Der April kam und das Leben in Hogwarts wurde nicht einfacher. Die ZAGs rückten langsam näher und die Lehrer wurden nicht müde, das immer und immer zu wiederholen. Und auch ohne ZAGs wäre ich im Stoff versunken, denn ich hatte ja vier Jahre Hogwartsunterricht nachzuarbeiten, auch wenn ich damit in den meisten Fächern durch war – in Astronomie fehlte mir noch etwas, da es so schwierig war, einen guten Zeitpunkt für praktisches Üben zu finden, ohne am nächsten Tag wie ein Pandabär auszusehen. Nebst der ganzen Lernerei kam noch Umbridge dazu. Seit dem Rauswurf von Trelawney, der alles andere als nach ihren Wünschen verlaufen war, schien sie es darauf angelegt zu haben, möglichst bald den nächsten Lehrer an die Luft zu setzen. In diesem Falle Hagrid. Umbridge war jetzt in fast allen Stunden Pflege magische Geschöpfe zugegen und verwirrte Hagrid mit seltsamen Fragen und Andeutungen und nervte uns Schüler, weil sie immer wieder schlechte Feedbacks zu Hagrids Unterricht aus uns hervorlocken wollte. Wir Fünftklässler aus Ravenclaws liessen sie abblitzen – auch wenn Hagrids Unterricht nicht sehr lehrreich war, hier ging es darum, Umbridge die Stirn zu bieten. Die Hufflepuffs mussten wir nicht erst zum Mitmachen auffordern, sie hielten Hagrid so oder so gegen die pinkgekleidete Kröte die Treue.
Die einzigen Lichtblicke unter all dem Stress und Ärger waren die Treffen mit der DA und die Abende, an denen ich mich jetzt öfter hinausstahl und die Lichtung am See aufsuchte. Während wir in der DA weiter beharrlich Verteidigungs- und Angriffszauber übten für das, was uns da draussen in der Welt erwarten würde, stürzte ich mich ins Training meiner Kräfte. Das Wasser zu beherrschen war schon länger eine meiner leichtesten Übungen, doch nun arbeitete ich mit grösseren Wassermengen. Wenn es ganz dunkel war und man den See vom Schloss aus nur noch als einen grossen, dunklen Umriss erkennen konnte, übte ich grosse Wellen heraufzubeschwören und grosse Wassermassen zu teilen, ansonsten befasste ich mich mit Eis und Schnee und mit Feuer. Eis brauchte völlige Klarheit und einen unerbittlichen Willen, Schnee hatte etwas wehmütiges und trauriges und mit diesen beiden Gefühlen liess er sich am besten beschwören. Feuer war blanker Zorn, lodernde Wut, und genauso unbeherrscht und wild, doch ich versuchte es zu zähmen, damit ich es auch beschwören konnte, wenn ich nicht ausser mir vor Wut war. Es gelang mir zwar, es zu beschwören, wenn ich meine Wut kontrollieren konnte, doch ohne Wut wollte auch kein Feuer entstehen. Eis und Schnee waren da wesentlich einfacher und es dauerte nicht lange, bis ich sie auch losgelöst von den mit ihnen verknüpften Emotionen einsetzen konnte. Was mir allerdings weiterhin ein Rätsel blieb, war, wie ich es an Weihnachten im St. Mungos geschafft hatte, Alice Longbottom zu heilen. Augusta Longbottom hatte mich ein geladen, sie, Neville und Alice, die jetzt wieder zuhause lebte, über Ostern zu besuchen. Ich hatte angenommen.
In der vorletzen Woche vor Ostern begannen wir in der DA den Patronus zu üben und ich stiess auf eine unerwartete Herausforderung. Harry schärfte uns allen ein, dass wir für den Zauber eine glückliche Erinnerung brauchten. Eine starke, glückliche Erinnerung. Mit Mór, Padma, Mandy und Lisa sprach ich darüber, was für glückliche Erinnerungen wir hatten, um eine zu finden, die wir nutzen konnten. Es stellte sich heraus, dass ich entsetzlich wenige glückliche Erinnerungen vorzuweisen hatte.
«Natürlich liegt das vor allem daran, dass du deine Erinnerungen an alles vor letztem Juni verloren hast», versuchte Mór mich zu beruhigen, doch es half nichts und ich wälzte mich Nächtelang im Bett herum, weil ich darüber schier verzweifelte.
Schliesslich wurde Severus auf die Ringe unter meinen Augen aufmerksam und erbarmte sich schliesslich und zeigte mir ein paar Erinnerungen an unsere Kindheit, die mir vielleicht nützen konnten. Erinnerungen an ungezählte Sommer in Adria's Edge und an das eine oder andere Weihnachten, dass wir mit unserer Familie verbracht hatten. Danach war ich im Stande, wenigstens einen silbernen Nebel heraufzubeschwören und einmal auch einen formlosen Schemen.
Auch in der letzten DA-Stunde vor Ostern übten wir wieder am Patronus und ich war ziemlich niedergeschlagen, weil das ganze Klassenzimmer von hellen, silbernen Patroni nur so strahlte und mein bisschen Nebel daneben noch kläglicher aussah, als es schon war.
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Lucy Adria - Die Kräfte des Wassers (HP FF)
FanfictionAls Lucy Adria in Hogwarts auftaucht, kann sie sich an absolut nichts erinnern ausser an das, was nur wenige Augenblicke zuvor geschehen ist. Zudem herrscht überall helle Aufregung, was nicht gerade dabei hilft, das Chaos, das sich ihr Leben nennt...