AUTISM | Zerrie

Part 52

Heute vor genau einem Jahr, am 14.04.2014, habe ich diese Geschichte hochgeladen. 

Ich zog meine Nase hoch und wischte die feuchte Flüssigkeit mit meinem Ärmel von meinem Gesicht. Wenn ich aufzählen müsste, wie oft ich bereits wegen Zayn Malik geweint hatte, würde ich verzweifeln. Ich wusste die genaue Zahl nicht, aber ich wusste, dass es häufig genug war. Ich weiß, dass er mit Gefühlen anders umgeht. Das er womöglich nie dasselbe erwidern wird, wie ich es für ihn tue. Er ist Autist und ich habe versucht ihn zu verändern, vergeblich. Dabei war es nicht meine Absicht, ihn zu verändern, sondern ihn zu zeigen, wie toll das Leben sein kann und man jeden Atemzug genießen sollte. Ich sagte immer zu Freunden: "Das Leben sei zu kurz um zu trauern. Du kannst bereits morgen nicht mehr aufwachen und deine Eltern sagen, wie sehr du sie liebst. Lebe jeden Moment."

Ein leichtes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, als ich an früher dachte. Früher war alles so viel einfacher gewesen. Man hatte keine Sorgen, als was man nach der Schule arbeiten möchte. Es existierte nicht das Wort "Liebe", zumindest konnten wir damals nichts damit anfangen. Liebe ist ein Arsch, das ist mir die letzten Wochen mehr als klar geworden, aber trotzdem ist es das schönste Gefühl auf Erden, geliebt zu werden.

Wenn mich jetzt jemand fragen würde, ob ich es bereue, Zayn Malik kennengelernt zu haben, werde ich mit einem einfachen "Nein" antworten. Egal was passiert war und noch passieren wird, ich werde ihn niemals vergessen. In den letzten Tagen, Wochen und Monate hat er einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen und Leben eingenommen. Bereits öfter habe ich mit den Gedanken gespielt, wie es wohl wäre, wenn er nicht in meine Klasse gekommen war. Wenn wir nicht am ersten Tag aneinandergestoßen waren und wenn wir nicht beauftragt wurden, ein Bild gemeinsam zu zeichnen.

Es wäre alles anders geworden. Und trotz allem, wie merkwürdig das auch klingen mag, mochte ich es, so wie es jetzt ist. Ich bereue die letzten Monate nicht. Nein, absolut nicht. Auch wenn es nicht immer so war, habe ich sie genossen und vor allem meine gemeinsame Zeit mit Zayn. Mit ihm hat mein Leben ein wenig Action bekommen.

Hätte mir jemand vor einem Jahr erzählt, dass ich bald einen Mann so sehr lieben würde, hätte ich ihn den Vogel gezeigt. Ich war keine Person, für Beziehungen. Meine längste Beziehung hielt gerademal vier Monate. Ansonsten war ich immer eine Single Lady. Apropos. Single Ladies von Beyoncé  lief gerade im Radio, was mich ein wenig zum Schmunzeln brachte.

"Wir wäre es wenn wir uns auf den Weg nach Hause etwas vom Chinesen mitnehmen?" holte mich die helle Stimme meiner Mutter aus den Gedanken. Verwirrt schaute ich auf und stellte fest, dass wir noch nicht weitergefahren waren und meine Eltern mich durch dringlich anstarrten. Ich fragte mich wie es meine Mutter schaffte, trotz dem Tod ihrer Mutter, so stark zu bleiben. Ich nickte nur und lächelte meine Eltern zuckersüß an, woraufhin sie anfingen zu lachen und mein Vater den Motor startete.

Ich war meinen Eltern unendlich dankbar, dass sie keine weiteren Fragen stellen, obwohl ich mir denken konnte, dass ich irgendwann im Laufe des Tages zum Verhör mit meiner Mutter eingeladen werde. Aber bis dahin, bleibt mir genug Zeit, mich zu beruhigen. Während mein Vater langsam anfuhr, schloss ich meine Augen und summte leise den Refrain von Beyoncé's Song mit, ehe ich einen dumpfen Aufprall hörte und wir plötzlich stehen blieben.

"Fuck, was läuft er einfach uns vor das Auto!" rief mein Vater. Geschockt öffnete ich meine Augen und bemerkte, wie mein Vater das Warnblinklicht einschaltete und rasch aus dem Auto stieg. Meine Mutter drehte sich schnell zu mir um und in ihrem Gesicht, konnte ich ein wenig Angst erkennen.

"Es wäre besser, wenn du im Auto sitzen bleibst." beauftragte sie mich, bis auch sie aufstand und sich vor das Auto kniete und sie aus meinem Sichtfeld verschwand. Etwas überfordert mit der Situation, kurbelte ich mit einem Hebel die Fensterscheibe hinunter und streckte meinen Kopf hinaus, sodass ich meine Eltern sowie die Person am Boden erkannte. Es war Zayn. Als seine weitgeöffneten Augen auf meine trafen, setzte förmlich mein Herz aus und ich verschwand wieder mit meinem kompletten Körper im Auto. Ich kurbelte die Scheibe wieder hoch und rutschte auf meinem Sitz hin und her. Warum habe ich gerade den Drang dazu, aufzustehen und Zayn zu küssen, umarmen und fragen, ob alles gut sei?