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Henry POV

Rasende Wut hallte stumpf durch meinen Körper und Alex verletzter Gesichtsausdruck hatte sich vor meinem inneren Auge manifestiert. Wie konnte es nur sein, dass ich diesem Mädchen so viel Schmerz zufügte? Ich wollte sie beschützen und nicht verletzten!

Ich war noch nie jemand, der an Zufälle geglaubt hatte, geschweige denn an so etwas wie Schicksal.
Als ob Alex zufällig zur gleichen Zeit hier auftauchen würde!

Ich schlug die Tür hinter mir zu und straffte meine Schultern. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass sie rein zufällig hier war? An diesem Ort? Zu dieser Zeit? Unwahrscheinlich, gering, fast schon unmöglich.

Alex gehörte nicht hier her und mit diesem Gedanken empfand ich keinerlei Abwertung ihr gegenüber.

Pah Abwertung? Eher war das ein Kompliment!

Sie war viel zu wahrhaftig und ehrlich, um sich hier, an einem Ort aus Trug und Glanz, wohl fühlen zu können. Ich hatte es oft genug in ihrem Gesicht gesehen, dass sie sich dieser falschen und faulenden Welt nicht zugehörig fühlte. Und auch wenn ich im Gegensatz zu ihr mich in genau diesen Kreisen bewegte, empfand ich keinerlei Empathie für diese Menschen.

Und für mich war umso offensichtlicher, dass das hier kein Zufall, sondern ein beschissenes Spiel mit falschen Karten war. Das einzige Puzzleteil, was mir fehlte, was wie zum Teufel Mika wissen konnte, dass ich heute Abend hier sein würde.

Ich steuerte auf den Bistrobereich zu und meine Augen scannten meine Umgebung, bis mein Blick von einem braunen Haarschopf fast schon angezogen wurde. Hass war gar kein Ausdruck, für das, was ich in diesem Moment empfand. Meine Fäuste ballten sich und mein Körper setzte sich fast schon automatisch wieder in Bewegung.

Dieses verfickte Arschloch!

Ich dachte nicht nach und ich hatte auch keine Lust zunächst erstmal ein klärendes Gespräch zu suchen. Stattdessen trat ich hinter Mikas Rücken und suchte sein Blick in der verspiegelten Rückseite des Whiskyregals, welches sich über die gesamte Hinterwand der noblen Bar erstreckte.

Mikas Augen weiteten sich nur kurz, als er zu realisieren schien, wer hinter ihm stand, bevor ein verschmitzter Ausdruck in sie trat. Er dachte, er hätte gewonnen. Zumindest schrie sein zufriedener Gesichtsausdruck und dieses tückische Funkeln in seinen mokkafarbenen Augen nach Triumpf.

Ich konnte nicht mehr an mich halten. Ohne auch nur im Entferntesten nachzudenken, schoss meine geballte Faust vor und Mika schaffte es weder sich schnell genug zu mir umzudrehen, um den Schlag abschätzen zu können, noch ihm auszuweichen. Meine Hand knallte mit voller Wucht gegen Mikas Kiefer und sein Körper fiel zur Seite weg.

Was für ein befriedigendes Gefühl!

Ich hörte wie aus weiter Ferne Aufschreie, was mich jedoch herzlich wenig interessierte. Ich knirschte mit den Zähnen, als Mika sich mit schmerzverzogenem Gesicht aufrappelte. Sein einer Mundwinkel war eingerissen und ein paar Bluttropfen hatten bereits scharlachrote Tupfen auf seinem weißen Hemd hinterlasse.

Davon abgesehen sah der Typ noch viel zu gut aus, als dass meine beißende Wut auch nur annähern befriedigt werden konnte. Anspannung ergriff von mir Besitz, als Mika sich gegenüber von mir aufrichtete und in einer vornehmen und zugleich herablassenden Geste seine Schulter straffte. Mit einer schnellen Bewegung wischte er sich mit dem Handrücken über seinen Mund und sah dann auf seine rot gefärbte Hand.

Wie sehr sein Äußeres unschuldiges Aussehen doch trügte.

Ich rechnete mit allem. Damit, dass er versuchen würde, ebenfalls einen Schlag zu landen. Das wäre zumindest meine erste Reaktion gewesen. Oder, dass er wie ein angeschossener Hund kuschen würde oder mir mit der Polizei drohte. Doch ich irrte mich.

AuroraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt