Sie sah den rötlichen Schimmer in seinen Augen blitzen als sie ihn ansah. Der Mund hatte sich zu einer Art Lächeln verzogen, doch es wirkte eher wie eine Grimasse, sie war sich nicht einmal sicher, ob dieser Mensch, diese Kreatur überhaupt in der Lage für eine solche Geste war. Sie sah wie er den Zauberstab auf sie richtete als würde es in Zeitlupe geschehen, sie hörte auch nicht wie er den Zauberspruch sagte, vielleicht tat er dies auch gar nicht. Aber den darauf folgenden Schmerz nahm sie deutlich war.
Lily schüttelte ihren Kopf um den Gedanken an diese Silvesternacht zu verscheuchen. Auch wenn es nun schon einen Monat her war, ertappte sie sich immer wieder dabei wie sie in Angststarre an das Geschehene dachte. Das musste aufhören, vor allem jetzt konnte sie es sich nicht leisten Gedankenverloren alleine eine Straße entlang zu gehen, sie musste wachsam bleiben.
Sie nahm einen tiefen Atemzug und spürte wie die kalte trockene Luft ihre Lungen füllten.
Der Januar hatte sich in einen sehr kalten Februar verwandelt. Der ständige kalte Regen war dem Schnee gewichen und die Sonne hatte nun auch die dunkeln Wolken vertrieben. Lily hätte sich gewünscht, dass dieser Wetterumschwung schon an ihrem Geburtstag stattfinden hätte können. Diesen hatte sie alleine mit James im Haus verbracht. Nicht dass es trotzdem ein schöner Tag gewesen wäre. James hatte sich wirklich Mühe gegeben und zum Abend waren der Rest der Rumtreiber, Marlene und Alice mit Frank vorbei gekommen. Alles im Allen war es wirklich ein gemütlicher Tag gewesen aber die düstere Stimmung die durch das Wetter nur bestärkt wurde war trotzdem nicht ganz aus den Köpfen verschwunden. Aber wie auch. Jeden Tag war mindestens einer von ihnen auf Patrouille und setzte sich der Gefahr aus nicht wieder zu kehren.
Erneut wischte Lily diesen Gedanken weg. Wenigstens ein paar Minuten am Tag sollte sie an etwas anderes denken.
Der Weg auf dem Lily unterwegs war, war abgesehen von ihr, menschenleer. Eine natürliche Stille umgab sie, das einzige was zu hören war, waren ihre Schritte im Schnee. Sie hatte lange überlegt, ob sie überhaupt rausgehen sollte. Zum einen konnte man in der aktuellen Situation nicht wirklich sicher vor Angreifer sein, wenn man sich alleine irgendwo aufhielt und zum anderen gab es einen bestimmten Grund warum Lily sich auf den Weg gemacht hatte. Und sollte ihr auf dem Weg etwas passieren, würde James wahrscheinlich ausrasten. Den seiner Ansicht nach wäre es der Grund, weswegen Lily hier draußen rumlief, auf keinen Fall wert zu sterben und damit hatte er Recht.
Lily war sich sicher, dass der Brief, den sie in der Hand hielt, nichts ändern würde, wahrscheinlich würde er nicht einmal gelesen werden und dafür zu verletzt zu werden oder zu sterben war wirklich kein allzu guter Grund das Haus zu verlassen. Aber gleichzeitig sollte man doch alles bereinigen wenn man noch die Möglichkeit dazu hat und da Lily nicht sicher war wie lange sie noch die Möglichkeit hatte, war sie nun auf dem Weg zum Briefkasten um Petunia zu schreiben und sie um ein Treffen zu bitten. Sie hatte sich dafür entschieden den Brief nicht per Eule zu schicken, dass würde sicherlich nicht dazu beitragen, dass Petunia den Brief liest oder dass sie eine Treffen zustimmte. Dummerweise stand dieser Briefkasten einige Minuten zu Fuß entfernt. Trotz der gewissen Gefahr genoss Lily ihren kurzen Ausflug durch den Schnee. Es war schön einmal etwas anderes zu sehen, als ihr Haus oder die Zauberhäuser auf ihren Patrouillen.
Die Muggle, bekamen von all dem Chaos, das in der Zauberer Welt vor sich ging nichts mit. Daher war Lily nicht überrascht als die auf ihrem Weg an einem Mugglehaus vorbei kam. Die Kinder spielten ausgelassen im Schnee während die Eltern entspannt beieinander standen und sich unterhielten. Irgendwann wäre das auch wieder für Lily möglich und vielleicht tobten dann auch Kinder durch den Garten. Gedankenverloren fing sie an zu lächeln.
Am Briefkasten angekommen, warf Lily den an ihre Schwester adressierten Brief ein und machte sich auf den Rückweg.„Hey Lils.", James kam mit nassen Haaren in die Küche gelaufen. „Was denn?", sie sah ihn überrascht an. James hielt einen Brief in der Hand, den er misstrauisch begutachtete als würde er erwarten, dass er jeden Augenblick explodierte. Wobei, das für James nichts Neues wäre. Er hatte in Hogwarts viel zu oft Heuler von seinen Eltern bekommen, die regelmäßig mitten am Gryffindortisch explodiert waren.
„Was ist mit dem Brief?", fragte Lily nun leicht belustigt.
„Der hat da sowas drauf. Und er war in diesem Briefkasten Dings, den du unbedingt haben wolltest. Was ich bis jetzt immer noch nicht verstehe, weil...Eulen.", er sah wieder auf den Brief um seinen eigentlich Gedanken wieder zu finden. „Naja aber der hat da sowas.", wiederholte er und streckte Lily, immer noch sehr vorsichtig, den Brief entgegen. Neugierig nahm sie ihn. Sie erkannte die Schrift auf dem Briefumschlag sofort. Hastig öffnete sie ihn und überflog die ersten Zeilen.
„Und?", fragte James, der weiterhin skeptisch auf den Brief in Lily's Hand sah.
„Der ist von Petunia, sie hat ihn per Mugglepost geschickt, sie stimmt einem Treffen zu. Donnerstag um 10.", sagte Lily während sie die Zeilen noch einmal las.
„Oh, das ist doch gut oder?" Lily wusste, dass James nicht sonderlich angetan von Petunia war, daher war sie froh, dass er nicht mehr dazu sagte. James war sich bewusst, dass Lily ihre Schwester liebte und wenn sie noch ein Treffen wollte würde er sie dabei unterstützen.
„Ja ich denke schon.", sagte Lily gedankenverloren.
Am Donnerstag um zehn vor zehn standen Lily und James draußen um zu Petunia zu apparieren.
Wie immer spürte Lily diese unangenehme Enge, die genauso plötzlich aufhörte wie sie begonnen hatte.
Die Nachbarschaft in der sie standen hätte sich von ihrer eigenen kaum mehr unterscheiden können. Die Häuser im Ligusterweg sahen alle gleich aus. Dicht an dicht waren sie aneinander gereiht als hätte jemand das erste Haus einfach nur kopiert. Der Schnee, der Godrics Hollow noch magischer und romantischer machte als es eh schon war, war hier penibel von der Straße, den Wegen und den Gärten geschippt worden, als wäre es hartnäckiges Unkraut, dass man schnellstmöglich beseitigen musste. Die Autos, die in den Einfahrten standen waren trotz des vorangegangen regenreichen Monats erstaunlich sauber und sie war sich sicher, dass der ein oder andere sogar den Rasen in den Ecken des Gartens geschnitten hatte. Die Häuser an sich waren nicht hässlich, sie wirkten modern allerdings überhaupt nicht einladend. Die ganze Gegend wirkte feinpoliert und steril. Petunia war absolut geschaffen für diese Straße.
Sie war sehr froh darüber, dass ihre Kinder nicht in solch einer Nachbarschaft aufwachsen würden, wo sich die Nachbarn wahrscheinlich gegenseitig ausspionierten.
Hand in Hand liefen James und Lily zur Nummer 4. Lily holte tief Luft bevor sie klingelte.
Petunia öffnete die Tür. Sie sah aus als sei sie einer Hausfrauenzeitschriftentsprungen und Lily spürte wie James sich ein Lachen verkneifen musste. „Hallo.", sagte Petunia kühl und ließ sie rein.
„Schuhe ausziehen, ich habe gerade gewischt.", zischte sie als sie eintraten.
Sie folgten ihr ein Wohnzimmer, was aussah als wäre es direkt einem Einrichtungskatalog entsprungen. Sie setzten sich auf die Couch, während sich Petunia auf einen der Sessel nieder ließ.
„Vernon ist arbeiten, er hat zurzeit viel zu tun und muss meistens länger bleiben.", informierte Petunia sie. Es war kaum zu übersehen, dass sie das nur sagte um deutlich zu machen, wie erfolgreich ihr Ehemann doch war. Ihr gesamtes Auftreten und das penibel geputzte Haus sollte offensichtlich ihr fantastisches und vor allem normales Leben betonen. Lily versuchte diesen Gedanken zu ignorieren, sie war nicht hier um einen Streit mit ihrer Schwester zu beginnen, ganz im Gegenteil.
„So was willst du?", ihre Stimme war weiterhin kühl und abweisend.
„James und ich werden heiraten."
„Ich weiß, Mum und Dad haben das erzählt. Was hat das mit mir zu tun?", sie spitze ihre Lippen, wie sie es schon als Kind tat, wenn ihre Eltern etwas verboten hatten.
„Du bist meine Schwester, ich hätte dich gerne dabei."
„Ich soll auf deine Freak-Hochzeit kommen.", sie spuckte diese Worte schon fast aus.
„Petunia du bist meine Schwester..."
„Daran musst du mich nicht ständig erinnern.", unterbrach Petunia sie.
„Das ist nun mal die Wahrheit, das kannst du so wenig ändern wie ich. Wir haben unsere verschiedenen Arten und unterschiedliche Lebensstile aber wir sind immerhin Familia, Petunia. Ich heirate, ich, deine kleine Schwester. Wie oft haben wir früher darüber geredet und jetzt ist es soweit. Egal wie viele Auseinandersetzungen wir haben oder wie oft du mir sagst, dass ich ein Freak bin. Petunia ich wünsche mir, dass meine Schwester auf meine Hochzeit kommt. Das bedeutet mir nach allem immer noch wahnsinnig viel. Weil wir Schwestern sind.", mit jedem Wort war Lily lauter geworden. Mit den letzten Worten war sie aufgestanden und starrte ihre Schwester an.
Sie war wütend. Petunia könnte einfach ihre Vorurteile beiseitelegen, nur für diesen einen Tag.
„Weißt du, ich habe vor nur einmal zu heiraten.", Lily hatte ihre Stimme wieder gesenkt.
„Ich hab diesem Treffen nur unseren Eltern wegen zugestimmt. Ich solltet gehen.", Petunia war aufgestanden.
Lily spürte wie James neben ihr verseifte. Sie wusste genau, dass er gerne was sagen würde aber das würde das alles noch schlimmer machen. Also nahm sie nur James' Hand stand auf und verließ das Wohnzimmer.
Bevor Petunia die Tür hinter ihnen schließen konnte, drehte sich Lily noch einmal um.
„Weißt du, nach allem was wir uns an den Kopf geworfen haben und nach all den Streits, die wir hatten, bin ich trotzdem froh dich als meine Schwester zu haben. Du hast mir als wir klein waren so viel gezeigt und so viel beigebracht, weißt du, du warst mein Vorbild. Ich kann nichts dafür, dass ich eine Hexe bin und ich will mich auch gar nicht dafür entschuldigen, dass es so ist. So ist das Leben, die einen sind so die anderen so. Das macht es ja gerade erst interessant. Wäre alle Menschen gleich, wäre es ja langweilig. Vielleicht solltest du das auch langsam mal verstehen. Ich hoffe das wirst du irgendwann und hoffentlich können wir dann so reden wieder wie früher. Aber bis dahin wirst du trotzdem immer meine Schwester sein, egal was passiert und wenn ich kann werde ich immer da sein um dich zu beschützen.", mit diesen Worten drehte sie sich um.
„Ich überleg's mir.", damit schloss Petunia die Tür.

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Changes | Jily
FanfictionDas Glas zerbrach mit einem lauten klirren. Sie hatte gar nicht gemerkt mit was für einer Wucht sie das Glas auf den Tisch stellen wollte. „Lily, alles okay?", fragte sie Marlene besorgt. „Ja.", antwortete Lily bissig und warf noch ein Blick zwei Ti...