Stadiontour

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"Ich weiß, dass es für Marco gerade echt nicht einfach ist aber das du da mitleiden muss finde ich nicht gut." Ich strich Liam über seinen Kopf und lächelte ihn müde an. Die letzte Nacht war einfach die Hölle. Musste mich immer wieder von einer zur anderen Seite drehen um endlich Ruhe zu finden und wenn ich endlich mal eingeschlafen war plagten mich die Albträume die diesmal nicht nur um Gregor handelten sondern auch über Marco. Die Angst, dass seine Emotionen und die Wut über die WM ihn körperlich und seelisch kaputt machen und dadurch vielleicht sogar unsere kleine Familie zerstört. "Es ist alles ok. Mich macht es nur so fertig ihn so zu sehen. Er hat so hart gekämpft und verletzt sich ein Tag vor Abflug. Das nagt ganz schön an den Nerven. Wir müssen ihn seine Zeit lassen. Das wird schon." meine Mutter setzte sich neben Liam auf den Hocker und sah mich immer noch misstrauisch an. "Macht dir nur das eine Thema sorgen oder gibt es da noch etwas über das du vielleicht reden möchtest?" Meine Mutter merkte sofort wenn ich sie anlog doch ich konnte ihr doch nicht sagen was mich noch alles so plagte. Dies ist eine Sache zwischen mir und Marco die wir unbedingt und schnellstmöglich klären mussten. Wenn ich meiner Mutter davon erzählen würde, könnte ich mir einen Vortrag von Alkoholkonsum anhören und sie würde höchstwahrscheinlich Marco hassen. Ich bin so froh das die unzähligen Diskusionen von Fußballspielern in der Familie endlich vorbei sind und sie Marco als mein Mann und Vater von Liam anerkennen. Sie haben keine andere Möglichkeit. "Nein. Zur Zeit nimmt uns nur seine Verletzung so ein. Bin auch froh. Mehr wäre zu stressig." Ich stand auf, nahm Liams Hand und ging mit ihm in den Flur. "Du bist schon da?" ich sah zu meinem Vater der gerade aus seinem Arbeitszimmer kam. "Ja, wir gehen aber schon wieder." Mein Vater kam zu uns, gab mir einen Kuss und ging in die Hocke um Liam in einen Umarmung zu ziehen. "Hab gehört das Thomas im Urlaub ist mit der Familie." ich stöhnte leicht und ging zur Garderobe. "Ja hab auch nichts dagegen aber jedes Mal wenn er Urlaub hat kommt ein neuer Spieler zum Verein." Mein Vater lacht laut auf. "Ach du musst ihn abholen?" ich nickte. "Und die Stadiontouren. Mir grault es jetzt schon davor." ich gab ihm Liams Schuhe die er ihn anzog und schlüpfte schnell in meine Jacke. "Wenn du willst kann ich dabei sein bei ein paar Touren" "Das würdest du machen?" wir drehten uns zu meiner Mutter um die uns in den Flur gefolgt ist. "Klar, ich weiß noch ganz genau was vor ein paar Jahren passiert ist und wenn wieder irgendeine Frage kommen sollte die dir unangenehm ist dann beantworte ich sie." ich runzelte die Stirn. "Aber du weißt schon das sie sich nicht auf mich konzentrieren werden." "Sie werden sich auch so nicht so richtig auf dich konzentrieren. Lea, dich kennt nach der Hochzeit auch jeder hier." Und wieder bekam ich ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Jeder kennt mich. Früher hatte ich mir immer gesagt, dass ich sowas nicht erreichen wollte. Und jetzt. "Das passiert halt wenn man mit dem begehrtesten  Mann Dortmunds verheiratet ist." Ich nickte abwesend und nahm Liam auf meinen Arm. "Wir müssen los. Meine erste Tour geht 11:15 Uhr los Treffen wir uns vor dem Konferenzraum?" mein Vater nickte, gab mir und Liam einen letzten Kuss bis ich aus der Tür verschwand.

"So wenn sie keine weiteren Fragen haben war es das von mir. Sie können sich gern mit dem Herrn Klopp neben mir unterhalten. Er ist auch sicher für Fotos und Autogrammen bereit." Die kleine Menschengruppe vor mir klatschte und grinste wie kleine Kinder. Ich sah zu meinem Vater der schon die ersten Fotos schoss. Auf einmal merkte ich eine Berührung an meinem rechten Arm. Ein kleines Mädchen mit einem weiß-pinken Stirnband sah mich an. Sie ging mir nur bis zur Hüfte. "Ja Hallo. Was kann ich für dich tun?" ich ging in die Hocke um ihr direkt in die Augen zu sehen. Erst jetzt merkte ich, dass in ihrem Gesicht keine weiteren Haare zu sehen waren. Keine Augenbrauen oder kleine Härchen die aus dem Stirnband kamen konnte man erkennen. "Ich ... ich wollte mal hallo sagen." sie sah auf ihre kleinen Hände und knetete diese. Ich lächelte und nahm ihre Hand. "Hallo." sie sah mich geschockt an was wieder rum in ein Lächeln über ging.  "Du...du bist doch Lea Reus." ich nickte. "ka...kannst du...dem Marco Reus was von mir sagen?" wieder nickte ich. "Samantha, jetzt nerv die Leute nicht." Ein Mann, vermutlich ihr Vater, kam auf uns zu. "Es tut mir leid. Sie sollte sie nicht belästigen." ich schüttelte den Kopf  "Ist schon ok." Er sah mich verwirrt an und nickte. "Samantha also?" sie nickte "Was kann ich dem Herrn Reus denn von dir ausrichten?" Sie wurde rot und spielte an ihrem Reisverschluss rum. "...da...das ich sein größter Fan bin und ich gehofft habe ihn mal zu treffen." Ich nahm ihre Hand. "Ein großer Fan also. Dann sag mir doch mal wann er Geburtstag hat." "31.05.1989." Kam es wie aus der Kanone geschossen. "Das hat er auch auf seinem Unterarm tätowiert." ich nickte. "Richtig. Und kannst du mir auch sagen wo er vor dem BVB gespielt hatte." Sie legte ihren Finger auf ihr Kinn und sah an mir vorbei. "Ähm...In Gladbach." "Wieder richtig." Sie lächelte über beide Ohren. "Sie hat wirklich alles von ihm, Poster, Bettwäsche und ein eingerahmtes Bild über ihrem Bett." ich sah zu dem Vater hoch und nickte. "Können wir noch ein Foto schießen?" "Klar." Ich legte ihr meinen rechten Arm um und lächelte in die Kamera die Ihr Vater hielt. Sie drückte mich nach dem Foto "Danke." und lief zu meinem Vater. "Vielen Dank das sie sich Zeit genommen haben." ich winkte ab. "Das versuchen wir immer. Ihre Tochter ist echt toll." er sah mich erschrocken an. "Oh, nein das ist meine Schwester." Ich nickte. "Wie alt ist sie?" "4 Jahre" "Und schon so ein Interesse an einem Fußball Spieler." er lachte "Ja das ist wirklich bemerkenswert." "Kommen sie von hier?" er schüttelte mit dem Kopf. "Nein. Wir kommen aus der Nähe München. Ich bin mit ihr Hals über Kopf her gefahren und haben gehofft, dass wir ihr Idol hier in Dortmund treffen würden." "Ja, jetzt ist es auch sehr schwierig ihn überhaupt anzutreffen." er nickte wieder und sah zu mir. "Wie geht es ihm? Es muss ein ganz schöner Schock für Ihre ganze Familie gewesen sein." "Das war es. Aber er kämpft sehr hart für sein Comeback." "Hoffentlich können wir uns das ansehen." "Bestimmt." Als ich zu ihm sah merkte ich wie er seine kleine Schwester traurig ansah. "Wissen sie. Samantha ist schwer Krank und wir wissen nicht wie lange sie noch kämpfen kann. Ei...Eigentlich dürfen wir gar nicht hier sein." meine Augen weiteten sich. "Was hat sie?" "Leukämie." ich legte eine Hand auf meinem Mund. "Oh Gott. Das tut mir leid." er nickte. "Deswegen bin ich hier um ihr noch einmal ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern und der heutige Tag hat sich dafür echt gelohnt nicht nur das sie diese Tour machen. Auch das Herr Klopp hier ist freut sie sehr." Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche. Schnell nahm ich es und erkannte den Mannschaftsarzt auf dem Display. Ich drückte ihn weg. "Wie lange sind sie noch hier?"  "Ich wollte morgen wieder mit ihr Fahren." "Wissen sie wo das Trainingsgelände ist?" er nickte. "Kommen Sie heute gegen 16 Uhr dahin." wieder vibrierte mein Handy. Ich sah wieder zu dem Mann vor mir. "Ich muss da ran. Sagen sie ihr noch nichts. Sie wird sich alle Fälle freuen." er sah mich mit großen Augen und offenen Mund an. "Vielen Dank, Vielen Vielen Dank." ich ging ein paar Schritte von ihm weg und nahm den Anruf entgegen. "Matthias was ist? Ich hab meine Tour." "Es tut mir leid. Aber ich versuch Marco die ganze Zeit zu erreichen." ich runzelte die Stirn. "Sollte er nicht bei dir sein?" "Ja. das ist es ja. Er ist nicht hier. Sein Training hat vor eine Stunde begonnen." ich sah zu meinem Vater der immer noch freundlich Autogramme schrieb. "Ähm...ich schau mal zu Hause nach. Vielleicht find ich ihn." "Ok. Sag bitte Bescheid." "Mach ich. Bis dann." Ich legte auf und stemmte meine Arme in die Seite. Marco würde kein Training verpassen. Nicht nach der Verletzung. Ich versuchte es auch auf seinem Handy aber sofort ging seine Mailbox ran. Ich lief zu meinem Vater "Du ich muss kurz nach Hause. Schaffst du das alleine hier?" er nickte "Alles ok?" ich zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Marco ist nicht bei seinem Krafttraining aufgetaucht. Ich schau mal wo er ist." mein Vater nickte wieder und drehte sich zu den anstehenden Leuten um.

Zu Hause angekommen schloss ich die Tür auf und mir kam bereits ein unangenehmer Duft entgegen. Schnell lief ich ins Wohn- und Schlafzimmer und öffnete die Fenster. Kein Marco weit und breit. Ich ging wieder in den Flur und sah zu den Schuhen. Er muss hier sein. Ich drehte mich um und lief in die Küche. Mein Blick ging nach links zu den Sachen auf den Boden. Ich stöhne laut auf, hob sie auf, drehte mich um und sah genau in die Augen von Marco. "Da bist du!" er ging sich durch die Haare und stand auf. "Morgen." "Was machst du hier? Matthias wartet auf dich beim Training?" er sah kurz auf den Boden und kratzte sich am Hinterkopf. "Ja. ich ... ich hab verschlafen." er sah wieder zu mir und erst jetzt sah ich seine tiefen Augenringe und roten Augen. Er hatte geweint. Ich lief zu ihm. "Alles ok?" er schüttele den Kopf. "Nichts ist mehr ok. Ich mach uns kaputt Lea. Das gestern hätte nicht passieren dürfen." ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Es ist ok." er sah mich ernst an. "Es ist nicht ok." er lehnte sich über den Tisch und nahm die Papierschnipsel die darauf verstreut waren. "Du hast versucht mir ein Zettel zu schreiben so wie du es jeden früh machst. Aber diesmal hast du nicht die richtigen Worte gefunden. Dir geht es auch nah. Also lüg mich nicht an." wir sahen uns eine Weile an. "Wir müssen los. Also zieh deine Trainingsklamotten an. Wir reden heute Abend." ich wollte mich von ihm abwenden doch er hielt mich am Arm fest. "Wir reden jetzt." "Nein. Wir müssen wieder runter kommen. Auf andere Gedanken kommen! Bitte Marco." er sah mich lange an und nickte. Ich legte ihn eine Hand auf die Wange und küsste ihn. "Danke. Ich warte im Flur. Achso. Und nimm dir noch normale Sachen mit. Wir gehen danach Essen." er wollte schon etwas darauf erwidern doch ich kam ihm zufuhr. "Ich erzähl dir alles im Auto." er nickte nur und lächelte knapp.

Frustration, Ehrgeiz, Rückhalt [Marco Reus FF] -Band 2-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt