38- Punkt zwölf

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Puma

Jeder Muskel meines Körpers war wie versteinert und ich rührte mich nicht. Mein Puls war so schnell, dass ich ihn nicht einmal spüren konnte oder so langsam das es besorgniserregend für mich sein sollte, doch lag meine Aufmerksamkeit ganz wo anders. 

Sie warf geschickt ihre Haare nach hinten und nahm einen Schluck ihres Kaffes. Eine Uhr Schlug Punkt zwölf und ich wurde nervös.

Wollte ich überhaupt hier sein? Ich war nicht sicher, ob ich es jetzt schaffte mit ihr zu reden oder überhaupt einen Ton über die Lippen zu bekommen, geschweige denn mich zu bewegen.

In einer Sekunde war ich wahnsinnig fasziniert davon, dass ich hier stand und meine Schwester sah, ich strahlte innerlich vor Glück, doch andererseits überrannte mich das Gefühl der Angst.

Was wenn sie mich nicht sehen wollte?
Was wenn mein weglaufen so unverzeilich war?

Oh Gott, wie war es ihnen nur ergangen, als ich weg war?

Meine Hände wurden schwitzig und das Handy in meiner Hand drohte fast runterzufallen, aber meine Finger verkrampften sich darum. Mir wurde auf einmal unheimlich warm und ich wollte meine Jacke ausziehen, aber regte mich trotzdem nicht.

Immer mehr Menschen ströhmten um mich rum und rempelten mich an. Ich hörte, dass bei dem Gleis in meiner Nähe ein Zug einfuhr und an mir rauschten noch mehr Menschen vorbei. Irgendwelche durchsagen erklangen, während ich abwesend zu diesem Tisch starrte. 

Ich nahm es nicht einmal richtig war als eine Bettlerin mich ansprach und dann weiterlief. Erst als meine kleine Schwester ihr Handy an ihr Ohr hielt, wurde mir klar, dass ich wohl zu spät sein musste und sie mich anrief.

Als mein Handy in meiner Hand vibrierte, nahm ich es nur noch Zeitlupe war. Ich schaute drauf und genau in dem Moment begann es laut zu klingeln. Es war 5 nach 12. Mein Blick löste sich vom Bildschirm und schaute direkt in ihre Augen. Sie waren groß, rund und erwiderten meinen Blick voller Überraschung.

Die Zeit war stehen geblieben. Ich hatte aufgehört zu atmen, meine Beine zitterten und fühlten sich an als wäre ich noch nie gelaufen. Das Klingeln hörte auf und sie drehte sich vollständig zu mir. Langsamen Schrittes kam sie auf mich zu, während vollkommend unerwartet eine Träne meine Wange runterlief. 

Ich schaffte es ihr einen Meter entgegen zu laufen bevor sie ihre Arme um mich schlang und wir weinend und schluchzend auf den Boden sanken. Ihr vertrauter Geruch umhüllte mich. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so erleichtert gefühlt.
Sie umarmte mich. Ein erhellendes Gefühl durchflutete meine Adern und meinen ganzen Körper.

Ich drückte sie näher an mich ran. ,,Ich hab dich vermisst." 

,,Ich dich auch, Puma." flüsterte ihre zarte Stimme mir zu.

Es erschien mir wie eine Ewigkeit in welcher wir einfach nur auf dem Bahnhofsboden saßen und einander im Arm hielten. Es war mir egal, was die Menschen um uns herum dachten. Sollten sie doch glauben wir wären komisch und seltsam, weil wir hier saßen. Ich hatte meine Schwester wieder und das war das einzige was gerade zählte.

,,Es tut mir so unendlich Leid." begann ich. ,,Ich hätte niemals gehen dürfen."

Helen löste sich leicht von mir um mich anzuschauen. Die Maskara an ihrem linken Auhe war leicht verschmiert, aber sie sah trotzdem gut aus. ,,Fang gar nicht erst an dich zu entschuldigen."

,,Aber-"

,,Nichts da." ihre Mundwinkel zogen sich nach oben. ,,Ich will mir keine Entschuldigungen anhören. Ich bin viel zu glücklich darüber, dass du wieder da bist." Sie richtete sich auf und zog mich mit auf die Beine. ,,Komm. Wir müssen Caleb zeigen, dass du wieder da bist."

,,Keine Entschuldigung?" fragte ich stotternd immer noch mit Angst in der Stimme.

,,Nein." sie legte ihre kleine Hand an meine Wange. ,,Du bist meine Schwester. Du kannst noch eine Millionen Male wegrennen und ich werde dich trotzdem lieben."

Eine weitere Träne verließ mein Auge und tropfte auf ihre Hand. ,,Ich dich auch."

Ein wunderschönes Lächeln zierte ihre Lippen. ,,Lass uns nach Hause gehen. Caleb wird sich sich unglaublich freuen."

Ich konnte gar nicht erst beschreiben wie sehr ich mich freute. Sie waren meine Familie und ich hatte sie endlich wieder. Endlich. Nach so langer Zeit. Es war unfassbar. Es gab einfach keine Wort dafür mein Glück und meine Gefühle in Worten auszudrücken.

Kurze Zeit später kamen wir bei ihr zu Hause an. Sie blickte mich an bevor wir hinein gingen. ,,Caleb ist immer noch so wie früher, nur wird er sehr schweigsam, wenn wir über unsere Vergangenheit reden, weil er seit kurzen bei einem Psychologen ist."

,,Oh."

,,Aber es tut ihm echt gut." lächelte Helen wieder uns schloss die Tür auf. ,,Bruderherz" rief sie ,,Wir haben Besuch." sie streifte ihre Schuhe ab und ich tat es ihr gleich. Helen war so wie ich sie immer kannte. Meine süße, aufgeweckte, kleine Schwester.

,,Wer ist es denn?" kam die Stimme meines Bruders aus dem großen Raum, den ich als Wohnzimmer zuordnete. 

Seine Stimme klang so vertraut, obwohl ich sie ewig nicht gehört hatte. Wieder spürte ich ein kleinwenig Angst und befürchtete , dass er mir vielleicht nicht verzeihen würde. Aber ehe ich überlegen konnte, schob Helen mich in das Wohnzimmer.

Caleb saß mit dem Rücken zu uns auf einem tief gelegenem Stuhl, während vor ihm ein Stapel an Papieren lag. ,,Helen? Wer ist zu Besuch? Wolltest du mir nicht jedes Mal vorher Bescheid sagen, wenn jemand kommt?"

Sie stand hinter mir und hielt meine Schultern fest. ,,Dreh dich mal um, Caleb."

Er stöhnte genervt, stand auf und hielt plötzlich inne als er sah wer da war. Ich, seine kleine Schwester die vor Monaten fast wortlos abgehauen war.

Seine Augen starrten mich ungläubig an und seine Augenbrauen zogen sich leicht nach oben. Kurz bewegte sich sein Mund, als würde er war sagen wollen, aber es kam kein Ton heraus. Er rührte sich kein Stück.

Ich freute mich darüber meinen Bruder wieder zu sehen, aber gleichzeitig jagte eine Gänsehaut meinen Rücken herunter. Er reagierte anders als Helen reagiert hatte. Nur wusste ich gerade nicht, ob das gut oder schlecht war.

Es lag eine Spannung im Raum. Keine negative, sondern Schock.

Auf einmal bewegte Caleb sich, allerdings nicht in meine Richtung sondern zum Sofa. Er ließ sich darauf fallen und schlug die Hände vor dein Gesicht. ,,Helen bitte sag mir, dass ich mir das nicht einbilde."

Meine Schwester schob mich leicht an, bis ich selber zu ihm lief, mich vor ihn hockte und meine Arme um ihn schlang. ,,Ich bin wirklich hier."







Puma- His MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt