Part 41

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Meine Eltern tauschten überraschte und verwirrte Blicke aus. Sie flüsterten etwas, was ich leider nicht verstand, während Zayn dort saß und die Decke anschaute. Seinen Kopf hatte er in das Sofa gedrückt und seine Arme hingen schlaff neben ihn. Seine Beine waren weit ausgestreckt und durch seine blasse Haut dachte man, er wäre tot. Ich biss auf meine Unterlippe und fixierte erneut meine Eltern. Mein Vater strich sich über seinen grauen Stoppelbart und ließ Zayn keine Sekunde aus den Augen. Meine Mutter hingegen, lächelte Zayn beruhigend an, auch wenn er es nicht sah.

"Perrie weiß wie-"

"I-ich muss na-ch Hause gehen. Meine Mam-i hat mir gesa-gt, ich darf nicht so lan-ge woanders sein." sagte Zayn plötzlich. Panisch erhob er sich. Sein Gesicht verzog sich krampfhaft und als er bemerkte, dass er kaum etwas anhatte, setzte er sich wieder hin und bedeckte mit seinen Händen seinen Körper.

"Guckt bitte woander-s hin." fauchte Zayn und kniff seine Augen zusammen. Mein Blick schweifte wieder zu meine Eltern. Mein Vater ballte seine Hand zu einer Faust und meine Mutter ging langsam auf Zayn zu.

"Ich bin mir sicher Perrie holt gleich deine Klamotten." sagte sie ruhig. Vorsichtig und mit einem unsicheren Gesichtsausdruck setzte sie sich neben Zayn. Dieser rutschte an die andere Sofakante und ignorierte meine Mutter. Ich wusste, dass dieses Verhalten nicht lustig war, aber ich fand es äußerst süß, sodass ich anfing zu lächeln und mein Herzschlag sich beschleunigte.

"Bradford. I-ch muss nach Bradfor-d." meldete sich Zayn wieder stotternd zu Wort. Sein Kopf drehte sich für einen Moment zu meiner Mutter, bevor er zu Boden schaute. Man konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber aufgrund seiner krummen Haltung bemerkte man, dass er traurig war. Augenblicklich zerbrach mein Herz in unendliche Glasscherben. Bradford ist über zwei Stunden von uns entfernt, stellte ich fest. Ich schluckte schließlich so laut, dass jeder es hören konnte und sechs Augen auf mich lagen.

Ich drehte ihnen schnell den Rücken zu und rannte in das Badezimmer. Dort schnappte ich Zayns Kleidungsstücke, die auf dem Boden verteilt waren und rannte zurück in das Wohnzimmer. Außer Puste setzte ich mich neben Zayn und half Zayn, sein T-Shirt und seine Hose anzuziehen.

Als Dankeschön gab mir Zayn einen überraschenden Kuss auf die Wange und verschränkte seine Hand mit meine. Von seiner Geste überrascht, erhitzten meine Wangen. Anschließend legte ich meine andere Hand auf unsere verschränkten Hände und legte meinen Kopf auf seine Schulter ab. So schnell konnte ich gar nicht zählen, drückte er seine Wange gegen meinen Kopf.

"Komm-st du mit zu mein-er Familie?" unterbrach Zayn die Stille. Nach seinen Worten, wurde mir wie so oft, warm ums Herz und mein Grinsen wurde noch breiter. Doch die Realität holte mich schnell wieder ein.

"Es gibt keine Möglichkeit nach Bradford zu kommen."

"We-nn du nicht mitkomm-st dann gehe ich ebe-n alleine!" schrie er plötzlich und löste unsere Sitzposition. Er drängte meinen Körper von seinen und stampfte zu der Wohnzimmertür. Unfähig etwas zu sagen schaute ich ihn an und kämpfte mit den Tränen, weswegen ich mein Kopf in meine Knie vergrub.

"Es gibt keine Möglichkeit heute noch nach Bradford zu fahren!" meldete sich zum ersten Mal mein Vater mit einem strengen Ton zu Wort.

"Genau und lasst uns jetzt bitte endlich etwas essen." stimmte meine Mutter zu. Ich nickte nur und erhob mich von dem Sofa, nachdem meine Eltern in die Küche gegangen waren. Vorsichtig schaute ich zu Zayn. Seine braunen Augen fixierten jede einzelne Bewegung von mir und ließen mich nicht aus seinem Blick. Er schaute mich angespannt und mit zusammengepresstem Kiefer an.

"Kommst du? Ich würde mich freuen." meinte ich. Zayns Gesichtsausdruck lockerte sich und mit einem schwachen Lächeln nahm er meine Einladung an. Schweigend betraten wir nebeneinander die Küche. Auf dem Tisch standen Getränke, Teller und Bestecke. Ebenso stand in der Mitte des Tisches die große Glasschale gefüllt mit Nudelauflauf. Grinsend wandte ich mich zu Zayn.

"Nudeln." kicherte ich. Daraufhin schaute mich Zayn nur mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er hat es vergessen oder er ist ein Spätchecker.

Anschließend setzte ich mich zwischen meine Eltern auf einen Stuhl und griff nach dem Löffel, der im Nudelauflauf gestochen wurde. Dann füllte ich meinen Teller und schaute wieder zu Zayn, der immer noch da stand und auf den Tisch starrte. Seine Lippen bildeten sich zu einem Schmollmund und wie ein kleines Kind, dass keine Süßigkeiten bekommt, verschränkte er seine Arme miteinander.

"Ich will neben meine Perrie sitzen." rief er. Ich schaute zu meinem Vater, der genervt seine Augen verdrehte und beim aufstehen nach seinem Teller griff.

"Kannst dich setzen." sagte er. Schließlich setzte er sich auf den Platz, der eigentlich für Zayn bestimmt war. Zufrieden klatschte Zayn in die Hände und setzte mich neben sich. Dabei schaute er mich so an, als hätte ich heute Geburtstag oder würde ihn gleich füttern. Er ist so süß.

Als ich Zayn ebenfalls Nudelauflauf auf den Teller getan habe, überreichte ich ihn eine Gabel. Er schaute mich unsicher an und stach in den Auflauf hinein, während ich ihn demonstrierte, wie es weiterging. Ich liebte es, wenn Zayn sich nicht zu helfen wusste. Es machte ihn noch wundervoller als er es schon war.

"Wie geht es deiner Familie, Zayn?" fragte meine Mutter in die Runde. Falsches Thema, dachte ich und erinnerte mich an das eskalierte Abendessen mit Diamond und Ashton. Sofort legte ich meine linke Hand unauffällig auf seinen Unterschenkel. Zayn zuckte nur mit seinen Schultern und legte seine Gabel auf den Teller ab.

"Ich habe meine Fam-ilie seit sieb-en Jahren nicht mehr gesehen." antwortete Zayn kalt.

"Sie wären sicher stolz auf dich. Hast du eigentlich Geschwister?" Neugierig und abwartend schaute meine Mutter Zayn an. Hörbar schluckte er und drehte seinen Kopf in meine Richtung. Seine braunen Augen trafen meine blauen Augen. Er schloss seine Augen und nickte leicht. Ebenso legte er seine Hand auf meine.

"Doniya, Waliyha und Safaa. Meine Mami heißt Patricia, a-ber wir haben sie alle immer Trisha gen-annt." Während Zayn uns ein wenig mehr von seiner Familie erzählte, bildete sich immer wieder ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen und seine Augen begannen zu strahlen.

"Und dein Vater?" fragte diesmal mein Vater und nippte an seinem Glas.

"Ich hass-e ihn!" brummte Zayn und schlug mit seiner Hand auf dem Tisch. Sein Brustkorb hob sich schneller und sein Atem wurde immer unregelmäßiger.

AUTISM | ZerrieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt