Part 44

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Langsam öffnete ich meine Augen und erkannte zwei verschwommene Umrisse vor mir. Mein Herzschlag beschleunigte sich und mein Atem immer unruhiger. Eine starke Hand umfasste mein Handgelenk und strich sanft über meine Haut. Erneut schloss ich meine Augen und schluckte hörbar. Ich atmete laut aus und startete einen zweiten Versuch, eine klare Sicht zu bekommen. Dabei verschluckte ich mich und eine andere, kalte und große Hand legte sich auf meine Stirn.

"Streng dich nicht an." flüsterte sie. Die Stimme hinterließ in meinem Körper einen beruhigenden Eindruck und so passierte es, dass mein Puls sich mit der Zeit wieder beruhigte. Das dumpfe Piepen im Raum wurde immer langsamer. Schließlich öffnete ich meine Handfläche, erhob sie und versuchte einer dieser Schatten mit meiner Hand zu umfassen. Meine Hand traf etwas, dass meine Handfläche piekst und sie für einer kurzen Sekunde zurückschreckte, doch dann legte ich meine Hand erneut auf das Gesicht hab und ein leichten Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich dachte zumindest, dass ich Lächeln würde.

"Zayn." versuchte ich zu flüstern, doch dabei hustete ich und machte den Anschein, als würde ich gleich sterben. Zayn nahm meine Hand von seinem Gesicht und drückte sie erneut in die weiche Matratze. Anschließend erkannte ich, wie er sein Gesicht von mir abwandte und in eine andere Richtung schaute, zum anderen Schatten. Ich blinzelte und wunderte mich, warum meine Sicht nicht besser wird. Auch wenn ich die Umrisse besser erkennen konnte, war meine Sicht  extrem verschwommen. Erneut hustete ich.

"Ich seh-e kaum was." stotterte ich unsicher und plötzlich erhellte eine andere Stimme, laut und freundlich, den Raum.

"Miss Edwards, schön Sie wieder bei uns zu haben." sagte dieser amüsiert. Ich drehte meinen Kopf zu der Richtung, aus der die Stimme kam und erkannte einen weiteren Schatten. Ich hatte kein Interesse daran, der Person zu antworten und drehte mich auf die Seite.

"Können Sie sprechen?" Ich bewegte meinen Kopf als Antwort auf und ab.

"Wo bin ich hier? Ich sehe nichts." flüsterte ich schwach und drückte meinen Kopf in meinem Kopfkissen. Ein lauter Seufzer entfuhr mir und drehte schließlich meinen Körper den Schatten zu.

"Perrie, du hattest einen Nervenzusammenbruch und-"

"Sie sind im Krankenhaus und machen Sie sich keine Gedanken über Ihre Sehkraft. Ihre Augen müssen sich an die Helligkeit gewöhnen. Habe noch ein wenig Geduld." unterbrach die freundliche Person die Stimme meiner Mutter.

"Nervenzusammenbruch?"

Auf meiner letzten Frage erhielt ich keine weitere Antwort. Stattdessen wurde ich in einem Rollstuhl aus dem Zimmer gerollt und mit mir wurden ein paar Tests gemacht. Doch dieser Test kam mir vor, als wäre ich in einer "Selbsthilfegruppe für Suizidgefährdete". Die Krankenschwester hatte mir merkwürdige Fragen gestellt, ob ich schon einmal den Gedanken gehabt hatte, Selbstmord zu begehen. Ich fragte mich, was diese absurden und respektlosen Fragen eigentlich sollten. Ich habe keine psychischen Probleme! Ich werde so behandelt, als wäre ich ein Psychopath. Als  ich nach den ganzen Fragen endlich wieder in Frieden gelassen wurde, durfte ich zurück in mein Krankenzimmer und tatsächlich kam mit der Zeit meine Sehkraft wieder.

Als ich die Tür hinein rollte, entdeckte ich meine Mutter, wie sie unruhig auf dem Krankenbett saß und ihr Blick in meine Richtung schoss. Ihre Augen waren rot und ihre Haare durch wüstet. Als sie auf mich zu rannte und in den Arm nahm, schaute ich mich weiter um und erkannte meinen Vater, der auf uns zu ging und lächelte.

Nachdem ich auch meinen Vater umarmt hatte und wieder im Bett lag, schaute ich meine Eltern gespannt an.

"Ich habe schon gedacht, ich hätte dich verloren. Du bist das einzige mit deinem Vater was ich noch habe." schluchzte meine Mutter und wischte sich ihre Tränen mit einem Taschentuch weg. Ich antwortete nichts und starrte die ganze Zeit über auf die Tür. Keine einzige Sekunde dachte ich auch daran, beiseite zu schauen. Ich wollte sehen, wie Zayn in den Raum trat, auf mich zu rannte, umarmte und küsste. Ich wollte ihn bei mir haben, doch je länger ich auf die Tür starrte, desto müder wurde ich und kämpfte damit, meine Augen offen zu halten.

Meine Eltern und ich hatten in diesem Zeitraum nicht vor, miteinander zu kommunizieren, doch dann unterbrach mein Vater die Stille.

"Weswegen schaust du die ganze Zeit auf die Tür?"

Ich wandte meinen Blick nicht ab und antwortete ihm schnell. "Ich warte auf Zayn." Aus dem Augenwinkel erkannte ich, wie meine Eltern sich anschauten und meine Mutter ihre Hand auf meinem Arm legte.

"Zayn ist nicht hier." flüsterte sie und verstärkte ihren Griff. Ich lachte leise auf und schüttelte meinen Kopf.

"Ich habe ihn doch angefasst! Natürlich ist er hier. Er ist für mich zurückgekehrt!" zischte ich und schlug die Hand meiner Mutter beiseite. Als mein Vater ebenfalls etwas von sich geben wollte, schnurrte ich ihn das Wort hab und deutete daraufhin, dass ich nicht mit ihnen sprechen wollte, doch sie hielten sich nicht daran.

"Du hast deinen Vater angefasst." hauchte meine Mutter. Schließlich wandte ich meinen Blick von der Tür ab und starrte in die Augen meiner Mutter. Ich lachte laut auf und schüttelte meinen Kopf.

"Seit wann hat Dad einen-"

Ich beendete meinen Satz nicht, nachdem ich meinen Vater mit einem Stoppelbart gemustert habe. Das kann nicht wahr sein. Zayn war hier! Ich habe es doch gehört

"Das kann doch gar nicht stimmen. Ich bin mir sicher, das  Zayn bei mir war. Ich bilde mir das doch nicht ein, verdammt!" Meine Eltern blieben weiterhin still und schauten mich bemitleidend an.

"Du hattest doch eben noch gar keinen Bart! Der kann doch nicht plötzlich entstehen." rief ich entsetzt und ballte eine Hand zu einer Faust. Zayn war hier, bei mir und weil er mich liebt!

"Perrie, du warst vier Tage bewusstlos und an keinen dieser Tage war Zayn bei dir." kam es etwas lauter von meinem Vater. Ich zuckte kurz zusammen und bemerkte, wie es immer schwieriger wurde, die kommenden Tränen zu unterdrücken. Erneut schüttelte ich meinen Kopf und wollte etwas sagen, doch aus meinem Mund kamen nur verschiedene Einzelteile von Worten. Meine Mutter reagierte schnell und schlang ihre Arme um meinen Körper. Sie versuchte mich zu beruhigen, was ihr allerdings nicht gelang.

AUTISM | ZerrieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt