Sophie:
Nachdem wir drei Gruppenspiele, einen Kreuzvergleich und den Halbfinal gewonnen haben, stehen wir im Final. Jetzt bin ich doch etwas aufgeregt, doch Yacine spielt so besonnen und präzise, dass sich meine Nervosität bald wieder legt. Das Spiel ist recht knapp, und es fällt mir auf, dass mich Yacine nicht mehr so oft kompensiert wie vorher. Und natürlich muss ich die meisten Sideouts selber machen. Da wir inzwischen gut eingespielt sind und ich aus allen Situationen auschliesslich perfekte Zuspiele bekomme, kann ich mein ganzes Repertoir an verschiedenen Schlägen voll ausschöpfen: Kurze und lange Shots, Cuts, Rainbows über die Diagonalspielerin sowie zwischendurch auch mal einen (relativ) harten Smash hinten in die Mitte. Unsere Finalgegner sind jedoch auch ein erfahrenes Team, das wenig Eigenfehler macht, und ich muss mein ganzes Können auspacken.
Am Schluss gewinnen wir aber auch den zweiten Satz mit 21:19, und Yacine freut sich wie ein kleines Kind, als ich den Matchball mit einem hohen Rainbow in der hinteren Ecke versenke. Er hebt mich hoch und schwingt mich zweimal um die Achse, bevor er mich wieder abstellt und meint: "Wow, ich bin ja so stolz auf dich." Ich muss lachen, denn immerhin haben wir nicht wegen mir, sondern definitiv wegen ihm gewonnen. Es gibt eine kleine Siegerehrung, und wir gewinnen einen Gutschein in einem Restaurant in diesem Ort. Inzwischen hat einer des Organisationsteams Yacine erkannt, und es hat sich schnell herumgesprochen, wer sich da unter der dicken Mütze verbirgt, so dass Yacine noch eine Runde Autogrammkarten schreiben darf.Die Organisatoren haben zwei beheizte Sprudelbäder im Schnee eingerichtet (jetzt weiss ich auch, warum wir Badekleider mitnehmen mussten), und Yacine und ich gönnen uns noch einen Schwatz im wohlig heissen Wasser.
Er meint: "Wow, das hat vielleicht Spass gemacht. Ich habe es ernst gemeint, du hast wirklich super gespielt", und gibt mir einen kurzen Kuss auf den Mund. Diese kurze Berührung macht mich jedoch schon ganz konfus, und ich merke erst nach einiger Zeit, dass mich Yacine fragend anschaut. "Ach, was, mit dir zusammen hätte sogar eine schwangere Elefantenente das Turnier gewonnen." Er lacht ob diesem Ausdruck und meint: "Nein, ich meine es ernst, du musstest fast alle Sideouts selber machen, und hast eine Bombenstatistik aufs Parkett gelegt." "Na ja", meine ich "unter Berücksichtigung meiner Grösse und altersbereinigt lässt es sich wohl ganz gut sehen." "Ganz gut sehen", äfft er mich nach, "also, ich würde sagen, altersberereinigt bist du absolute Weltklasse." Ich zwinkere ihm zu: "Na, dann haben wir ja etwas gemeinsam." Er legt den Kopf in den Nacken und lacht ausgelassen. Ich könnte ihn grad einfach nur knuddeln.
Wir beschliessen, unseren Essensgutschein gleich heute abend schon einzulösen und machen uns auf in das kleine, gemütliche Restaurant im Ort.
Yacine:
Es ist Sonntagmittag, und viel zu schnell ist der Moment gekommen, in dem Sophie ihre Taschen packen und an die Rückreise denken muss.
Ich setze mich ans Steuer meines Wagens, und wir fahren schweigend die ungefähr dreissig Kilometer bis zum Bahnhof, wo Sophie in den Zug zurück steigen wird. Wir sind rechtzeitig losgefahren und haben noch fast eine halbe Stunde Zeit, bevor ihr Zug einfährt.
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Dr. Sophie Marchand und Yacine Vincent
RomanceDie Ärztin Sophie Marchand trifft eines Tages auf den jungen Yacine, der ihr irgendwie bekannt vorkommt. Was sie jedoch nicht ahnt: Yacines bewegte Vergangenheit wird auch ihr Leben in der nächsten Zeit gewaltig auf den Kopf stellen.