24 | When things change inside you, things change around you.

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Die Stunde verging wie im Flug und die vielen Informationen über Lucien lenkten mich davon ab, dass Lennox' Blick nach wie vor auf mir ruhte. Alaia hatte sich in dieser Stunde nicht auf den Weg zu uns gemacht, was mir erst klar wurde, als die Schulglocke das Ende der Stunde ankündigte. „Das ging jetzt wirklich schnell." Lennox musste mir meine Überraschung über das plötzliche Ende der Stunde angesehen haben und ich war mir sicher, dass es ihn ebenfalls verwunderte, wie schnell die Zeit an uns vorbeigeflogen war.

Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen während ich als Antwort nickte und anfing, meine Sachen zusammenzupacken. Unser Gespräch nach meiner Einwilligung hatte sich nur auf das Nötigste konzentriert. Gemeinsam hatten wir einige Stichpunkte zusammengetragen und schon einen Plan für die Präsentation erstellt, sodass wir die nächsten Stunden nicht mehr allzu viel zu tun haben würden.

„Also dann..." murmelte ich unentschlossen. Mit den Fingern umfasste ich die Träger meiner Tasche und wippte mit dem Fuß auf und ab. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich verabschieden, oder ob ich das überhaupt tun sollte. Würde er mich nach draußen begleiten? Zu Alaias Auto oder würde er bereits vor der Tür einen anderen Weg einschlagen?

Ich wusste nicht, was ich von ihm, geschweige denn von mir erwarten sollte. Mit meiner Einwilligung zu einer zweiten Chance hatte ich irgendwie auch eingewilligt, ihn nicht mehr zu ignorieren.

„Cartia, warte." Zwar hatte ich mich noch nicht zum Gehen gewandt, dennoch bekam er mit diesen Worten meine Aufmerksamkeit wieder zurück. Meine Gedanken verblassten nach und nach und schafften neuen Platz für die Worte, die er parat hielt und auf die ich zugegebenermaßen neugierig war.

„Hast du am Freitagabend schon etwas vor? Ich möchte am späten Nachmittag in die Schwimmhalle gehen und ein wenig für die nächsten Wettkämpfe trainieren. Wenn du möchtest, könntest du mitkommen und...  zusehen. Und wenn es dir recht wäre, könnten wir danach den Abend gemeinsam verbringen?"

Seine Hand wanderte durch seine Haare und verweilte schließlich in seinem Nacken, den er etwas unbeholfen massierte. In seinen Augen lag ein Ausdruck der Unsicherheit und auch seine Stimme zeugte davon, dass er sich nicht sicher war, was ich von dem Vorschlag hielt. Vermutlich befürchtete er, meine verhaltene Begeisterung läge an der Vorstellung, stumm in der Schwimmhalle zu sitzen und ihm dabei zuzusehen, wie er seine Bahnen schwamm.

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich spürte, wie meine Handinnenflächen feucht wurden. Der Gedanke daran, dort zu sitzen und ihm ruhig zuzusehen, bereitete mir keine Sorgen. Eher war es die Nähe zum Wasser, die diese Verabredung bedeuten würden.

Ohne, dass ich etwas dagegen unternehmen konnte, tauchten unruhige Wellen vor meinen Augen auf. Welle, die einem nicht nur das Schwimmen erschwerten, sondern auch alles von einem trugen, seien es Gedanken oder Hilfsmittel, die einen aus der Lage befreiten. Auch die Tatsache, dass er mich eingeladen hatte, wieder etwas mit ihm zu unternehmen, - alleine, verschwand in einer Schublade in meinem Kopf, zu der ich in diesem Moment keinen Schlüssel zur Hand hatte.

Meine Atmung wurde unruhig und ich spürte, wie sich meine Lungen immer wieder krampfhaft zusammenzogen, als hätte ich ihr die Luftzufuhr absichtlich verwehrt.

„Ich.. ich weiß nicht ob ich... zusehen...", fing ich zaghaft an, klang dabei vermutlich wie ein Kind. Wie sollte ich ihm erklären, dass nicht die Nähe zu ihm mich beunruhigte, sondern vielmehr jene zum Wasser? Mir war bewusst, dass ich mich am vergangenen Freitagabend ebenfalls in der Halle aufgehalten hatte. Doch im Unterschied zu diesem Abend würden an dem kommenden keine hundert Schüler eine Barriere zwischen mir und dem Wasser darstellen.

„Du musst nichts sagen, Cartia. Ich kann mir vorstellen, dass du keine Lust hast, mir bei einem langweiligen Training zuzusehen. Keine Sorge. Ich gehe einfach alleine und hole dich dann zuhause ab, okay?" Seine Hand platzierte sich auf meinem Arm und trotz des Stoffes, der diesen bedeckte hatte ich das Gefühl, die Wärme, die von Lennox ausging, spüren zu können. Sie sorgte dafür, dass meine Lungen sich wieder mit Sauerstoff füllten und mein Brustkorb ihnen Platz gab, um sich zu entfalten.

Paralyzed | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt