58 | I'm lost and it kills me inside.

82 10 4
                                    

Hast du mir zugehört, Cartia?" Ryan hatte den Kopf schief gelegt und blickte mich aufmerksam an. Seine Hände umfassten meine noch immer und ich spürte die Wärme, die von ihnen ausging. Aufnehmen konnte ich diese allerdings nicht

„Ja, habe ich." Ich wusste nicht, wen von uns beiden ich belügen wollte, aber ich brachte nicht die Kraft auf, um die Wahrheit zu sagen, und mir damit ein langes Gespräch einzufangen.

Die Wahrheit war nämlich, dass ich keine Ahnung von dem hatte, was er mir erzählt hatte. Nach seiner Information darüber, dass man über die Verhaftung auch in der Zeitung berichtet hatte, hatte ich abgeschaltet. Inzwischen war ich mir sicher, dass die gesamte Stadt von den neusten Ereignissen Bescheid wusste. Fremde, Bekannte, Lehrer und Mitschüler. Mir wurde schlecht.

Ryan seufzte leise auf. Anstatt mich auf meine Lüge anzusprechen, zog er mich an meinen Händen zu sich heran, sorgte dafür, dass ich vom Sofa auf seine Beine rutschte.

Verzweifelt lehnte ich mich an ihn, suchte Zuneigung und Schutz, all das, was ich gestern verloren hatte.

Vorsichtig legte er die Arme um meinen Körper und hielt mich einfach nur fest, während erneute Tränen über meine Wangen rollten.

„Ich schwöre dir, wenn ich Lennox in die Finger bekomme, wird er für all das büßen, was er deinem Vater und vor allem dir angetan hat. Er wird dafür bezahlen, dass er dich ausgenutzt hat, um sein Gewissen zu beruhigen und dabei zugelassen hat, dass du dich in ihn verliebst", flüsterte Ryan in meine Haare.

Vor wenigen Tagen noch hätte ich Lennox vor den Worten meines Cousins in Schutz genommen. Schließlich hatte dieser zu keinem Zeitpunkt ein Geheimnis daraus gemacht, dass er mit der Wahl meines ersten Freundes nicht einverstanden war. Jetzt sträubte sich jeder Muskel in meinem Körper davor, auch nur ein gutes Wort bei jemandem für Lennox einzulegen. Ich hasste ihn und ich wünschte mir, dass man ihn zur Rechenschaft zog, dafür, dass er die ganze Zeit nicht mit offenen Karten gespielt hatte.

„Ich kann einfach nicht verstehen, wie er diese Lüge die gesamte Zeit über hat leben können. So viele Male haben wir über unsere Familien gesprochen. Und über die Lücke, die meine Mutter in meinem Leben hinterlassen hat", wisperte ich kopfschüttelnd. Langsam richtete ich mich auf, ließ zu, dass Ryan mit den Daumen über meine Wangen strich und sie von Tränen befreite.

„Während ich mich bei ihm ausgeweint habe, hat er gewusst, dass sein Vater für meinen Verlust verantwortlich ist. Lennox hat mich im Arm gehalten, mich getröstet und sich nicht getraut, mir zu beichten, dass der Grund, wegen dem ich jahrelang noch traurig sein würde, sich in meinem direkten Umfeld aufhält. Er hat darauf gewartet, dass ich Hilfe brauche und sich dann unter falschem Vorwand in mein Leben geschlichen, nur um seine Schuldgefühle zu bändigen." Ein Schauer kroch über meinen Körper und ich erinnerte mich an den Abend, an dem er Keane geschlagen hatte. Lennox hatte mich in Schutz genommen, unter einem versteckten Vorwand. Vermutlich kam es ihm nur zu gelegen, dass Keane mir gegenüber zeigte, was für ein großes Arschloch er doch war.

Entkräftet ließ ich den Kopf sinken. Beim besten Willen konnte ich mir nicht ausmalen, wie er die ganzen Wochen lang mit diesem Wissen hatte leben können.

Hätte er es mir nie erzählt, wenn es gestern nicht ans Licht gekommen wäre? Hätte er mit mir geschlafen ohne dass ich wusste, was ihn in mein Leben gebracht hatte?

Ich schüttelte mich und verdrückte weitere Tränen als ich daran dachte, dass Lennox mit einem Mörder in einem Haus gelebt hatte. Das Wissen darum war ihm gleichgültig gewesen. Er hatte sogar dabei zugesehen, wie Derek weiterhin seiner Familie und ihm schadete, wo er längst etwas in der Hand gehabt hätte, um ihn hinter Gitter zu bringen.

Paralyzed | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt