21. Kapitel - Tête-à-Tête

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Remus hielt meine Hand in seiner. Von dort wo seine Finger meine Haut berührten, ging ein Kribbeln aus. Es fühlte sich so an, wie wenn ich Magie beschwor. Aber es war keine Magie, jedenfalls war es nicht meine Magie.

„Lucy? Hörst du mir überhaupt zu?", fragte Remus leicht gekränkt.

Meine Wangen färbten sich rot. „Tut mir Leid", murmelte ich, sah ihn aber wieder direkt an und wurde noch etwas röter. „Was hast du gerade gesagt?"

Remus seufzte, warf mir noch einen bösen Blick zu, dann wurde seine Miene wieder weicher. „Ich hab gesagt, dass ich echt froh bin, dass du jetzt Bescheid weisst. Auch wenn ... na ja, du hättest es auf jeden Fall auf eine bessere Art und Weise erfahren können. Nicht so gefährlich." Nun war es Remus der wegschaute. Er betrachtete die zwei Butterbier vor uns auf dem Tisch, die Einrichtung des Drei Besens, die anderen Gäste, Madam Rosmerta, ... nur mich sah er nicht an. Ich wusste, dass er sich Vorwürfe machte.

Ich erinnerte mich an die Szene ein paar Tage zuvor. Wieder einmal hatte ich mich nachts raus geschlichen und war zu der kleinen Lichtung am See gegangen. In letzter Zeit tat ich das öfters – immer wenn ich mir Sorgen machte und nicht schlafen konnte – wegen Kathrin, meinen Eltern, Josh, Onkel Lars, ... wegen allen da draussen, die jederzeit von den Todessern umgebracht werden konnten. Ich sass am See und betrachtete die Spiegelung des Vollmonds in den leichten Wellen. So schön, so ruhig, so friedlich. Diese Ruhe war Balsam für meine Seele, sie beruhigte mich jedes Mal. Es war eine Ruhe, die ich sonst nur aus dem Winter kannte, wenn man draussen stand, irgendwo in der Abgeschiedenheit der Natur und der Schnee so dicht fiel, dass er alle Geräusche verschluckte. Einzig mein Schluchzen durchbrach die Stille, doch nach einer Weile verschwand auch das. Eine tiefe Ruhe legte sich über alles. Ich zog meinen Winterumhang enger um mich. Es war nicht sonderlich kalt, wir hatten erst Anfang Oktober, aber ich war auch schon draussen eingeschlafen und dann frierend erwacht. Mit dem Winterumhang war ich für alle Eventualitäten gerüstet.

Ich musste eingenickt sein, denn ein Geräusch riss mich aus dem Schlaf. Ein Rascheln, das Knacken eines Astes. Ich drehte mich zum Wald, um zu sehen was da war. Vielleicht ein Reh? Der Schreck fuhr mir in die Glieder. Es war kein Reh. Ich war aber auch eine Idiotin – bei Vollmond nachts raus zu gehen. Echt blöde Idee, Lucy. Wirklich blöd. Und du nennst dich eine Ravenclaw?, schalt ich mich.

Vorsichtig ging ich einen Schritt rückwärts, weg von dem Werwolf. Dann noch einen. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass man nicht vor einem Raubtier davonrennen sollte. Sonst sah es einem als seine Beute an und jagte einen. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob das auch für Werwölfe galt.

Der Werwolf knurrte und kam näher, ich wich weiter zurück. Das Ufer endete und ich trat ins Wasser. Meine Schuhe und Socken sogen sich sofort mit Wasser voll. Ein weiterer Schritt zurück und ich rutschte auf einem glitschigen Stein aus und fiel hin. Ein Schrei entwich mir, als ich den Halt verlor, gefolgt von einem Keuchen, als ich unsanft am Boden aufkam. Voller Angst sah ich zu dem Werwolf und schrie erneut, denn er war mit einem Satz bei mir; seine Zähne näherten sich meinem Fleisch.
„Nein!", keuchte ich auf. Ich holte mit den Händen aus und führte eine Bewegung aus, wie wenn ich etwas werfen wollte. Das Wasser des Sees erhob sich um mich herum und traf den Werwolf, hüllte ihn ein, zog ihn von mir weg, fort in den See, wo er um sich schlagend und laut heulend in den Wogen des Wassers versank.

„Lucy!", hörte ich jemanden hinter mir rufen. Sirius kam auf mich zu gerannt; dicht hinter ihm Peter und James.

„Du musst ihn da rausholen, Lucy!", rief Sirius entsetzt.

„Wen muss ich wo herausholen?", fragte ich verwirrt.

„Remus!", sagte James eindringlich, „Hol in raus!"

Lucy Adria - Die Kräfte des Wassers (HP FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt