Teil 31

597 21 0
                                    

Sophie:

Als wir wieder einmal in einem kleinen Restaurant zusammensitzen, schaut mich Jacques lange an, bevor er fragt: "Sophie, darf ich dich etwas fragen?" "Nur zu", ermuntere ich ihn.

Er beginnt: "Ich habe dich doch bei unserem ersten Gespräch gefragt, ob du mit Yacine schläfst. Und du hast es verneint. Nun, so wie ich eure Beziehung zueinander einschätze, habt ihr beide eine sehr hohe Meinung voneinander. Ich habe kürzlich mit Yacine gesprochen, und er hat in den höchsten Tönen von dir geschwärmt, so hat er noch nie von einer Frau gesprochen. Andererseits sehe ich, wie deine Augen jedesmal leuchten, wenn das Thema auf Yacine fällt. Deshalb wundere ich mich, dass ihr nicht zusammen gekommen seid."

"Hmm, das hast du sehr gut beobachtet", stimme ich ihm zu. "Und", fügt er an, "ich habe das Gefühl, dass du es bist, die - wie soll ich sagen - Gründe hat, die dagegen sprechen."
Ich überlege, wie ich antworten soll, und es entsteht eine Pause. Er schaut mich nur an und wartet ab.

"Also gut", fange ich an, "du weisst wahrscheinlich, dass Yacine in mir Anteile von seiner Mutter wahrnimmt und sich deshalb zu mir hingezogen fühlt. Und da empfinde ich es als nicht richtig, wenn wir zusammen Sex haben." "Das mag wohl sein, aber findest du nicht, dass Yacine gross genug ist, um das selber zu entscheiden?" Und augenzwinkernd fügt er hinzu: "Zwei Meter Grösse sollten doch eigentlich reichen."
Ich muss schmunzeln und zögere etwas. "Oder gibt es vielleicht noch einen andern Grund dafür?" fragt er mich direkt.

Ich seufze und sage: "Ja, den gibt es in der Tat." Er nimmt meine Hand und dringt in mich: "Du weisst, mir kannst du alles sagen, das geht auch unter das Arztgeheimnis." Ich gebe mir einen Ruck, und sage ihm: "Weisst du, ich leide unter Vaginismus." So, jetzt ist es raus.

Er schaut mich mitfühlend an und fragt: "Hmm, wie schlimm ist es denn, ist Penetration möglich, oder geht das gar nicht?" "Weisst du, mein Mann und ich hatten schon Geschlechtsverkehr, aber es hat jedesmal geschmerzt, vor allem, wenn wir lange keinen mehr hatten."

Er fügt verständnisvoll an: "Bevor ich Chirurgie studiert habe, wir ich einige Zeit lang in der Gynäkologie. Du würdest dich wundern, wie häufig das vorkommt, in den verschiedensten Schattierungen und Ausprägungen." Ich schaue ihn etwas unsicher an und bemerke: "Du erinnerst mich grad daran, dass ich mich schon seit ewiger Zeit mal wieder für die Jahreskontrolle anmelden sollte, aber das ist auch immer recht schwierig, so dass ich den Termin jeweils lange vor mich her schiebe. Vor allem, da mein Gynäkologe jetzt pensioniert worden ist und ich mir einen neuen suchen muss."

Er schaut mich lange an und schlägt mir dann vor: "Sophie, wenn du mir vertraust, dann würde ich mir gern die Zeit nehmen und die Untersuchung bei dir vornehmen." Jetzt werde ich doch etwas verlegen und meine: "Jacques, das brauchst du doch nicht, ich meine, du bist ja sonst beruflich schon so eingespannt." Doch er lächelt nur und meint: "Okay, dann verbringen wir das nächste Mal einfach einen Abend statt im Theater in der Gynäkologie unseres Spitals." Und etwas ernster fügt er hinzu: "Sophie, ich meine es ernst, wir könnten uns viel Zeit nehmen, und ich wäre sehr vorsichtig, das verspreche ich dir."

Ich lasse mir seinen Vorschlag durch den Kopf gehen. Die Vorstellung, mich vor ihm auszuziehen, ist mir schon etwas peinlich. Andererseits vertraue ich ihm voll und ganz, er ist ein guter Arzt und ein einfühlsamer Mensch. Ich gebe mir einen Ruck und sage: "Also gut, wenn dein Angebot wirklich ernst gemeint ist, nehme ich es sehr gern an." Jacques drückt mir meine Hand und meint: "Sehr gut, dann komm morgen abend zu mir ins Spital, ich reserviere uns einen Raum."

Dr. Sophie Marchand und Yacine VincentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt