es eigentlich, wenn wildfremde Leute in dein Haus kommen, musst du da immer alles verräumen?" fragt mich Sophie. "Nein", erkläre ich ihr, "mein Schrankzimmer, einen der beiden Kellerräume, zwei Küchenschränke und einen Schrank im grossen Badezimmer kann ich abschliessen. Das mache ich dann immer, wenn ich wieder gehe und verschliesse alles, was ich nicht teilen will. Es gibt aber vieles, was ich auch zugänglich lasse, zum Beispiel die Spiele im Wohnzimmer oder auch die Büroutensilien."
"Und wie oft kommst du im Jahr so her?" "So oft ich eben kann, leider sind es nur etwa 7 Wochen im Jahr, aber immerhin." "Und du hast sicher Vorrang vor den Feriengästen", vermutet Sophie. Ich schmunzle: "Ja, das habe ich. Und du auch, wenn du möchtest", necke ich sie. Sie schaut mich tadelnd an, und ich schliesse sie spontan in die Arme.
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Dr. Sophie Marchand und Yacine Vincent
RomanceDie Ärztin Sophie Marchand trifft eines Tages auf den jungen Yacine, der ihr irgendwie bekannt vorkommt. Was sie jedoch nicht ahnt: Yacines bewegte Vergangenheit wird auch ihr Leben in der nächsten Zeit gewaltig auf den Kopf stellen.