Aurora

38◇

Meine Schritte hallten, als ich eilig durch die sich bereits leerenden Gänge eilte. Ein wenig verzweifelt versuchte ich mir im Gehen noch einen festen Zopf zu binden, doch es schien fast unmöglich die vielen kleinen Strähnen zusammenzufassen.

Als ich endlich den Vorlesungssaal betrat, erleichtert darüber, dass ich tatsächlich noch pünktlich zu sein schien, ließ ich meinen Blick suchend über die Bänke gleiten. Als ich endlich ein alt vertrautes Gesicht erkannte, versuchte ich mich zwischen den bereits belegten Bänken durchzuquetschen.

Erschöpft setzte ich mich neben Mika auf den unbequemen Klappstuhl, bevor ich meinem Kumpel ein gequältes Lächeln zuwarf.

„Falls du Kaffee dabeihast, bin ich bereit alles für einen Schluck zu geben."

„Alles?" Mika grinste hämisch, griff dann aber neben sich nach seinem Rucksack und kramte einen Plastikbecher heraus. Ich war kein Fan von dem Billigkaffee aus dem Supermarkt, aber Koffein war nun mal Koffein.

„Harte Nacht gehabt?"

Ich gab einen zustimmenden Laut von mir und öffnete gierig den Verschluss des Bechers, bevor ich zwei große Schlucke von dem meiner Meinung nach zu süßem Zeug nahm. Mika warf einen missbilligenden Blick auf mein Hemd. Henrys Hemd korrigierte mich eine leise Stimme fast augenblicklich.

„Darf ich an dieser Stelle anmerken, dass..."

„Nein, bitte erspar mir die übliche Moralpredigt, dafür bin gerade nicht in Stimmung."

Ich hob erneut den billigen Becher an meine Lippen und war ganz froh darüber, dass der Inhalt kalt genossen wurde. Alleine jetzt schon war mir unnatürlich warm in dem langärmligen Hemd. Gedankenverloren öffnete ich den obersten Knopf und fächerte mir mit der Hand ein wenig Luft zu.

„Können die keine Klimaanlangen hier installieren?"

Mika seufzte zustimmend und wir tauschten uns ein wenig über die aktuellen Vorlesungen aus. So wie es aussah, war Mika derzeit wenig begeistert von dem neuen Dozenten, der eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet Steuern sein sollte.

Während er sich über seine einschläfernde Stimme ausließ, schnurrte ich mir einen Kugelschreiber. Ich wollte mich gerade nach vorne lehnen, zu dem Mädchen mit dem Block in der Hand, der genau denselben Zeilenabstand zu haben schien, wie die Hefter in denen ich sonst Notizen festhielt, als Mika plötzlich todernst meinen Hals taxierte.

„Alexandra, was zum Teufel ist das?"

Erst verstand ich nicht, was er meinen könnte, doch dann zuckte ich ertappt zusammen. So schnell wie möglich schloss ich die Knöpfe des Hemdes wieder und sah mich dann panisch um.

Hatte das noch jemand mitbekommen?

„Scheiße nochmal Alex!"

Mika starrte mich fassungslos und nun drehten sich auch ein paar andere Kommilitonen zu uns um.

„Bitte sei leise Mika." Flehte ich mit mühsam beherrschter Stimme. Der Raum wurde langsam still, vermutlich war der Dozent endlich gekommen, doch Mika schien das nicht zu stören.

„Hat dir jemand weh getan?"

Ich schüttelte den Kopf und sah ihn flehentlich an. Konnte er nicht zumindest flüstern? Wie erstarrt saß ich neben ihm und wusste nicht, wie ich nun reagieren sollte.

„Ich schwöre dir, falls das der Arsch war, mit dem du im Club geflirtet hattest, dann ist der Typ sowas von fällig."

Seine Locken flogen ihm ins Gesicht, als er mit unergründlicher Mine seinen Kopf schüttelte. Ich holte tief Luft und rückte ein Stück näher an ihn ran. Ich wusste nur zu gut, dass der Beschützer gerade aus ihm sprach, aber warum konnte er sich nicht beruhigen?

„Hör zu, ich wollte, dass er das tut."

Mikas Blick sprach Bände und ich konnte förmlich sehen wie unterschiedlichste Emotionen ihn regelrecht mitzureißen schienen.

Verwirrung, Wut, Fassungslosigkeit.

„Wenn die Turteltäubchen in der hintersten Reihe sich dann mal beruhigen würden, wäre ich so weit."

Vereinzelt hörte ich wohlwollendes Lachen und wieder drehten sich neugierige Augen zu uns rum. Mika wurde rot, ob vor Scham oder vor Wut wusste ich nicht, aber sicherheitshalber rückte ich ein Stück von ihm ab.

Der Dozent lachte kurz selbstgefällig über seinen auch so lustigen Witz und begann mit seinem Vortrag. Doch ich hörte nur mit einem Ohr zu, viel mehr galt mein Interesse Mika, der wie wild auf seinen Block kritzelte.

Dann schob er mir den Papierstapel zu und ich überflog die Worte, welche in seiner ordentlichen Schrift auf der dünnen Seite notiert waren.

Egal was das da auf deinem Hals ist, es sieht scheiße schmerzhaft aus. Du kannst mir nicht ernsthaft sagen, dass der, wer auch immer dir das angetan hat, nicht eine totale Meise hat!

Kopfschüttelnd griff ich nach dem Kugelschreiber, den ich mir gerade erst von ihm geliehen hatte. Das hier war wirklich die denkbar ungünstigste Situation um über etwas so Gewichtiges zu reden, oder gar zu schreiben, aber ich wusste, dass Mika keine Ruhe geben würde.

Es tut nicht weh, wirklich. Bitte hör auf so durchzudrehen. Es ist nur heißes Wachs gewesen, bitte lass uns später darüber reden.

Ich schob den Block zurück zu Mika und richtete meinen Blick wieder nach vorne. Mein Kopf dröhnte und ich fühlte mich ausgelaugt. Und jetzt kam auch noch ein schlechtes Gewissen hinzu.

Hätte ich Mika schon früher davon erzählen sollen? Hätte ich es ihm überhaupt erzählt, wenn er es nicht so mitbekommen hätte?

Es raschelte kurz neben mir und ich griff befangen nach dem Papierstapel.

Heißes Wachs? Ernsthaft? Ich mache mir verdammt nochmal Sorgen um dich, du bist mir wichtig. Wie kann man so etwas wollen?

Ich sah ihn eine Sekunde an. Sein treuer Blick schien für einen kurzen Moment bis auf den Grund meiner Seele blicken zu können und dennoch verstand er nicht. Trotzdem war er mein bester Freund, der wichtigste Mensch nach meinen Geschwistern und meinen Eltern in meinem Leben.

Ich schrieb ein einzelnes Wort auf das Papier und vergrub dann meinen Kopf in meiner Armbeuge. Ich konnte nicht fassen, wie in den letzten 24 Stunden alles so schnell hatte gehen können. Alles schien an mir vorbei zu ziehen und nun musste ich Mika etwas erklären, was ich noch nicht mal annähernd verstand.

Später!

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Guten Abend,

Nur nochmal zum Thema Wachs: ja das kann auch schlimm enden. Für Menschen mit sensibler Haut können Brandmale wirklich eine realistische Folge von Wachsspielchen mit der falschen Kerze sein.
Und Ja, hier weiß ich wirklich von was ich spreche!😥🕯🕯🕯

Also für alle, welche meinen ich habe übertrieben: Nein, nicht wirklich.🙄

Falls ich trotzdem sowas machen wollte: es gibt richtige BDSM- Kerzen. Die sind auch nicht wirklich teuer und tun trotzdem ordentlich weh!😉

Und anstatt mit Wachs dürft ihr mich mit Sternchen 🌟 überschütten! Da stehe ich total drauf.

Schlaft gut🕯
Eure Lady in red🌹