Jacques:
Einige Tage später sitzen wir bei Yacine daheim und geniessen Penne als Salmone, die er für uns gekocht hat. Louis hat die Krankheit seines Vaters natürlich auch bekommen, kurz und heftig, und ich bin nicht von seiner Seite gewichen und habe sogar auf einem Notbett in seinem Zimmer geschlafen. Er hatte über vierzig Grad Fieber, und da wollte ich kein Risiko eingehen.
Aber nun sind alle wieder gesund und wohlauf und geniessen das feine Essen.
Irgendwie kommen wir auf das Thema Partnerschaften zu reden, und ich frage Yacine geradeheraus: "Wie ist das eigentlich, bekommt Loulou auch irgendwann wieder eine Ersatzmamma? Du bist jetzt doch schon einige Jahre alleine."
Etwas überrascht schaut mich mein Sohn an und meint dann: "Loulou geht es prima, so wie es jetzt ist. Er hat nicht nur mich, sondern auch dich und Sophie. Und zwischendurch noch seine richtige Mutter, er braucht niemand anderen." "Das mag sein", hake ich nach, "aber vielleicht ja du. Ich meine, du bist ein Mann im besten Alter und durchaus tageslichttauglich, wenn ich das mal so sagen darf. Gibt es denn in deinem Umfeld keine Frau, die sich für dich interessieren würde?"
Yacine lächelt über meine Wortwahl und meint: "Na ja, in der Schule gibt es tatsächlich eine Kollegin, eine Geographielehrerin. Sie ist ein paar Jahre älter als ich und sehr attraktiv. Sie hat mich schon mal auf ein Date eingeladen. Ich finde sie zwar sympathisch, aber mehr leider nicht, und deshalb habe ich dankend abgelehnt." Während er das erzählt, schaut er die ganze Zeit Sophie an. Diese fragt: "Und bei euch in der Siedlung, ihr habt doch noch recht guten Kontakt untereinander, da gibt es sicher auch einige ungebundene Frauen?"
Nachdenklich antwortet Yacine: "Ja, da hast du recht. Ich habe mich sogar schon mal für eine Nachbarin interessiert. Sie ist ebenfalls allein erziehend und etwa im gleichen Alter wie ich. Sie wäre durchaus offen gewesen für mehr, aber je näher wir uns gekommen sind, desto mehr habe ich gemerkt, dass ich noch nicht soweit bin. Ich meine für eine neue Beziehung." Ich pflichte ihm bei: "Na ja, mein Junge, du wirst es schon merken, wenn es soweit ist." "Genau", meint er, "und ich muss ja schliesslich nichts überstürzen, ich kann mir alle Zeit der Welt lassen. Im Moment jedenfalls geniesse ich das Leben mit Louis und euch zusammen." Sophie lächelt und drückt seine Hand.Sophie:
Als Jacques und ich Yacine noch beim Aufräumen der Küche geholfen haben und Loulou in seinem Bettchen eingeschlafen ist, machen wir uns auf den Heimweg. Wir legen uns daheim aufs Sofa und plaudern noch etwas miteinander. Wir kommen auf Yacines private Situation zu sprechen, und ich meine: "Ich kann ihn verstehen, immerhin ist er momentan stark gefordert mit dem Kleinen, und einen Job hat er ja auch noch. Wenn Loulou mal im Kindergarten oder sogar in der Schule ist, hat er seinen Kopf sicher wieder mehr frei und Zeit für das eine oder andere Date." "Bist du da sicher, ja?" fragt mich Jacques. "Das denke ich schon", erwidere ich.
"Weisst du, was ich denke?" fragt er mich. "Nein, aber du wirst es mir sicher gleich sagen." "Ich meine, dass Yacine auch in ein paar Jahren den Kopf nicht frei hat für eine andere Beziehung, weil er noch immer bis über beide Ohren in dich verliebt ist."
Ich bin ziemlich baff ob dieser entwaffnenden Ehrlichkeit meines Mannes, der unbeirrt fort fährt: "Hast du schon mal darauf geachtet, wie er dich ansieht? Auf jeden Fall nicht so, wie ein Mann seine Mutter anschauen sollte. Und du, auch wenn du es sehr gut verstecken kannst, du hegst ebenfalls Gefühle für ihn, und das schon seit einigen Jahren."
Hoppla, das sind aber klare Worte. Ich überlege lange, bevor ich ihm antworte: "Nehmen wir mal an, es sei wirklich so. Ich meine, Yacine sollte eine Frau in seinem Alter als Partnerin haben, eine, mit der er noch weitere Kinder haben kann."
Jacques erwidert: "Meinst du nicht, das sollten wir Yacine selber entscheiden lassen? Und Sophie, so sehr du mir ans Herz gewachsen bist, ich würde dich jederzeit für ihn frei geben."
Ich bin fast etwas betrübt über diese Worte und entgegne ihm: "Nein, Jacques, wir haben zueinander ja gesagt, und ich liebe dich, du bist mein Partner, mein Weggefährte, ich schätze unser Leben sehr und möchte dich nicht verlassen. Zudem weisst du, dass ich Yacine sexuell nicht glücklich machen könnte, und das hat er mehr als verdient."
"Ich werde dich ganz gewiss nicht fort schicken, aber mir liegt das Seelenheil meines Sohnes eben auch am Herzen, und ich sähe dich weiterhin regelmässig, auch wenn du mit Yacine zusammen wärst", resummiert Jacques. Ich werde fast etwas wütend und sage: "Und jetzt möchte ich nichts mehr davon hören. Immerhin haben wir - auch zusammen mit Yacine und Loulou - ein sehr schönes Leben, und das möchte ich nicht aufgeben oder aufs Spiel setzen."
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Dr. Sophie Marchand und Yacine Vincent
RomanceDie Ärztin Sophie Marchand trifft eines Tages auf den jungen Yacine, der ihr irgendwie bekannt vorkommt. Was sie jedoch nicht ahnt: Yacines bewegte Vergangenheit wird auch ihr Leben in der nächsten Zeit gewaltig auf den Kopf stellen.