Meine Augen fixierten den Mann, der sich nach unten gebeugt hatte und versuchte die Scherben einzeln aufzuheben. Sein Blick dabei war starr auf den Boden gerichtet und das einzige was man von seinem Körper erkennen konnte, war seine schmalen und knochigen Finger, sowie seinen Dreitagebart.
"Passen Sie auf sonst schneiden-" fing Harry plötzlich an, doch das war bereits zu spät und ein paar Bluttropfen fielen zu Boden. Für einen kurzen Moment herrschte Stille im Raum, ehe das erneute klirren der Scherben zu hören war.
Der Mann hob erneut die Glasscherben auf und stapelte sie auf einer Scherbenburg. Harry, der bereits verschwunden war, um ein Kehrblech zu holen, beauftragte seine blonde Kollegin, den Mann sofort aufzuhalten, aber vergeblich. Der Mann drängte sie von sich weg und knurrte sie böse an. Sein Kiefer hatte sich anschließend angespannt und seine Knie berührten schließlich den Boden. Einzelne Glassplitter bohrten sich in seine Hose und vor Schreck, legte ich meine Hand vor dem Mund.
Einige Kunden hatten dieselbe Reaktion wie ich, während andere mit ihren Sitznachbarn über irgendetwas tuschelten.
Kurz darauf kam auch schon Harry und beauftragte den Mann, an die Seite zu gehen, aber er hörte nicht auf ihn und drängte Harry ebenfalls weg. Ich schluckte hörbar und biss mir vor Nervosität an meinen Fingernagel, der sowieso schon abgebrochen war und beobachtete das Schauspiel vor mir weiter.
"Sir, treten Sie bitte zur Seite. Sie haben sich bereits verletzt." sagte Harry etwas lauter mit einem Hauch eines strengen Tons. Augenblicklich fing ich an zu grinsen, da mir dieser Ton sehr gut an Harry gefiel.
Nachdem der Mann immer noch nicht auf Harrys Anweisung reagiert, packte Harry sein Arm und zerrte ihn in die Höhe. Der Mann wehrte sich dagegen und schubste Harry von sich, der daraufhin ein paar Schritte nach hinten stolperte.
Sein Blick verhärte sich und langsam ballte er seine Hände zu einer Faust. Mit langsamen Schritten trat er wieder zu dem schwarzgekleideten Mann, der inzwischen wieder die Scherben anfing zu stapeln.
Harrys Hand griff nach dem Kragen des Mannes und zog ihn mit voller Kraft in die Höhe. Sein Kiefer und seine Muskeln waren deutlich angespannt.
"Verlassen Sie sofort das Café!" sagte Harry verärgert. Er zerrte den Mann hinter sich langsam zum Ausgang, bis dieser sich aus dem Griff löste und seine zu einer Faust geballte Hand unter Harrys Augenhöhle landete.
Erneut stolperte Harry und fiel fast zu Boden, doch mit ein wenig Glück konnte er sein Gleichgewicht wiederherstellen.
Kurz darauf wurde das Café mit einem lauten Gemurmel erhellt und niemand fühlte sich verpflichtet, einzugreifen. Wie auch ich es nicht tat.
Harry zog sich verärgert sein Sakko aus und zum ersten Mal konnte man seine Tattoos an seinen Armen erkennen.
Anschließend spannte Harry seine Muskeln an, wodurch sein Bizeps deutlich zum Vorschein kam und einen Schritt auf den Mann zuging, der sich nicht rührte und gespannt in Harrys Richtung schaute.
Das dachte ich zumindest.
"Das ist deine letzte Chance, die ich Ihnen anbiete. Verschwinden Sie sofort!" brummte Harry. Trotz seines leichten aggressiven Tons, hörte er sich trotzdem höflich und zugleich charmant an. Komische Mischung, dachte ich mir.
"F-fass mich nich-t an." stotterte der Mann und meldete sich zum ersten Mal zu Wort. Seine tiefe Stimme hatte einen unruhigen Klang.
Ich schluckte hörbar und schaute wieder zu Harry, der erneut einen Schritt auf den Mann zuging, doch bevor irgendetwas weiteres passieren konnte, stand Harrys Kollegin vor ihm und hielt ihn mit aller Kraft zurück.
"Samantha, lass mich sofort vorbei!" murrte Harry und legte seine Hände auf ihre Oberarme. Sanft wollte er sie an die Seite drücken, doch Samantha wehrte sich kräftig und versuchte es anschließend nicht mehr so sanft.
Als sie Harry nicht mehr im Weg stand, war es diesmal Harry, der mit seiner Hand ausholte und in das Gesicht des Mannes schlug.
"Harry hör sofort auf. Der Chef wird dich sonst feuern." rief Samantha aufgebracht und hielt sich ihre Hand vor dem Mund.
Harry hörte nicht auf sie und holte erneut, diesmal mit seiner linken Hand aus und schlug diesmal in die Magengrube. Der Mann gab ein leichtes Stöhnen von sich und fiel schließlich zu Boden. Währenddessen ich das ganze beobachtete, kamen so viele Erinnerungen in mir hoch.
Es war das erste Mal, als Zayn in meine und Diamonds Wohnung gekommen war, nachdem er mir sagte, dass ich nicht hässlich sei. Ich hatte ihn zu mir genommen und wir wollten zusammen Nudeln kochen, aber Diamond war abgehauen und hinterließ Glasscherben auf den Boden. Ich sagte zu Zayn, dass ich ein Kehrblech holen bin, aber Zayn baute die Scherben zu einem Turm und als dieser umkippte, hatte er sich an seiner Hand verletzt.
Es erinnerte mich so sehr an die heutige Situation, dass es mir schon Angst machte und ich langsam den Verdacht bekam, dass dieser Mann kein anderer als Zayn ist.
Erneut schluckte ich hörbar und erhob mich von meinem Stuhl. Mit schnellen Schritten rannte ich auf Harry zu, der immer noch auf den Mann einschlug und eintrat.
"Du bringst ihn noch um!" schrie ich Harry an und augenblicklich hörte er auf. Geschockt wechselte sich sein Blick zwischen mir, dem Mann, den Kunden und schließlich seiner Kollegin, Samantha, die ihn nur unglaubwürdig und ängstlich musterte. Harrys Hände zitterten vor Wut und langsam schaute er zu Boden und rannte hinter die Bar.
Ich habe gedacht, Harry wäre ein charmanter, lustiger und netter Typ. Und kein Schläger, der jemanden fast zu Tode prügelt.
Ohne zu zögern, ging ich in die Knie und widmete mich dem Mann, der regungslos auf dem Boden lag und nur das unregelmäßige Heben und Senken seines Brustkorbs waren ein Zeichen dafür, dass er noch lebte.
Blut floss aus seiner Nase und ich nutzte die Gelegenheit, die Person besser zu betrachten. Währenddessen schmiss Samantha alle Kunden aus dem Laden und entschuldigte sich bei ihnen.
Ich setzte mich zu Boden und schloss für einen kurzen Moment meine Augen, schluckte hörbar und legte meine Hand auf die Wange des Mannes. Ich wusste ganz genau wer vor mir auf dem Boden lag. Ich wusste es von Anfang an. Vorsichtig fuhr ich durch seine schwarzen Haare und ein leichtes Lächeln bildete sich auf meine Lippen. Doch es verschwand sofort wieder, als er plötzlich seine Augen öffnete und seine braunen Augenpaare, starr in meine starrten.
"Ist er bewusstlos?" fragte Samantha unsicher. Schnell schüttelte ich meinen Kopf und teilte ihr mit, dass er bei Bewusstsein ist und aus der Nase blutet. Kurz darauf kam sie mit einem nassen Geschirrtuch wieder. Ich hob Zayns Kopf langsam an und presste das Tuch sanft auf seinen Nacken. Dann setzte ich mich auf den Boden und lehnte Zayns Rücken gegen meinen Körper.
Mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus, als Zayn unsere Hände miteinander verschränkte und sein Gesicht in meinen Pullover vergrub.
"Perrie, i-ich, es-" weiter kam er nicht, da ich ihn zur Beruhigung auf seine Wange küsste.
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AUTISM | Zerrie
Fanfiction❞Always - Unique - Totally - Interesting - Sometimes - Mysterious❞ Seit dem Besuch eines Kinderpsychologen vor zwanzig Jahren, lebt der 23-Jährige Zayn Malik mit der Erkenntnis, dass er an einer tief greifenden Entwicklungsstörung namens Autismus l...