Verdammt. Frustriert stöhnte ich auf und starrte mein Spiegelbild böse an, bevor ich nach einem Abschminktuch griff. Warum nur konnte ich als einziger Mensch auf diesem Planeten keinen perfekten Eyeliner ziehen. Ich entfernte den schwarzen Strich auf meinem Augenlied.
Dann eben nicht.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich auch gar nicht mehr viel Zeit hatte, weshalb ich nur schnell nach einem dunkelroten Lippenstift griff, um zumindest ein wenig Farbe im Gesicht zu haben. Meine unnatürlich hellen Haare band ich zu einem hohen Zopf.
Das musste reichen.
Eilig griff ich nach meiner Tasche und der schwarzen Lederjacke, bevor ich die Tür unserer WG ins Schloss fallen ließ und die Treppen runter flitze. Mika hupte, als ich er mich entdeckte und öffnete die Tür seines schwarzen Wagens.
Lächelnd ließ ich mich in den weichen Ledersitz fallen, umarmte meinen besten Freund kurz und Mika gab Gas.
„Du siehst hübsch aus."
Ich schob mir eine lose Strähne hinters Ohr. Mika war in vielerlei Hinsicht der perfekte Gentleman, aber definitiv nicht mein Typ. Eher war er wie ein großer Bruder für mich. Einer, der für mich da war und mich im Notfall beschütze.
Ich wusste, dass er schon alleine aus Solidarität mitkam, damit ich nicht alleine war und damit er sich keine Sorgen machen musste. Vermutlich vertraute ich keinem so sehr wie ihm und auch keiner wusste so viel wie er über mich.
Dabei brauchte ich keinen Beschützer. Nicht ich. Nicht Aurora.
Mit quietschenden Reifen hielt Mika vor dem beleuchteten und runtergekommenen Gebäude des Clubs an und ich stieß die Tür auf. Bevor ich mich bei Mika unterhakte, zog ich noch mein schwarzes, enganliegendes Kleid über die Oberschenkel, da es während der Fahrt über hochgerutscht war.
Showtime!
Mit schwingenden Hüften schlenderte ich an Mikas Seite an der Security vorbei und zwinkerte den muskulösen, breitschultrigen Männern zu. Ich war in meinem Element, das Adrenalin rauschte durch meinen Körper und mein Herzschlag synchronisierte sich mit den lauten Beats der Musik.
Ein paar Typen winkten uns zu sich ran und schon wenige Minuten später leerten wir die ersten Shots. Ich trank für gewöhnlich nicht viel, aber heute verspürte ich einfach das Bedürfnis meine gute Laune noch mehr zu steigern. Der Alkohol brannte in meiner Kehle, doch ich griff mutig nach einem weiteren Glas. Mikas tadelnden Blick ignorierte ich dabei völlig.
Nein, heute würde ich mich in keine Schranken weisen lassen. Nach den letzten stressigen Wochen hatte ich mir einen ausgelassenen Abend verdient. Mein Blick huschte über die volle Tanzfläche und ich betrachtete die jungen Menschen, die sich ausgelassen zu den wummernden Klängen der Musik bewegten.
Es war so laut, dass ein Gespräch so nah bei der Tanzfläche fast unmöglich war, aber ich hatte keine Lust mich an einen der Tische weiter hinten zu setzen. Ich stupste Mika an und deutete mit meinem Kinn auf die tanzenden Massen und er interpretierte die stille Aufforderung richtig.
Einer unserer Begleiter, vermutlich ein jüngerer Student aus einem anderen Trimester klopfte ihm auf die Schulter und zwinkerte ihm zu. Mika wurde ein wenig rot, streckte mir jedoch trotzdem auffordernd den Arm aus. Ohne auf das kindische Gehabe unseres Begleiters einzugehen, hakte ich mich bei Mika unter und wir mischten uns unter die anderen jungen Leute.
Wir suchten uns eine leere Fläche und ich begann mich im Takt zu bewegen. Ich kannte den Song zwar nicht, aber die raue Frauenstimme schaffte es genau das richtige Maß an Emotion und Kontrolle in den Text zu legen, um mir eine Gänsehaut zu bescheren.
Während ein Lied nach dem anderen aus den Boxen dröhnte, schaffte ich es für ein paar Minuten loszulassen und vergaß mich. Meine Bewegungen wurden ausgelassener und mutiger und ich fühlte mich frei. Vermutlich war es auch der Wirkung des Alkohols geschuldet, dass ich nach einer gefühlten Ewigkeit Mika ein Zeichen gab und mich zur Bar begab.
Immer noch völlig außer Atem ließ ich mich auf einen der hohen Hocker fallen und fächerte mir mit der Hand ein wenig Luft zu. Trotz meines gewagten Outfits war mir unendlich warm. Eine junge Barkeeperin kam zu mir und nahm meine Bestellung auf.
„Einen Caipirinah bitte. Mit viel Eis und wenig Zucker."
Die junge Frau begann eine Zitrone zu achteln und ich wandte mich wieder dem Geschehen auf der Tanzfläche zu. Mika entdeckte ich nicht, aber dafür einer der jungen Studenten, Nathan hieß er glaube ich, welcher die Arme um eine hübsche Blondine geschoben hatte. Seine Freundin, oder nur ein Flirt für eine Nacht?
„Du bist ziemlich faszinierend, weißt du das?"
Schlagartig wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und mein Kopf flog in die Richtung, aus welcher ich die tiefe Stimme vernommen hatte. Dieser Typ hatte bis vor wenigen Sekunden noch nicht neben mir gesessen, darauf verwettete ich ein ganzes Happymeal.
Sicherlich wäre mir der hochgewachsene Mann, mit den dunklen Haaren aufgefallen. Interessiert unterzog ich ihn einer genaueren Musterung. Er trug ein enges Shirt mit V-Ausschnitt welches sich über seine breite Brust spannte. Er wirkte erwachsener als die meisten hier, auch wenn ich ihn nicht viel älter schätze als mich selbst. Vielleicht drei, vier Jahre?
Mein Blick wanderte zu dem Weinglas, was neben ihm stand und ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.
„Wer bitteschön trinkt Rotwein in einem Club? Das ist das Uncoolste, was ich heute Abend erlebt habe und da hatte mich bereits schon so ein Typ versucht anzumachen, indem er mich als ziemlich faszinierend bezeichnet hat."
Das Gesicht meines Gegenübers war unbezahlbar, doch anstatt beleidigt wegzugehen, wie es die meisten Männer nach so einer Ansage getan hätten, hob er sein Glas und prostete mir zu. Zum ersten mal sah ich ihm direkt in die hellen Augen, welche amüsiert funkelten.
„Ich bleibe trotzdem dabei, du bist faszinierend."
Er trank einen Schluck und verzog dann das Gesicht. „Wobei du recht hast, der Wein hier ist eine Katastrophe. Verrätst du mir deinen Namen?"
„Aurora."
Er zog ungläubig eine Augenbraue nach oben, sagte aber nichts weiter dazu. Stattdessen reichte er mir meinen Drink und ich nippte an dem fruchtigen Alkohol. Ich wollte gerade mein Glas zurückstellen, als ich versehentlich mit meinem Ellenbogen das Weinglas umstieß und sich der blutrote Inhalt auf seinem hellen Shirt ergoss.
Erschrocken schlug ich meine Hand vor den Mund. Der Mann griff fluchend nach einer Serviette und versuchte den Schaden zu lindern, doch er machte es scheinbar nur schlimmer. Beschämt murmelte ich eine Entschuldigung vor mich hin und starrte auf den Boden.
„Okay, du bist mir definitiv etwas schuldig, Aurora."
„Ich ersetze dir das Oberteil natürlich."
Ich wollte gerade nach meiner Brieftasche greifen, dem Fremden 20 Euro in die Hand drücken und dann unauffällig verschwinden, als mein Kinn angehoben wurde und mich helle grüne Augen wölfisch anstarrten.
„Ohh nein, ich will kein Geld von dir."
„Was dann?"
„Du wirst ein kleines Spiel mit mir spielen Aurora."
________________________________________________________________________
Hey, langes Kapitel- kurze Anmerkung der Autorin:🌹
Bitte sagt mir, dass es noch mehr Menschen außer Aurora und mir gibt, die keinen Eyeliner ziehen können!😂
Raum für kreative Anmerkungen und Sternchen🌟👈😉
Eure Lady in red🌹
DU LIEST GERADE
Aurora
RomanceVorsicht: Dieses Buch beinhaltet detailliert beschriebene sexuelle Handlungen und thematisiert u.a. BDSM. •♡•◇•♤•♧• Aurora. Es ist das einzige, was sie von sich preisgibt. Doch die Lüge, welche hinter diesem Namen steht, reicht meist für die junge...