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Auch wenn die Nächte Ende Juni immer noch erdrückend warm waren, hatte ich das Gefühl, der Kälte in mir nicht entkommen zu können. Fröstelnd drückte ich meinen Körper noch enger an Henry und kuschelte mich ein wenig tiefer in den Laken ein. Henry gab einen zufriedenen Laut von sich und seine Arm legte sich über meine Seite. Ich war nicht wirklich müde, nur ein wenig erschöpft.

So richtig wollte ich das was in den letzten 24 Stunden passiert war nicht wahr haben, aber auch wenn mir der Boden ein weiteres mal unter den Füßen weggerissen wurden, gab es ein paar Lichtblicke. Vor allem Henrys Worte.

Für dich würde ich die gesamte Welt niederbrennen.

Danach hatte er mich wie ein kleines Kind gehalten, bis ich wieder genug Kraft hatte alleine zu stehen. Wir waren gemeinsam duschen gegangen und ich hatte mich an ihn geklammert, als müsste ich Angst haben, er könnte sonst wieder weggehen.

Und jetzt lag ich hier in seinem Bett, bekleidet mit einem seiner Shirts, welches nach Waschmittel und ihm roch und schaffte es trotzdem nicht Ruhe zu finden. Zu viele Gedanken wirbelten in meinem Kopf umher und so sehr ich auch versuchte Schlaf zu finden, wollte mein Geist einfach nicht herunterfahren.

Laut Henrys tiefen und regelmäßigen Atemzügen schlief er schon tief und fest und obwohl mich seine Anwesenheit beruhigte, schlich sich völlig ungewollte wieder Mikas Anblick und sein verletzer Gesichtsausdruck in meine Gedanken. Ich öffnete die Augen und es dauerte ein wenig bis ich die Umrisse des Zimmers erkennen konnte.

"Alles okay?"

Ich erschreckte mich ein wenig Henrys tiefe Stimme hinter mir zu hören.

"Ich dachte du schläfst."

Henry drückte einen Kuss auf meine Scheitel und ich seufzte wohlig auf. Ich war wirklich dankbar glücklich hier zu sein und nicht alleine in meinem kleinen WG-Zimmer liegen zu müssen. Nach all dem Scheiß, der an diesem Abend geschehen war, tat es unfassbar gut bei Henry im Bett zu liegen.
In seinen Armen.

"Ich kann nicht wirklich schlafen, wenn du dich andauernd bewegst und so hektisch atmest."

"Tut mir leid!"

Beschämt drehte ich mich in seinen Armen, sodass ich ihm zugewandt, das Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben lag. Ich wollte nicht, dass er wegen mir nicht schlafen konnte. Meine Hand fuhr über seine nackte Brust und legte sich auf die Stelle, unter der ich seinen Herzschlag spüren konnte.

"Muss es nicht. Du glaubst nicht, wie erleichtert ich bin, dass du hier bist."

Ich bekam einen weiteren Kuss auf meinen Haaransatz gedrückt und konnte mir ein kleines Lächeln über die nette Geste nicht verkneifen. Ich fragte mich, warum ich trotz allem was dieser Mann bisher für mich getan hatte so lange an seiner Liebe gezweifelt hatte.

"Ich auch."

Ich spürte, dass auch Henry kurz schmunzelte, bevor er wieder ernst zu werden schien.

"Ich muss dich etwas fragen."

Ich merkte, dass es ihm nicht leicht fiel und ich versuchte beruhigend über seine Brust zu fahren. Seine Haut war ein wenig klebrig unter meinen Fingerkuppen. Scheinbar war ihm deutlich wärmer als mir. Dass ich ruhig in diesem Moment bleiben konnte, zeigte mir nur ein witeres mal wie sehr ich diesem Mann bereits vertraute.
Oder war ich nach diesem Abend einfach zu ausgelaugt um noch so etwas, wie Panik oder Aufregung zu empfinden?

"Oder soll ich damit warten, bis es dir besser geht? Also, wenn dich das alles weniger beschäftigt?"

Ich verdrehte die Augen. "Du kannst nicht sowas sagen und dann einen Rückzieher machen."
Typisch Männer... Erst etwas andeuten, nur um dann wieder einen Rückzieher zu machen.

"Könntest du dir vorstellen mich irgendwann einmal zu lieben?"

Es war leider zu dunkel, als dass ich seinen Gesichtsausdruck erkennen hätte können. Ich hätte zu gerne ihm jetzt in die Augen schauen können, aber ich erkannte gerade mal die Umrisse seines Oberkörpers. Ich gab mir einen Moment Zeit um meine Antwort zu überdenken. Und tatsächlich fiel mir zum ersten mal auf, dass ich Henry mir zwar sehr oft gesagt hatte, wie sehr er mich liebte, ich ihm aber nie.

"Ja."

Sein Körper entspannte sich und ich hatte das Gefühl, ihm fiel gerade eine große Last von den Schultern. Meine Kehle fühlte sich wie zugeschürt an und ich drückte meine Wange fest an seine Schulter.

"Um ehrlich zu sein..."

Meine Stimme klang brüchig und mittlerweile donnerte meine Herz wieder so schnell, wie heute Abend, als ich Veronika in Henrys Armen gesehen hatte. Nur dieses mal nicht aus Eifersucht.
Henry wusste nicht, dass ich noch nie einem Mann davor geliebt hatte, der nicht mein Vater oder mein Opa war. Niklas und Anton zählten nicht, zumindest noch nicht als Männer.

"Habe ich mich schon vor einer ganzen Weile Hals über Kopf in dich verliebt!"

"Sag das nochmal."

Ich atmete schwer. Die Spannung in der Luft war fast mit den Händen zu greifen. Ich hatte das Gefühl mich unglaublich verwundbar zu machen, trotzdem durchstömte mich eine nie dagewesene Euphorie.

"Ich liebe dich!"

Ich spürte was meine Worte mit ihm machten. Ich spürte, dass er mich noch enger an sich ranzog, wie sein Herz schnell unter meinen Fingerspitzen donnerte. Ich meinte sogar zu spüren, dass er lächelte.

"Nochmal!"

Ich lachte auf. Vermutlich aus Erleichterung.

"Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich lie...."

Weiter kam ich weiter, da Henry mich ruckartig nach oben gezogen hatte und mir einen festen Kuss auf die Lippen drückte. Verlangend schob er einen Arm unter meinen Körper und zog meinen Körper noch enger an sich ran. Meine Finger krallten sich in seine Schulterblätter und ich wimmerte leise auf, als er begann leicht an der Stelle hinter meinem Ohrläppchen zu sauen.

Doch ehe ich mich ihm komplett hingeben konnte hielt er inne.

"Wir sollten das nicht tun, oder?"

"Wieso nicht?"

Henry hielt mich ein kleines Stück auf Abstand und ich versuchte den Grund für sein Zögern zu finden.

"Naja, ich will nicht, dass du morgen bereust..."

Diesmal war ich diejenige die ihn unterbrach. Meine Müdigkeit war wie weggefegt. Mit einem Ruckt schob ich mein Bein über Henry und stütze meine Arme auf seiner Brust auf, sodass ich auf ihm saß. ich ließ mich fast kurz aus dem Konzept bringen, als ich dabei Erektion unter dem lockeren Stoff seiner Pyjamahose spürte.

"Ich will dich, jetzt. Und ich will nicht sanfst von dir behandelt werden, nicht nach all dem Scheiß heute. Um ehrlich zu sein möchste ich an nichts anderes mehr denken müssen, als an dir in mir."

Ich beugte mich auf seinen heißen Körper runter und legte meine Lippen an sein Ohr.

"Fick mich!"



AuroraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt