Teil 50

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Sophie:

Andrea meint: "Lass mir einfach kurz etwas Zeit, es geht bald wieder, dann nehmen wir die letzte Abfahrt für heute." Ich schüttle leicht den Kopf und sage ihm: "Andrea, du wirst gar nicht mehr auf die Skier stehen heute." Er widerspricht stöhnend: "Sophie, du weisst selber, dass es hier keine Bahn hinunter gibt, ich komm nur auf den Skiern runter."

"Tut mir leid, Andrea, du musst gründlich durchgecheckt werden. Dein Kopf muss sorgfältig untersucht und geröngt werden, dein Arm könnte gebrochen sein, und dein Steissbein muss ebenfalls angeschaut werden."

Doch Andrea bleibt hartnäckig: "Hey, alles nicht so schlimm, ich muss sicher nicht zum Arzt oder - noch schlimmer - ins Spital."

Yacine versucht ihn zu überzeugen: "Andrea, sei doch vernünftig, lass dich kurz durchchecken, und wenn alles halb so schlimm ist, bist du auch ganz schnell wieder daheim."

Andrea schaut hilfesuchend zu mir, und ich nehme seine Hand und beruhige ihn: "Ich weiss, Andrea, du hast Angst, aber das brauchst du nicht, ich werde die ganze Zeit bei dir bleiben und auf dich aufpassen."

Andrea versucht uns weiter zu überzeugen, doch Yacine hat inzwischen den Rettungsdienst anvisiert, der auch schon nach zehn Minuten bei uns eintrifft. Die beiden Männer diskutieren nicht lange und verfrachten Andrea sorgfältig, aber zügig in den Rettungsschlitten. Ich trete zu den den beiden Männern und informiere sie: "Bitte rufen Sie keinen Rettungswagen, ich bin Ärztin und bringe den Patienten selber ins Spital." Der eine will meinen Ausweis sehen und meint dann: "Das ist aber nicht das gewohnte Vorgehen". Ich erkläre ihm kurz: "Ich weiss, aber mein Freund hat eine ausgeprägte Angst vor Krankenhäusern und bekäme in einem Krankenwagen wahrscheinlich Angstzustände." Etwas zögernd lenkt er ein: "Also gut, aber ich brauche noch eine Unterschrift von Ihnen."

Yacine holt Andreas Skier und fragt mich: "Echt jetzt, Andrea hat Angst vor Ärzten?" Ich nicke nur stumm, und wir machen uns auf den Weg ins Tal.

Bei der Talstation legen wir in Yacines Tesla die Sitze um und betten Andrea in den hinteren Teil des Wagens. Ich setze mich zu ihm. Im Rettungswagen hätte er bereits eine Infusion mit Schmerzmitteln bekommen, nun muss er halt durchhalten, bis wir im Krankenhaus sind.

Dort werden wir im Notfall empfangen und gleich in ein Behandlungszimmer geführt.

Andrea erklärt der behandelnden Ärztin kurz, was geschehen ist, und diese meint: "Gut, wir legen Ihnen zuerst einen Zugang und untersuchen Sie anschliessend."

Ich gebe der Ärztin ein Zeichen, dass ich sie gern unter vier Augen sprechen möchte. Ich erkläre ihr Andreas panische Angst vor Nadeln, und sie meint: "Versprechen kann ich nichts. Auf den Zugang können wir vorerst verzichten, aber der Arm müsste eigentlich genäht werden, und eine Tetanus wird er mit Sicherheit auch brauchen." Ich stimme ihr zu und schlage vor: "Ich werde ihm die Injektion später selber verabreichen, sei es hier oder dann allenfalls bei uns zu Hause." "Wie Sie wollen, Sie kennen ihn besser als ich", lenkt sie ein.

Die Ärztin schaut sich Andreas Kopf an und reinigt und verbindet seinen Unterarm und schickt ihn anschliessend ins Röntgen. Yacine und ich warten solange im Notfall. Nach einer halben Stunde wird er wieder zurückgebracht, und die Ärztin erscheint mit den Röntgenbildern.

"So, Herr Greco, hier sind auch schon Ihre Bilder. Das Wichtigste vorab, das Bild Ihres Schädels sieht soweit gut aus, Sie haben zwar eine leichte Gehirnerschütterung und eine Beule am Hinterkopf, aber beides wird von selber wieder ausheilen, wenn Sie sich die nächsten Tage Ruhe gönnen."

Ich bin extrem erleichtert über die gute Nachricht, und Yacine drückt Andrea lächelnd die Hand: "Nochmals Glück gehabt, alter Knabe."

Die Ärztin fährt fort: "Ihr Arm ist ebenfalls nicht gebrochen, allerdings müsste die Wunde genäht werden, und um eine Tetanus-Spritze werden Sie ebenfalls nicht herum kommen." Ich sehe schon Panik in Andrea aufsteigen und sage schnell: "Darum werde ich mich später kümmern, keine Angst." Andrea atmet erleichtert aus.

Die Ärztin meint: "So, jetzt möchte ich mich noch um Ihren Po kümmern, ich muss leider Ihr Steissbein vom Rektum aus untersuchen, das ist etwas unangenehm, aber es wird nicht weiter weh tun. Ich frage Andrea, ob wir den Raum verlassen sollen, doch er bittet uns, bei ihm zu bleiben. Ich helfe ihm, seine Hose auszuziehen, und die Ärztin sagt ihm, er solle sich auf die Seite legen und die Beine anziehen. Yacine setzt sich an seine Vorderseite, drückt seine Hand und lächelt ihm aufmunternd zu. Das macht Yacine gerade ganz prima.

Die Ärztin zieht sich Handschuhe an und holt eine Tube Gel, das sie nun grossflächig um Andreas Anus verteilt. Ich stehe hinter ihm, er atmet tief ein, und ich lege ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.

"So, nun einmal bitte schön entspannen, es ist bald vorbei", fordert die Ärztin Andrea auf. Langsam führt sie den Finger in seinen Hintern ein. Er verzieht etwas das Gesicht, bleibt aber ruhig. Sie tastet das Steissbein gründlich ab, und hin und wieder gibt Andrea einen leisen Laut von sich. "Ja, schön durchhalten, es ist gleich geschafft", beruhigt ihn die Ärztin.
Nach einiger Zeit zieht sie den Finger wieder aus Andreas Po raus und meint: "Also, das Steissbein ist ein wenig ausgerenkt. Ich vermute nicht, dass es gebrochen ist, sonst hätten Sie beim Untersuch grössere Schmerzen verspürt. Aber es muss wieder eingerenkt werden. Möchten Sie, dass ich das gleich hier erledige, oder soll das Ihre Bekannte daheim machen?" Andrea schaut mich fragend an, und ich nicke ihm zu. "Wir machen das daheim", sage ich, und Andrea fragt sogleich: "Können wir dann jetzt wieder gehen?" Die Ärztin schmunzelt und meint: "Sie haben es ja tatsächlich eilig, hier wieder weg zu kommen", und Andrea meint: "Je schneller, desto besser."

Ich unterschreibe ein Formular, dass ich die weitere Behandlung selber übernehme und bekomme die Tetanus-Spritze ausgehändigt, bevor wir uns auf den Weg zurück in Yacines Chalet machen.

Dr. Sophie Marchand und Yacine VincentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt