37- Bahn

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Puma

Ich schloss die Tür zum Kindergarten hinter mir und war auf meinem direkten Weg nach Hause. Heute würde ich noch nicht mal über den Platz schlendern, sondern mich schnell bewegen. Ich hatte ein Ziel. 

Irgendwas musste ich ja über meine Geschwister finden. Irgendwas musste es einfach geben.

Überraschenderweise war ich alleine als ich in unserer Wohnung ankam. Trotzdem setzte ich mich sofort in mein Zimmer an meinen Laptop. 

Ich wollte einfach irgendwas finden. Ich musste irgendwas finden.

Sie waren meines Wissens nach an der selben Uni oder sollten dort zumindest sein. Ich begann meine Suche nach allem möglichen. Ich begann die Bilder zu durchforsten die es bei der Uni gab, aber fand nichts. Ich war auf mehreren Studentenseiten und suchte nach allen möglichen Namenskombinationen auf Facebook und Instagram, sogar auf Pinterest, Tumblr und Wattpad hatte es mich verschlagen, allerdings ohne Erfolg.

Es musste doch was geben.

Ich gab nochmal den Namen der Uni in die Suchleiste ein und schrieb Helen und Caleb dahinter. Wer wusste es schon, vielleicht hatten sie einen Artikel oder sowas geschreiben..?

Ungefähr 830.000 Ergebnisse (0,56 Sekunden)

Es erschienen Bilder von Menschen die ich nicht kannte. Einige Suchergebnisse waren etwas über eine Professorin die wohl Helen hieß. Viele Artikel waren etwas zur Uni selber und zu Veranstaltungen.

Aber eine Sache fiel mir ins Auge.

Eine Wohnugsanzeige.

Wieso war ich nicht auf die Idee gekommen nach Wohnungsanzeigen zu suchen.

Wir suchen eine Wohnung.
Hallo, mein Bruder und ich sind Studenten und auf der Suche nach einer neuen Wohnung. Unsere jetzige Wohnung liegt in einer lauten Gegend in der wir uns nicht wohl fühlen. Am besten wäre eine 2-Zimmer Wohnung, welche in einem ruhigen Viertel liegt.

Ich überflog die weitere Beschreibung und laß nur noch die letzten Zeilen.

Wir würden uns sehr über Angebote freuen.
Liebe Grüße,
Helen und Caleb

Moment.

Ich überflog sie letzten Zeilen noch einmal.
War ich so verzweifelt auf der  Suche nach meinen Geschwistern, dass mein Gehirn ihre Namen dort eingesetzt hatte

Helen und Caleb.

Wie konnte das möglich sein? Ich war seit geschlagenen 2 Stunden am Laptop und versuchte was zu finden und da drückte man zufällig auf eine Wohnungsanzeige und zack.

Das konnte doch gar nicht sein. Ich begann zu Grinsen und meine Mundwinkel wollten gar nicht mehr nach unten. Ich starrte also überglücklich meinen Laptop an, bis ich realisierte, dass dort eine Telefonnummer stand.

Wenn ich sie jetzt anrief, würde ich wissen, ob das meine Geschwister waren.

Ehe meine Gedanken mich abhalten konnten, hatten meine Finger die Nummer eingetippt. Langsam bewegte sich mein Daumen auf die grüne Taste. Mein Puls raste vor Aufregung, als er diese berührte.

Tuut

Tuut 

Mein Herz raste und hämmerte wie wild in meiner Brust. Was wollte ich überhaupt sagen?

Tuut

Verdammt was wollte ich sagen?

Tuu- ,,Hallo?"

Nein. Ich kannte diese Stimme besser, als alles in der Welt. Wie konnte das möglich sein?

,,Hallo-o?"

Ich räusperte mich und versuchte meine Stimme nach unten zu verstellen. Ich setzte irgendeinen Akzent rein und begann alles anders zu betonen. ,,Alo? Isch abe ihre Anzeige gese-hen und abe zufällig ane Wo-hnung die isch an sie vermieten könnte." Was zum Teufel hatte ich gerade geredet. Wenigstens war ich nicht umgefallen, was mich bei meinem Herzschlag nicht gewundert hätte.

,,Oh wie wunderbar. Wie heißen sie denn?"

,,Sie können misch einfach P-Pixi nennen."

,,Und wo liegt die Wohnung kann ich mir die mal anschauen?" Helens Stimme schien weder verwundert oder verschreckt. Anscheinend verkaufte ich mein komisches Gerede ganz gut.

,,Ja natürlisch. Sie ist in der Nä-he der Uni und at zwei Zimmer." 

,,Ah, wie toll. Kann ich sie morgen um 12 Uhr bei der Konditorei am Hauptbahnhof treffen. Ich komm da gerade an."

,,Ja," bestätigte ich ,,morgen um 12 Uhr am auptbahnhof."

,,Tschüss."

Und aufgelegt. Hatte ich.. war das.. 
Hatte ich sie gerade wirklich angerufen und war sie wirklich drangegangen? 
Wie hatte ich bloß geredet?

Was war morgen für ein Tag? Verdammt Samstag. Ich musste im Cafe absagen. Am Besten direkt auch Sonntag. 

Ich überprüfte die Bahnverbindungen und fand tatsächlich ein Bahn die um 9:45 Uhr los fuhr und um 11:55 Uhr am Hauptbahnhof ankam. Das wäre meine Bahn.

Ich schnappte mir einen Rucksack und packte einige kleine Sachen und etwas zu knabbern ein. Anschließend griff ich nach meinem Handy um Ramona Bescheid zu sagen. Ich aß noch zu Abend mit Kiki, Lou und Anita, sagte aber nichts über meinen Plan am nächsten Tag wegzufahren. 

Trotz meiner Aufregung und Nervosität schlief ich relativ schnell ein. Allerdings hatte ich einen unruhigen Schlaf. Ich träumte davon wie ich in einer fremden Wohnung mit blauen Wänden saß und einen Hund winseln hörte.

Mein Wecker unterbrach, jedoch in dem Moment indem ich mich zu dem Winseln drehen wollte und so wusste ich nicht wer winselte. Ich hatte nicht mal richtig Zeit über den Traum nachzudenken, da ich mir schnell einen Tee zum mitnehmen machte und ein Brötchen schmierte, ehe ich still die Tür hinter mir schloss und durch die kalte Morgenluft zum Bahnhof stapfte.

9:44
Meine Bahn fuhr ein, während ich nach vorne lief, um nicht hinten einsteigen zu müssen. Wenigstens war sie pünktlich dachte ich, als ich den Zug zögerlich betrat.

10:00 
Ich war unerwartet gelassen und hatte mich bis jetzt noch nicht von chaotischen Gedanken beeinflussen lassen. Trotzdem spürte ich, wie mein Respekt für die Kommende Situation anwuchs. Meinen Tee hatte ich leer getrunken.

11:54
Ich konnte mich absolut nicht mehr konzentrieren. Ich hatte fast schon Angst vor der bevorstehenden Konfrontation, aber jetzt konnte ich sie nicht mehr vermeiden. Wieso passierte alles was in meinem Leben passierte so plötzlich und so überraschend?

Die Bahn hielt an und die Durchsage erzählte was von Endstation. Ich konnte mich fast nicht rühren. Nur mit großer Überwindung schnappte ich meinen Rucksack und konnte aus dem Zug treten. 

Die Menschenmassen strömten alle im Stress an mir vorbei. Alle sahen unterschiedlich aus und viele verschiedene Gerüche trafen mich, während ich das Gleis verließ und nach einer Konditorei Ausschau hielt. Man roch Müll, aber auch ein Hauch von Gebäck und Bratwurst lag in der Luft. 

Vor der Konditorei standen hohe Tische an denen einige Menschen standen. Davor drängelten sich andere Menschen vorbei in Richtung des Ausgangs. Ich drehte mich einmal um mich, aber konnte keinen anderen möglichen Laden erkennen der gemeint war.

Plötzlich, wie als hätte ich es gespürt, überzog mich eine Gänsehaut.

Eine wunderschön gekleidete Frau stellte sich mit einem Kaffebecher an den Tisch und stütze sich auf diesem ab. Ihre Haaren waren brünette und ihre Gesichtszüge ähnelten meinen.

Verdammt hatte ich meine kleine Schwester lange nicht mehr gesehen.

Puma- His MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt