Ich fühlte kühle Finger über mein Haar und mein Gesicht streichen. Flatternd öffnete ich die Augen und wusste einen Moment lang nicht, wo ich war. Ich war nicht in Hogwarts, so viel war sicher. Ich lag in einem kleinen Zimmer, dass mit einer hässlichen, olivfarbenen Tapete ausgekleidet war.
Langsam kamen die Erinnerungen zurück. Ich war mit Remus zum Wachdienst eingeteilt gewesen. Ich hatte eine Erinnerung gehabt. Nachdem unsere Schicht um war, hatte Remus mich zu Sirius bringen wollen, um ihm von meiner Erinnerung zu erzählen und dann... Dann war ich zusammengeklappt. Ich hatte eine weitere Erinnerung gehabt – sogar mehr als nur eine.
Wieder spürte ich wie kühle Finger über meine Wangen und meine Stirn strichen. „Schsch Lu, es ist alles gut", flüsterte jemand, „Du brauchst keine Angst zu haben." Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich zu zittern begonnen hatte und auch das meine Laken wieder einmal vollkommen durchnässt waren, realisierte ich erst, als ein Trocknungszauber gesprochen wurde.
„Lucy. Bitte versuche dich zu beruhigen." Schwarze Augen fingen meinen panisch durchs Zimmer irrenden Blick ein und hielten ihn fest. Langsam liess das Zittern nach und die Spannung wich aus meinem Körper. Severus war da; mein ‚Bruder' war für mich da. Sofort fühlte ich mich sicherer.
„Ist ja schon gut", meinte Severus beruhigend und zog mich in seine Arme. So aneinander gekuschelt sassen wir eine ganze Weile schweigend auf meinem Bett.
Ich war schon fast eingeschlafen, als die Tür plötzlich geöffnet wurde. Molly Weasley trat ins Zimmer. Hinter ihr auf dem Gang konnte ich Remus besorgtes Gesicht erkennen. Severus rutschte von mir weg.
„Merlin sei Dank, du bist wach", seufzte Molly und kam sogleich auf mich zu und befühlte meine Stirn, wobei sie Severus geflissentlich übersah. „Du warst drei Tage ohne Bewusstsein. Du hast uns allen einen ganz schönen Schrecken eingejagt, Lucy."
Fragend drehte ich mich zu Severus: „Drei Tage?" Meine Stimme hörte sich rau an wie die eines Kettenrauchers und meine Kehle brannte vor Durst.
Severus bestätigte Mollys Aussage mit einem Nicken, was diese leicht verstimmt zur Kenntnis nahm.
„Was ist geschehen?", fragte jetzt Remus von draussen.
„Es waren Erinnerungen", erklärte ich, wobei ich immer noch Severus ansah. Dann schilderte ich, was ich gesehen hatte.
Nachdem ich geendet hatte, überzeugte sich Molly nochmals, ob es mir wirklich gut ging, dann bestand sie, genauso resolut wie es sonst nur Madam Pomfreys Art war, darauf, dass ich zum Abendessen nach unten in die Küche kam. Severus und Remus legten sich je einen meiner Arme um die Schultern und halfen mir die Treppe hinab, nach dem ich gleich nach meinem ersten Schritt gestrauchelt und beinahe die Treppe hinabgestürzt war, hätte Remus nicht beherzt eingegriffen und mich zurück gezogen. Da mein Zimmer im vierten Stock lag, dauerte es eine ganze Weile, bis unsere etwas seltsame Prozession in der Küche ankam. Ron, Ginny und Hermine, die ebenfalls auf dem Weg zum Abendessen waren, folgten uns die Treppen hinab und sogar die Weasley-Zwillinge, die sonst immer zu apparieren pflegten, schlossen sich uns an. Alle fünf warfen uns auf dem Weg nach unten immer wieder seltsame Blicke zu.
In der Küche wurde ich auf einen Stuhl gesetzt und Severus setzte sich neben mich. Alle anderen hielten Abstand, nur Remus setzte sich zu uns. Als Sirius die Küche betrat, stolzierte er an uns vorbei, als wären wir gar nicht da und setzte sich zu den Weasley-Zwillingen, die am entgegengesetzten Tischende sassen. Severus ignorierte Sirius und die anderen Anwesenden genauso wie diese ihn.
Ich spürte, dass die Stimmung in der Küche angespannter war als sonst, wollte aber nicht wahrhaben, dass das an Severus Anwesenheit lag. Ausgerechnet Severus, bei dem ich mich so wohl fühlte, seit ich wusste, dass wir zusammen aufgewachsen waren.
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Lucy Adria - Die Kräfte des Wassers (HP FF)
Hayran KurguAls Lucy Adria in Hogwarts auftaucht, kann sie sich an absolut nichts erinnern ausser an das, was nur wenige Augenblicke zuvor geschehen ist. Zudem herrscht überall helle Aufregung, was nicht gerade dabei hilft, das Chaos, das sich ihr Leben nennt...