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Henry POV

Applaus brandete auf. Erst nur zögerlich, doch nach und nach begann der Saal die Klatschgeräusche von den Wänden zu werfen. Der laute Geräuschpegel zog mich aus meinen finsteren Gedanken und ich sah mich angespannt um.

Alex stand immer noch vor mir und ein zögerliches Lächeln trat auf ihr Gesicht. Sie sah wunderschön aus, wie sie da vorne stand und eine schwere Last schien von ihren Schultern zu fallen.

Eine Last, welche ich um so vieles schwerer gemacht hatte.

Wie viel Stärke es sie gekostet haben musste, um etwas so Intimes offen und ehrlich darzulegen. Mein Herz donnerte förmlich und zog sich stetig schmerzhaft zusammen, in dem Wissen um das, was ich getan hatte.

Was war ich nur für ein absoluter Vollidiot gewesen?

Einige Studenten stellten nun Fragen an Alex, die meisten bezogen sich auf die Besitzsituation der Bäckerei und sie schaffte es jedes mal eine fachlich korrekte Antwort zu geben. Es schien, als wäre ihr jede einzelne Option vertraut, welche vielleicht zu einem besseren Urteil für ihre Familie hätte führen können.

Doch ich wusste es besser.

Nur noch schwach erinnerte ich mich an die Zeit, in der ich einen Konkurrenten plötzlich als einen Feind sah. Selbst wenn die Familie damals geschickt gehandelt hätte, war ich es gewesen, der ihnen gegenübergestanden hatte.

Und ich wäre nicht aus dem Gericht gegangen, ohne zu gewinnen. Zumindest mein damaliges Ich hätte das nicht getan.

Immer noch schien das Ausmaß meines Handelns kaum greifbar. Was für mich eine nette Summe auf einem Blatt Papier gewesen war, bedeutete für eine Familie das Risiko ihre Existenz zu verlieren. Wut ergriff von mir Besitz.

„Wie dumm kann man denn auch sein, einen Scharlatan als Anwalt zu akzeptieren, nur weil man mit ihm befreundet ist?"

Veronika schnalzte herablassend mit ihrer Zunge. Bis zu diesem Moment hatte ich sie völlig ausgeblendet. Diese Frau war mir ohnehin schon ein Dorn im Auge, aber diese Aussage war wirklich unter der Gürtellinie gewesen.

Hatte sie eine Ahnung, wie verzweifelt Menschen waren, die alles zu verlieren hatten. Hatte diese Frau jemals auch nur über das nachgedacht, was sie vermittelte und unetrrichtete?

Aber wer war ich, mich über sie hinwegsetzten zu dürfen?

Wie mechanisch erhob ich mich und bot Alex an sich wieder zu setzen. Als sie sich ohne Zögern auf die hinteren Stuhlreihen zubewegte und einige der Studenten sich zu ihr beugten und ihr im Flüsterton etwas zuraunten, ließ ich es zu.

Auch wenn die Aufmerksamkeit nun nicht mehr groß war, besonders da alle noch persönliche Fragen an Alexandra zu haben schienen, fuhr ich monoton fort und begann strukturiert die Grundlagen des Arbeitsrechtes zu erläutern.

Ich merkte nur am Rande, wie Veronika den Raum verließ, sichtlich genervt, da ich ihr keine weitere Beachtung geschenkt hatte. Doch alles, was mich interessierte, war, die Zeit möglichst schnell rumzukriegen.

Als endlich die zwei Stunden vorbei waren und ein hektisches Gewusel im Saal ausbrach, da scheinbar jeder so schnell wie möglich nach draußen wollte, ließ ich mich gegen die Wand sinken und vergrub meinen Kopf in den Händen.

Was zum Teufel sollte ich jetzt tun?

Hektisch versuchte ich, eine plausible Lösung für all das hier zu finden, doch jeder erdenkliche Weg konnte in einem Desaster enden. Entweder ich beichtete Alex, was ich getan hatte...

AuroraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt