17 | Trust the timing of you life.

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Würdest du dich mal ankündigen, wenn du vor hast, vorbeizukommen – so wie jeder normale Mensch, hätte ich dir gesagt, dass ich Besuch habe. Und gerade Kuchen gegessen habe." Ich wandte mich an meinen Cousin, wissend, dass meine Freundin mir in den nächsten Minuten nicht die Antworten geben konnte, die ich wollte.

„Komm schon, ich habe mich gebessert. Wenigstens habe ich nicht meinen Schlüssel benutzt, um ungefragt reinzukommen", entgegnete er grinsend und erinnerte mich damit an den letzten Sonntag. „Und man kann auch ein Eis essen, wenn man einen ganzen Kuchen vorher verdrückt hat. Diese Ausrede zählt also nicht", fügte er tadelnd hinzu.

Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf und sah dann zu Alaia, die gerade dabei war, sich durch die Haare zu fahren.

„War seine Argumentation überzeugend? Sollen wir mit ihm gehen?", fragte ich vorsichtig. Ich liebte es, Zeit mit meinem Cousin zu verbringen und wäre Alaia nicht anwesend, hätte ich schon längst zugestimmt. Aber sie hatte mich vor ihm aufgesucht, und wenn ihre Vorstellung von einem Samstagnachmittag nicht beinhaltete, eine neue Eisdiele aufsuchen zu gehen, würde ich das respektieren.

„Ja", huschte es über ihre Lippen, ehe sie aufsprang und meine Augen parallel mit ihr in die Höhe wanderten. Mit dieser euphorischen Zustimmung hatte ich nicht gerechnet.

„Aber ich muss trotzdem los. Ich habe ganz vergessen, dass ich meinen Bruder noch zum... zum Training fahren muss." Die Worte sprudelten haltlos aus ihrem Mund und verwirrten sie scheinbar noch mehr als mich.

Hektisch blickte sie sich um, bevor sie zu dem Stuhl lief, auf dem sie vor der Ankunft meines Cousins noch gesessen hatte und sich von dort ihre Tasche schnappte.

„Training? Ich wusste gar nicht, dass er einen Sport betreibt", überlegte ich laut.

Sie erzählte immer, dass ihr Bruder zwar unglaublich viel Energie in sich trug, man ihn aber für keinen Sport begeistern konnte, bei dem er diese Energie rauslassen konnte, zum Missfallen seiner Eltern. Von dem einen auf den anderen Tag sollte ich das geändert haben?

„Er bekommt Nachhilfe. Aber er nennt es Training, da er Nachhilfe als ein negatives Wort ansieht. Eines, für das man sich schämen muss, wenn man es in den Mund nimmt", erklärte sie hastig.

Ihre Worte machten mich stutzig und während ihre Tonlage einige Oktaven nach oben kletterte, wuchs die Skepsis in mir unaufhaltsam weiter.

„Wir sehen uns am Montag, richtig?", fragte sie, bemühte sich dabei um ein Lächeln auf ihren Lippen, das so falsch aussah, dass ich am liebsten gelacht hätte.

„Sicher", murmelte ich verwundert. Ich blinzelte mehrere Male, während sie die Hand hob und sich mit einem zaghaften Winken von uns verabschiedete. Schneller als ich gucken konnte hechtete sie auf die Haustür zu, hinter der sie auch kurze Zeit später verschwand.

Mitgenommen schüttelte ich sachte den Kopf, bevor ich mich zu Ryan wandte. Wer, wenn nicht er konnte die Quelle für ihr merkwürdiges Verhalten sein?

„Sag mal, was hast du zu ihr gesagt, als du mit ihr an der Tür warst?"

Hatte er sie vor den Kopf gestoßen? Dinge zu ihr gesagt, die nicht angemessen waren?

Ich furchte die Stirn und schüttelte über meine eigenen Gedanken den Kopf. Sie kannten sich kaum, hatten sich schon mehrere Jahre nicht mehr gesehen. Die Basis, auf der er Worte finden konnten, die sie verletzten oder verunsicherten, war so gering, dass sie für mich kaum existierte. Abgesehen davon, dass Ryan niemals jemandem gegenüber ausfallend und verletzend wurde.

„Ich habe nichts gesagt, das versichere ich dir. Jedenfalls nichts, was man bereuen könnte", beteuerte er und hob abwehrend die Arme. Auch wenn ich diese Antwort erwartet hatte, enttäuschte sie mich im ersten Moment. Warum war sie sonst so hektisch und unsicher gewesen und hatte es nicht abwarten können, endlich zu verschwinden?

Paralyzed | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt