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Die Feier, die Miyoung als klein bezeichnet hatte, fand in einem riesigen Anwesen statt, dessen Front beinahe komplett verglast war

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Die Feier, die Miyoung als klein bezeichnet hatte, fand in einem riesigen Anwesen statt, dessen Front beinahe komplett verglast war. Das von drinnen herausscheinende Licht offenbarte eine Menge an Menschen, verteilt auf zwei Etagen, die erahnen ließ, dass Miyoung etwas anderes unter einer kleinen Feier verstand als ich.
Jisungs teurer Wagen, mit dem wir hier erschienen waren, wurde an sowas wie einen Wagenmeister abgegeben, der das Auto um das Gebäude herumfuhr. Am Eingang des gläsernen Anwesens standen zwei Türsteher und zwischen den zwei bulligen Kerlen, die ich erstaunt betrachtete, erschien ein kleinerer, schlanker Mann, der uns mit einem breiten Lächeln begrüßte. Auch wenn er gut aussah, wirkte er mit seinem breiten Grinsen und den streng nach hinten gegelten, dunkelblonden Haaren wie eine moderne, schlichtere Version des Jokers.
"Guten Abend, die Damen, der Herr", sagte er in perfektem Koreanisch und bat uns in das Anwesen hinein. Jisung und Miyoung schienen ihm bereits bekannt zu sein und ich, als ihr Mitbringsel, wurde wohl einfach akzeptiert.

Der Mann, der sich mir schließlich als Daniel vorstellte, führte uns in einen offenen Raum, der wohl zwanzig Mal so groß war, wie der spärliche Raum in dem ich lebte. Die Menschen hier standen überall im Raum verteilt, hielten Champagnergläser in der Hand und wirkten wie aus einer ganz anderen Welt. Viele blendeten sich perfekt in das helle Ambiente ein, das von einer Klasse durchwirkt war, die ich wohl niemals haben würde. Alle waren elegant gekleidet, trugen teuren Schmuck, hatten kleine Designerhandtaschen bei sich und waren so professionell gestylt, dass ich mich fragte, ob einige vor dieser Feier einen Termin in einem Beauty-Salon gehabt hatten. Ich war ziemlich erschlagen von diesem Anblick, auch wenn ich an diesem Tag für meine Verhältnisse ziemlich aufgebrezelt war. Mein schlichtes Make-Up und das schwarze Samtkleid waren aber nichts gegen all die schillernden Gewänder und die aufwendig geschminkten Gesichter. Ich fiel beinahe zu sehr auf in dieser hellen, sorgenlosen Welt.
"Ran, was ziehst du für ein gequältes Gesicht? Ist es nicht schön hier?"
Schön war es, aber nur wenn ich neben der visuellen Ästhetik alles andere ausblendete. Das wenig überzeugende Lächeln einer Frau mit kristallenem Haarschmuck, die wandernden Hände eines Mannes in seinen Fünfzigern, am Körper einer Frau, die gerade so über die zwanzig zu sein schien, der Alkohol, der im Sekundentakt von den Tabletts von Kellnern entnommen wurde.
"Du hast gesagt, es ist eine kleine Feier. Wie viele Leute passen für dich in den Rahmen klein?"

Miyoung lächelte unschuldig und stibitzte sich sogleich zwei Champagnergläser von dem Tablett eines Kellners, der uns die Getränke mit einer Verbeugung anbot. Prompt drückte sie mir eines der Gläser in die Hand.
"Es ist doch im Endeffekt egal, wie viele Leute hier sind. Genieß den Abend, trinkt ein bisschen Champagner und schwing deinen knochigen Hintern zu einem der gutaussehenden Gentlemen, die dich schon ins Visier genommen haben." Sie deutete auf eine kleine Gruppe von Männern, die ich zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig vermutete. Mit gerümpfter Nase wandte ich den Blick wieder ab.
"Ich brauche nur was zu Essen, das ist mein erstes Ziel." Und auch mein einziges, aber das musste Miyoung ja nicht unbedingt wissen.
Meine beste Freundin seufzte und fragte Jisung, ob er von Daniel erfahren hatte, wo das Buffet aufgebaut war. Leider Fehlanzeige. Da musste ich wohl selbst suchen.
"Oh, da vorne ist Candy, mit ihr muss ich unbedingt sprechen", sagte Miyoung begeistert und zog Jisung mit sich.
"Ich passe!", rief ich ihr bereits vergessen hinterher und sah mich in dem Raum voller Gäste und Kellner um.
Bis auf eine weiße Couch - wirklich gefährlich - und ein paar Dekoartikel auf weißen Hochglanzschränken - auch sehr gefährlich - gab es hier nichts zu entdecken. Aber es gab ja noch andere Räume, in denen Leute in kleinen Kreisen beieinander standen und miteinander tuschelten, während stimmungsvolle Musik aus gut versteckten Boxen dröhnte.

Beinahe pirschend verließ ich den Raum und folgte einer Frau, die selbst in einen anderen Raum wanderte. Hier bot sich mir beinahe das selbe Bild, nur dass in diesem Raum kein weißes Sofa stand. Es gab Sitzgelegenheiten, ebenfalls in strahlendem Weiß, aber ich fand kein Essen.
Gab es hier vielleicht irgendwo eine Küche, in der alles bereitgestellt wurde? So wie ich diesen Haushalt hier einschätzte, war die Küche aber wohl nur für das angestellte Personal zugängig. Wo könnte es hier bloß etwas zu Essen geben?
Ich schulterte die kleine Tasche mit dem Kettenbund, die mir Miyoung geliehen hatte und huschte an ein paar Menschen vorbei, um in den nächsten Raum zu gelangen. Auch hier: Nichts. Dafür war die Stimmung in diesem Raum anders. Ich war in einen Raum auf der gegenüberliegenden Seite gegangen und hier war die Atmosphäre schummrig, gelassen und sinnlich. Dieser dunkle Raum gefiel mir gar nicht und da ich nicht herausfinden wollte, was es hier so zu entdecken gab, verschwand ich schnell wieder.
Der nächste Raum war endlich ein Volltreffer. Dachte ich zumindest im ersten Moment. Als ich vor dem Buffet stand, das aufgebaut worden war, wurde ich ganz schön enttäuscht. Es gab zwar eine riesige Auswahl an Essen, aber es gab alles bloß in einem Happen, den man in einem Bissen runtergeschluckt hatte. Mein Magen grummelte, doch nichts sprach mich so sehr an, dass ich mir damit den Bauch hätte vollschlagen können. Auch wenn ich hungrig war, wollte ich nicht unbedingt etwas essen, das aussah wie eine Praline aus Zartbitterschokolade mit Leberwursttopping.

Verhungernd nippte ich an dem Champagner, der in dem Glas in meiner Hand vor sich hin sprudelte. Ich verzog den Mund, da das Getränk ganz schön trocken war und mir in der Kehle stecken zu bleiben schien. Ich trank noch einen großen Schluck, aber es wurde, wer hätte es gedacht, einfach nicht besser. Nun war das Glas fast leer und ich wusste, dass der Alkohol auf lehren Magen wohl keine gute Idee war.
Ich stellte das Champagnerglas auf den Tisch neben mir und drehte mich vom Buffet weg. Auch hier standen die Menschen einfach nur herum und unterhielten sich. Wenn ich jemanden zu lange anstarrte, erhielt ich einen Blick zurück, der von meinen Füßen, bis zu meinem Gesicht reichte und sich dann uninteressiert wieder abwandte. Zumindest von den Frauen. Bei den Männern war das teilweise anders. Ich spürte einige unangenehme Blicke auf mir und fragte mich immer wieder: Warum bin ich überhaupt hier?
Es waren vielleicht zwanzig Minuten vergangen und ich hatte jetzt schon keine Lust mehr. Außerdem steuerte geradewegs ein Kerl auf mich zu, der nicht mehr allzu jung aussah und definitiv etwas in seinem Gesicht hatte machen lassen. Waren es die Augen, die angeschwollen wirkten? Waren es die Lippen, die auf unnatürliche Weise nicht zu seinem Gesicht passten? Vielleicht die erhöhten Wangenknochen?
"Hallo, ich habe Sie hier so einsam stehen gesehen und dachte, ich leiste Ihnen etwas Gesellschaft. Mein Name ist Kang Hanju. Sie sind wohl das erste Mal auf einer Veranstaltung wie dieser."

Er erwartete wohl, dass ich ihm meinen Namen anvertraute und ihm bereitwillig davon erzählte, warum ich heute zum ersten Mal hier war, wie er so fachmännisch erkannt hatte. Doch darauf konnte ich gut verzichten. Ich wandte mich also nichtssagend ab und verließ den Raum wieder. 
Ich huschte von Raum zu Raum, deutete zwischendurch einen verwirrten Gruß an, wenn man mich mit einem Nicken grüßte und schon bald hielt ich nicht mehr nach etwas essbarem Ausschau, sondern nach Miyoung oder Jisung. So langsam fühlte ich mich ganz schön verloren und immer wieder begegnete mir Kang Hanju, der immer wieder versuchte, mich anzusprechen.
Irgendwann, ich war bestimmt schon eine gute Stunde zwischen den Räumen hin und her gependelt, bog ich in einen Korridor ab, der ziemlich ruhig war. Ich befand mich im ersten Stock, zu dem auch Partygäste zugelassen waren. Hier oben trieben sich allerdings mehr Leute auf den Balkonen herum, als in den bereitgestellten Räumen, da viele Raucher unter ihnen waren und anderen vermutlich ein wenig Luft schnappen mussten.
Luft wäre für ich auch nicht schlecht, denn langsam fühlte ich mich etwas schwummrig und verschwitzt. Ich drehte mich um, um von dem ruhigen Korridor wieder zu dem Gang mit den großen Balkonen zu kommen, doch da bog gerade mein ständiger Verfolger um die Ecke.

 Ich drehte mich um, um von dem ruhigen Korridor wieder zu dem Gang mit den großen Balkonen zu kommen, doch da bog gerade mein ständiger Verfolger um die Ecke

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Sugar Coated || min yoongiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt