49 - Hayat

3.9K 93 6
                                    

An der Information sagte ich der netten Dame meinen Namen und sie wies mich zu dem Zimmer meines Vaters

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

An der Information sagte ich der netten Dame meinen Namen und sie wies mich zu dem Zimmer meines Vaters. Vor der schneeweißen Tür zögerte ich einen Moment, setzte dann ein Lächeln auf und betrat das Zimmer.

Das Zimmer sah aus wie ein Hotelzimmer, schön eingerichtet und gar nicht wie ein Zimmer, das man in solch einer Klinik erwarten würde. Und schon erblickte ich meinen Vater oder eher gesagt seinen Kopf von hinten. Er saß auf einem Sessel, mit dem Rücken zu mir und sah aus dem Fenster vor mir.

Ich sah ihn für ein paar Sekunden so an und sofort stieg die Nostalgie in mir, als ich bemerkte wie sehr ich ihn doch vermisst hatte.

"Baba" sagte ich leise und trat näher, als er seinen Kopf leicht zu mir drehte und lächelte.

Auch wenn ich sah, dass es nicht das gleiche sorglose, ehrliche Lächeln von früher war war es dennoch besser als gar nichts und so lächelte ich auch und lies es zu als er meine Hand in seine Hände nahm.

"Du bist gewachsen Kizim" (meine Tochter) bemerkte er auch wenn ich gar nicht gewachsen war.

Mein Lächeln wurde breiter und ich genoss es dieses Wort nach all den Monaten wieder von ihm zu hören. Er wies mich an mich auf den Sessel neben sich zu setzen, was ich auch tat. Doch sobald wir saßen sah er wieder stumm aus dem Fenster, als wäre ich gar nicht da.

"Wie fühlst du dich Baba?" fragte ich vorsichtig.

"Schuldig" sagte er plötzlich und sah mir wieder in die Augen, doch seine Antwort verwirrte mich.

"Wieso schuldig?" fragte ich nach und er seufzte.

"In den Gruppentherapien haben wir oft über Schuld gesprochen Kizim und ich habe angefangen einige Dinge zu verarbeiten" er macht eine Pause "Das was ich euch angetan habe ist unverzeihlich"

Ich schüttelte meinen Kopf "Baba parayi niye bu kadar dert ediyorsun?" (Wieso machst du dir so Sorgen um das Geld)

"Parayi demiyorum ki Kizim" (Ich meine doch gar nicht das Geld meine Tochter) erklärte er und sah mir vielsagend in die Augen und ich verstand. Er meinte seinen Suizidversuch.

Ich schluckte als ich an diesen Tag zurück dachte und versuchte das Bild meines an der Decke erhängten Vaters schnell wieder zu verdrängen.

Ich streichte ihm über die Hand und drückte diese aufmunternd bevor ich ihn lächelnd ansah.

"Lütfen artik bunlari düsünme!" (Bitte denk nicht mehr daran) bat ich ihn "Du musst nach vorne schauen und sieh uns an wir sind beide gesund und am Leben, was brauchen wir mehr?"

Er lächelte mich traurig an und nickte leicht, doch ob ich ihn überzeugt hatte wusste ich nicht.

Ich blieb noch eine Stunde, wobei wir in dieser Zeit kaum miteinander redeten. Es war wie der Arzt gesagt hatte. Mein Vater redete, doch bevorzugte es zu schweigen und das respektierte ich, denn die Hauptsache für mich war dass er lebte und gesund war. Wir saßen den Rest der Zeit einfach dort, er mit einer Hand auf meiner und sahen schweigend aus dem Fenster. Ich konnte ihn tatsächlich verstehen es hatte etwas beruhigendes hier hinaus zu sehen. Man sah den Park und sonst nichts. Keine Gebäude, keine Menschen. Bloß die Natur.

Nachdem ich mich von meinem Vater verabschiedet hatte suchte ich noch den Arzt auf, den ich in seinem Büro fand. Ich klopfte an die Angelehnte Tür und sofort lächelte er mich an.

"Ah Frau Tekin kommen Sie doch herein" bat er mich und zeigte auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch.

Ich setzte mich "Ich war gerade bei meinem Vater und es gibt da ein Thema das mich etwas überfordert. Ich dachte Sie könnten mir vielleicht weiterhelfen"

Er nickte "Wenn es etwas ist, was in meinen Händen liegt natürlich. Fahren Sie fort"

"Seit mein Vater hier ist hat sich bei uns Zuhause sehr viel geändert. Eher gesagt alles. Ich habe vorhin mit meinem Vater nicht über irgendetwas persönliches geredet. Ich habe Angst, dass wenn er die Wahrheit erfährt es für ihn einen Rückschlag bedeuten könnte"

"Darf ich fragen was das für Veränderungen sind?" fragte er vorsichtig.

"Meine Mutter hat einen neuen Mann in ihrem Leben" sprach ich die bittere Wahrheit aus und versuchte nicht wütend zu werden "Sie hat meinen Vater in seiner schwersten Zeit verlassen und er weiß nicht mal etwas davon. Ich will ihm nichts davon erzählen, will aber auch nicht, dass er es von alleine erfährt"

Der Arzt sah mich nachdenklich an und nickte langsam "Ich verstehe. Es war gut von Ihnen Ihrem Vater vorerst nichts zu sagen. Seine Fortschritte sind noch sehr frisch und jede kleinste schlechte Nachricht könnte alles wieder zu Nichte machen. Ich würde Ihnen also raten es noch eine Weile für sich zu behalten und sobald der Zustand Ihres Vaters stabiler ist sehen wir weiter"

Ich nickte dankbar "Okay dann behalte ich es erstmal für mich. Vielen Dank!"

Erleichtert verlies ich die Klinik und zündete mir direkt eine Zigarette an. Das brauchte ich jetzt einfach. Ich setzte mich auf eine Bank vor dem Eingang und schrieb Younes, dass ich hier fertig sei. Sofort kam die Antwort, dass er sich auf den Weg machte.

Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke zu und genoss die frische Luft. Es war schon fast Winter und das Wetter gerade verriet, dass es kein so angenehmer werden würde. Trotzdem tag die Kälte gerade gut und so genoss ich die Zigarette bis ich Younes Auto die Auffahrt hochfahren sah.

Younes hatte mich Nachhause gefahren, doch bevor ich das Hochhaus betrat rief ich Zeynel an. Ich wollte ihn sehen, vor allem nach dem Besuch bei meinem Vater hatte ich das Bedürfnis einfach in seinen Armen zu liegen.

"Ja?" antwortete er mir und ich musste schmunzeln.

"Es ist immer so schmeichelhaft wie du an meine Anrufe rangehst dass ich keine Worte mehr finde" scherzte ich.

"Bist du wieder zurück?" fragte er und ignorierte meine Frage, was mir sofort verriet, dass etwas nicht stimmte.

"Ja Younes hat mich gerade Nachhause gefahren" erklärte ich ihm "Ist alles okay bei dir?"

"Ich kann gerade nicht ich komme später zu dir" sagte er knapp und legte gleich daraufhin auf.

Ich nahm ihm solche Sachen nicht übel, weil ich weiß, dass es von ihm nicht böse gemeint war. Mit der Gewissheit, dass ich ihn später noch sehen würde betrat ich die Wohnung.


**** Zeynel's Sicht ****

Ich versicherte Eylem, dass ich später zu ihr kommen würde und legte auf, denn das hier war gerade wichtiger.

"Ey vallah das war ein Versehen Bruder" versicherte mir Ayman zum keine Ahnung wie vielten Mal "Er war so kurz davor zu reden das sollte die letzte Bombe sein"

"Du hast sein Genick gebrochen mit dem letzten Schlag" sagte ich ruhig, doch innerlich kochte ich.

Wir waren so nah dran. Wir hatten einen Läufer aus einem meiner Reviere gepackt, der nicht zu uns gehörte und der Plan war es durch ihn an seinen Dealer zu kommen um den kranken Bastard zu finden, der in meinen Gebieten verkaufte. Doch Ayman hatte es übertrieben und ausversehen sein Genick gebrochen. Auch wenn ich wusste, dass es nicht gewollt war war ich wütend, denn wir hatten wieder rein gar nichts in der Hand.

Ich seufzte und fuhr mir über den Bart "Alles auf Anfang Jungs. Packt den nächsten Läufer den ihr findet und findet ihn schnell. Ich will wissen wer der Wixxer ist"

--------------------------

So, ging schneller als gedacht hehe gönnt euch 👏 Morgen kommt das nächste Kapitel.

>C.

HayatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt