20 - Hayat

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Es verging eine ganze Woche, in der ich verzweifelt versuchte mein Leben langsam wieder unter Kontrolle zu bringen

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Es verging eine ganze Woche, in der ich verzweifelt versuchte mein Leben langsam wieder unter Kontrolle zu bringen. Tagsüber ging ich in Gülay Ablas Blumenladen arbeiten und danach direkt wieder Nachhause um mich von der Leere der Wohnung umhüllt gehen zu lassen und mich selbst zu bemittleiden. Ich weiß nicht wieso, doch der Auszug meiner Mutter und Demt traf mich mehr, als ich gedacht hätte. Vielleicht weil ich zwar mein Leben lang wusste, dass ich ihnen nicht so wichtig war, wie ich es eigentlich hätte sein sollen, doch dieses Mal zeigten sie mir, dass ich ihnen egal war.

Ich war ruhiger geworden, wahrscheinlich weil ich ja schließlich niemanden mehr übrig hatte, mit dem ich reden könnte. Zeynel hatte ich schon einige Tage nicht gesehen und die Sehnsucht nach seinen schwarzen Augen wuchs in mir wie Unkraut. Erst dadurch merkte ich, wie selbst diese kleinen Begegnungen am Eingang unseres Hochhauses mir gut taten, doch jetzt gab es nicht mal diese. Jedes Mal wenn ich das Haus verlies oder betrat sah ich hoffnungsvoll an den Eingang, doch unter all den Jungs die dort standen fanden meine Augen nie den Jungen den ich sehen wollte.

"Kizim?" (Meine Tochter) riss mich die sanfte Stimme von Gülay Abla aus den Gedanken und ich sah überrascht auf "Yeter artik (Es reicht jetzt). Ich merke doch, dass es dir nicht gut geht. Wieso redest du nicht mit mir?"

Kennt ihr diese Momente, in denen ihr eigentlich denkt, dass ihr eure Gefühle gut unter Kontrolle habt, bis jemand fragt wie es euch geht und ein Damm in euch bricht?

Die Tränen sammelten sich in meinen müden Augen und ohne es zu wollen sah ich Gülay Abla verzweifelt an, weil ich keine Worte fand. Als könnte sie meinen Schmerz allein an meinen Augen ablesen, sah sie mich sanft an und zog mich in ihre Arme. Die Arme einer mitfühlenden Mutter, die ich nie zu spüren bekam in meinem Leben und so schlang ich meine Arme um sie und weinte. Ich spürte wie sie mir langsam über den Rücken strich und obwohl sie kein Wort sprach, beruhigte es mich. Insgeheim genoss ich es sehr von jemandem in den Arm genommen zu werden, etwas was mir einfach fehlte. Ich war schon immer ein sehr emotionaler Mensch und dass ich all das was mir passiert war allein durchmachen musste, machte es nicht leichter stark zu bleiben.

Ich schniefte und lies sie langsam los, doch sie lies mich nicht gänzlich gehen und hielt mich an den Armen fest um mich zu begutachten. Sie lächelte leicht und strich mir die Tränen aus dem Gesicht. Diese Fürsorge von ihrer Seite berührte mich sehr, so dass noch mehr Tränen flossen, doch trotzdem lächelte ich sie dankbar an.

"Anlat bana neyin var?" (Erzähl es mir was hast du) sagte sie sanft, mit deinem Ton, der jeden dazu gebracht hätte seine tiefsten Geheimnisse auszuplaudern.

Meine Unterlippe bebbte "Cok yanlizim Gülay Abla" (Ich bin so allein)

Die Tatsache es auszusprechen brach mir das Herz, denn es machte sie wahr, doch andererseits tat es auch gut mit jemadendem zu reden, den meine Sorgen wirklich interessierten.

Sie lächelte mich an "Ben neyim Eylem? Sende benim Kizim gibisin bunu unutma" (Was bin ich denn? Du bist wie eine Tochter für mich vergiss das nie)

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