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Es war wirklich das reinste Dilemma, dass ich meine Kopfhörer irgendwo verloren haben musste, denn ich hätte nun viel lieber einem klassischen Stück beim Einschlafen gelauscht, als den lauten Würgegeräuschen von nebenan

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Es war wirklich das reinste Dilemma, dass ich meine Kopfhörer irgendwo verloren haben musste, denn ich hätte nun viel lieber einem klassischen Stück beim Einschlafen gelauscht, als den lauten Würgegeräuschen von nebenan. Ich hatte schon versucht, meinen Kopf ins Kissen zu drücken und mein anderes Ohr mit Hilfe der Decke zuzuhalten, doch das Würgen war noch immer zu hören und nicht selten auch ein äußerst ekelhaftes, plätscherndes Geräusch. Ich war kurz davor, mich ebenfalls zu übergeben.
Um mich abzulenken, griff ich nach meinem Handy und schrieb Miyoung. Während ich hoffte, dass sie online kam, klickte ich das Bild an, das sie mir geschickt hatte und betrachtete das kleine, weiße Täschchen, das wahrscheinlich von irgendeiner bekannten High-End-Marke war, die ich anhand des Logos nicht benennen konnte. Wie viel dieses Ding wohl gekostet hatte? Damit hätte ich sicher für eine Monatsmiete aufkommen können.
Schnell schloss ich das Bild. Jetzt rechnete ich meine Ausgaben bereits mit Markentaschen aus. Dabei hätte ich lieber die Zeit nutzen und weitere Bewerbungen verfassen sollen.
Ich hatte mich kurzerhand für Stellen in verschiedenen Fast-Food-Ketten beworben, aber nur, weil es einfach fast nichts besseres gab. Da wären zwar noch ein paar Stellen in Modegeschäften in einer Mall frei gewesen, aber sie suchten meistens Leute mit "einem Händchen für Mode" oder Leute die Erfahrungen in dem Bereich hatten. Brauchte man da wirklich so viele Erfahrungen? Jedes Mal, wenn ich mit Miyoung shoppen gegangen war, wurden wir keiner wirklich hilfreichen Beratung unterzogen. Meistens winkten die Kunden doch ohnehin ab, wenn man sie fragte, ob man ihnen helfen konnte. Trotz dieses Wissens, hatte ich mich dennoch nicht auf solch eine Stelle beworben.

Mein Handy hatte sich mittlerweile wieder gesperrt. Aus meinen Gedanken wieder erwacht, entsperrte ich es erneut und sah ein paar neue Nachrichten von Miyoung. Mich überkam Erleichterung, als ich ihre Nachrichten sah, auch wenn ich die Würgegeräusche von nebenan dennoch nicht ganz ausblenden konnte. Ich war zumindest froh, dass ich mir die Zeit vertreiben konnte, indem ich ein wenig mit meiner besten Freundin textete. Das machte die Situation zumindest ein bisschen erträglicher.

Miyoung: Das ist ja was ganz neues. Du um diese Zeit am Handy.
Ich: Kann nicht schlafen. Mein Nachbar.
Miyoung: Warte, ich rufe dich eben an.

Kurze Zeit später ging wirklich ein Anruf ein und ich nahm sofort ab.
"Hey, bereit dich ein bisschen ablenken zu lassen?", fragte Miyoung heiter und ich hörte einen dumpfen Bass im Hintergrund.
"Du hättest nicht anrufen müssen, deine Textnachrichten hätten mich genug abgelenkt."
Der Bass im Hintergrund wurde kurze Zeit ein wenig lauter, bevor er beinahe gänzlich verschwand. Vermutlich hatte Miyoung sich auf die Toilette des Clubs verdrückt, in dem ich sie gerade vermutete.
"Ach, so konnte ich immerhin mal kurz aufstehen. Außerdem habe ich ein bisschen was zu erzählen und das hätte per Text viel zu lange gedauert."
"Okay, schieß los. Rede so laut wie du kannst. Und mach keine Pausen."
Das ließ Miyoung sich nicht zweimal sagen und fing an ohne Punkt und Komma drauflos zu erzählen. Davon, wie Jisungs Fahrer sie zu spät abgeholt hatte, wie es Probleme mit der Gästeliste gab und Miyoung erst nicht in den exklusiven Club eingelassen worden war, in dem sie nun mit einem Haufen reicher Imperiums-Nachkommen oder -Besitzern an teurem Champagner nippte. Jisung, ihr anfänglicher Sugar Daddy und nun fester Freund, hatte seine Kontakte spielen lassen und kurzerhand den Besitzer des Clubs herbeordert. Der Rest war schließlich kein Problem gewesen und der Abend war dann bisher super gelaufen.
Nur eine Sache hob Miyoung besonders hervor.
"Wir haben einen 'Neuzugang'. Er ist Mitbegründer eines Entertainments, das gerade großes Aufsehen erregt. Er hat sich das Business nach dem Studium mit ein paar Freunden aufgebaut und wirkt wohl selbst als Music Producer mit."
Ich hatte ein schlechtes Gefühl, da Miyoung mir sonst nicht so begeistert von irgendwelchen Neuzugängen in ihrem Kreis, bestehend aus reichen Sugar Daddys und ihren Sugar Babes, erzählte. Ansonsten waren sie nur eine kurze Erwähnung wert, denn Jisung war für Miyoung der einzige Mann, auch wenn sie Anfangs nur auf die Bezahlung aus war, die sie mit ihm für eine bestimmte Anzahl an mehr oder weniger intimen Treffen im Monat ausgemacht hatte.
"Cool", sagte ich schlicht und griff nach meinem Zeichenblock, um nebenbei ein paar Skizzen zu machen.

Wieder wurde die Musik im Hintergrund etwas lauter und Miyoung seufzte.
"Du kannst dich ruhig ein bisschen mehr öffnen. Wenn du willst, kann ich Jisung fragen, ob ich dich beim nächsten Mal mitnehmen kann. Es sind gerade ein paar Männer auf der suche nach einer neuen Gefährtin."
"Ich denke, ich bin offen genug, wenn ich keine Probleme damit habe, dass sich jemand für eine bestimmte Geldsumme mit einem einsamen Mann trifft, um mit ihm Zeit zu verbringen. Nur ist das einfach nicht meine Welt."
Wieder seufzte Miyoung.
"Ich weiß, aber ich glaube, es könnte dir einiges an Sorgen ersparen, wenn-"
"Ich habe keine Sorgen, ich komme mit allem super klar", sagte ich schnell und mit einem Ton, der keine Widersprüche zuließ.
"Hör zu, ich glaube, mein Nachbar hat endlich Ruhe gegeben. Ich sollte endlich schlafen. Treffen wir uns morgen?" Ich hasste es, Miyoung anlügen zu müssen, aber ich wollte mich nicht einer weiteren Diskussion darüber unterziehen müssen, welche Vorteile eine Beziehung haben konnte, wie meine beste Freundin sie mit Jisung führte. Zumal ich es gerne alleine schaffen würde. Das hatte ich mir vor Beginn meines Studiums fest vorgenommen. Es hätte zu hohe Kosten, sich von jemandem Unterstützung zu holen. Für diese Art von Gegenleistungen wollte ich nicht aufkommen müssen.
"Okay, ein Treffen hört sich gut an", sagte Miyoung, allerdings etwas niedergeschlagen. "Gute Nacht, Ran."
"Gute Nacht, Mi. Und trink nicht zu viel."
"Versprochen."
Ich legte auf und lehnte mich zurück in meine Kissen. Auf dem Skizzenblock war ein gesichtsloser Umriss entstanden, der mich leer anstarrte. Folgenreicher als sonst, schwirrte Miyoungs Angebot in meinen Gedanken umher, denn es könnte so einfach sein, jedoch wollte ich mich selbst nicht für etwas Geld verkaufen. Nicht einmal, wenn ich selbst Spaß an der Sache hätte. Meine Kunst war es, mit der ich mein Geld verdienen wollte, aber bisher waren alle Versuche gescheitert, etwas mit meinen Bildern zu verdienen. Ganz zu schweigen von meiner Graphic Novel, an der ich seit zwei Jahren arbeitete. Die war nicht einmal halb fertig.

Ich drehte mich in meinem wackeligen, knarzenden Bett um und starrte an die leere Wand. Nebenan waren nun keine Würgegeräusche mehr zu hören, dafür aber lautes Husten und ein laufender Fernseher.
Seufzend griff ich auf umständlichste Weise nach hinten, um meine Nachttischlampe auszuknipsen. Meinen Skizzenblock und den Bleistift schob ich unter mein Kopfkissen. Dann versuchte ich meine Gedanken auf etwas schönes zu lenken, auf den Geruch von Farben und das Gefühl von rauen Leinwänden unter meinen Fingern und Bildern die mit diesen Materialien entstehen konnten. Doch mein Kopf ließ sich davon nicht täuschen und dachte weiter über meine Existenz nach und wie ich sie zukünftig sichern sollte. Ehe ich es mich versah, war es auch schon fünf Uhr morgens und ich gab es schließlich auf, jetzt noch zu schlafen. Stattdessen arbeitete ich mich durch ein paar weitere Stellenanzeigen und machte mich dann fertig für meine Morgen-Kurse. Der Fakt, dass ich sie aus finanziellen Gründen bald wohl nicht mehr besuchen konnte, hing mir wie eine hundert Kilogramm schwere Langhantel im Nacken.

 Der Fakt, dass ich sie aus finanziellen Gründen bald wohl nicht mehr besuchen konnte, hing mir wie eine hundert Kilogramm schwere Langhantel im Nacken

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[Komischerweise wurde das Kapitel nicht angezeigt. :')
Wir lesen uns nächsten Donnerstag wieder! <3]

Sugar Coated || min yoongiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt