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Henry POV

Mein Wochenende war wirklich beschissen gewesen. Zwar waren die zwei Tage aus rein produktiver Sicht ein wahrer Erfolg gewesen, da ich mir beide Nächte um den Kopf geschlagen hatte, um endlich eine Menge Papierkram abzuarbeiten, aber aus psychischer Sicht befand ich mich in einem grauenhaften Zustand.

Und auch der Montag schien sich als eine Fortsetzung meiner Trotzlosigkeit zu entpuppen. Ich hatte zwei unangenehme Gespräche in der Kanzlei führen müssen, und war am späten Nachmittag hinter meinem großen, aus Eichenholz gefertigten Schreibtisch fast wahnsinnig geworden.

Ich kam innerlich einfach nicht zur Ruhe.

Als ich heute früh schon Stunden vor dem ersten Wecker klingeln wach geworden war, besserte sich meine Laune auch nicht. Ich war immer noch enttäuscht, und dieses drückende Gefühl hatte sich auch nicht in den letzten Tagen abgebaut.

Ich stand auf und versuchte meinen verspannten Körper ein wenig zu locker, doch selbst nach einer heißen Dusche fühlte ich mich angespannt. Mir fehlte ein Ausgleich. Nein, mir fehlte sie.

Ich wusste, dass es besser so war. Es war nur gut so, dass es hier geendet hatte, anstatt an einem Punkt, der uns beiden deutlich mehr Schmerz zugefügt hätte. Aber was machte ich mir eigentlich vor? Nichts hatte sich seit letzter Woche geändert, ich wollte sie immer noch.

Und zwar nicht nur als kleinen Sidekick.

Und trotzdem regte sich etwas Dunkles in mir, wenn ich daran dachte, dass sie wiederkommen könnte. Irgendwie wusste ich, dass es unweigerlich dazu kommen würde. Ich hatte es in ihren Augen gesehen.

Diese Sehnsucht, dieses Verlangen.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder voreinander stehen würden und ich wusste nicht, ob ich die Kraft hätte sie fortzuschicken. Das hatte ich auch beim letzten mal nicht gehabt, stattdessen hatte sie mich um den Finger gewickelt.

Und obwohl ich es kaum erwarten konnte sie wiederzusehen, auch wenn ein Abstand von unzähligen Stuhlreihen zwischen uns sein würde, regte sich eine Erkenntnis tief in meinem Inneren. Sie würde sich der Lust, aber nicht mir hingeben.

Doch eins stand für mich fest. Aurora würde sich früher oder später ihrem Verlangen erliegen. Und wenn sie das nicht tat, dann zumindest ich. Denn das was passiert war, war echt gewesen. Keine der Emotionen waren gespielt gewesen und die Faszination, welche von ihr Besitz ergriffen hatte, zog mich nur noch weiter in ihren Bann.

Es war, wie ich es ihr gesagt hatte, wir harmonierten und ich wollte gar nicht an all die Möglichkeiten denken, welche sich aus einer soliden Vertrauensbasis und der Befreiung ihrer tiefsten Sehnsüchte entwickeln könnten.

So tief, dass sie selbst davon nichts ahnte.

Ich erreichte das Gelände der Fachhochschule dieses mal zu früh und hatte somit Zeit meine Vorlesung gründlich vorzubereiten. Auf keinen Fall wollte ich erneut improvisieren müssen. Immer hin lag mir wirklich was daran, den Menschen vor mir was Neues zu vermitteln.

Denn auch wenn unser Rechtssystem kompliziert und viel zu komplex wirkte, brauchten wir auch weiterhin zumindest ein paar schlaue Köpfe, welche den Durchblick hatten. Ich betrat den Saal, in welchem ich auch sonst unterrichtete und stellte erstaunt fest, dass noch nicht mal die Hälfte der Plätze belegt war.

War ich wirklich so überpünktlich?

Ein Blick auf die Uhr bestätigte meine Vermutung und ich versuchte die Zeit zumindest etwas zu nutzen, indem ich nochmal meine Folien durchzappte und mein Konzept für die heutigen zwei Stunden durchging.

„Entschuldigen Sie bitte Herr Arndt."

Eine kleine Gruppe Studenten hatte sich um mein Pult versammelt und ein gertenschlankes Mädchen mit dunklen Locken ergriff das Wort. Sie hatte dunkle Augen und war mir bis jetzt nicht weiter aufgefallen.

Wie auch, wo ich nur Augen für sie gehabt haben musste?

„Uns würde interessieren wie der Rechtsfall ausgegangen ist, von dem Sie und in der ersten Stunde erzählt hatten. Konnten sie der jungen Frau weiterhelfen."

Ich begann mich mit der der kleinen Gruppe zu unterhalten und erzählte ihnen ein wenig mehr von den aktuellen Entwicklungen und das Mädchen hakte immer wieder ein, um ein paar Fragen zu stellen.

Ich war gerade dabei zu erklären, wie sich dieser Fall bereits aus rein finanzieller Sicht hochgeschaukelt hatte, als ein platinblonder Zopf meine Aufmerksamkeit weckte. Ich hielt in meiner Ausführung inne und betrachtete Auroras Rücken, welcher unter einem bauchfreien Oberteil zu großen Teilen frei gelegt war.

Als die Gruppe meinen Blick bemerkte und sich umwandte, um den Grund für meine Unterbrechung zu suchen, drehte sich Aurora um. Als hätte sie die Blicke in ihrem Rücken gespürt und mir stockte der Atem.

Was zum...

Auf ihrer wunderschönen hellen Haut zeichneten sich deutlich pechschwarze Linien ab. Als das lockige Mädchen mir einen fragenden Blick zuwarf, fuhr ich hastig fort und versuchte meinen Blick auf etwas anderes zu richten.

Wann verdammt hatte sie sich das denn stechen lassen?

Mein Herzschlag beschleunigte sich und meine innere Unruhe wandelte sich zu einem rasenden Verlangen mit ihr alleine zu sein, um...

Ja um was eigentlich?

Um mit ihr zureden? Alles was ich zu sagen gehabt hatte, war bereits ausgesprochen. Um sie zu bestrafen? Für etwas, was nicht in meiner Macht lag. Nein, vielmehr wollte ich einfach nur sie ohne hindert fremde Gesichter um uns herum.

Und gleichzeitig wusste ich, dass ich mir das nicht wünschen sollte. Ich sollte es so belassen wie es war und in meiner Erinnerung wahren, doch als sich unsere Blicke erneut kreuzten, verflog dieser Gedanke ebenso schnell wie er gekommen war.

Selbst aus dieser Entfernung sah ich, wie sich ein neckisches Lächeln auf ihr Gesicht schlich und sie mir kaum merklich zuzwinkerte. Alle anderen müssten diese Geste übersehen haben, aber ich drehte mich abrupt um und schaltete den Beamer ein, der fast augenblicklich ein grelles weißes Viereck an die Wand hinter mir warf.

„Ich würde gerne anfangen. Bitte setzt euch und schaltet eure Handys aus."

Ich startete meine Präsentation und schickte die kleine Gruppe, eingeschlossen das lockige Mädchen weg, bevor ich mit monotoner Stimme den Konsens abarbeitete, welcher einen weiteren Pfeiler des Sozialrechts darstellte.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie zu mir zurückkam. Ich war mir sicher und ich konnte es nicht verhindern. 

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Ich muss an dieser Stelle mal etwas loswerden!

Was denkt ihr, warum ich mich hier Lady in red nenne? Mal abgesehen davon, dass es schön klingt.

Richtig, weil ich anonym bleiben will, wie übrigens sie meisten Autoren hier, die unter nem Pseudonym veröffentlichen.

Und da ich immer noch recht häufig angeschrieben werde, stelle ich es gerne noch mal für alle klar!

🎶My name is no
🎵My sign is no
🎶My number is no
🎵You need to let it go

Und ja, dazu gehören auch Familie, Alter, Wohnort etc.

Ich bin Lady in red🌹- Basta!

Ich habe nichts gegen Kontakt mit meinen Lesern! Ich fachsimpeln auch gerne mit euch, oder tausche mich aus, aber ich habe keine Lust mich aus meiner mühsam erschaffenen Anonymität zu bewegen.

Sorry das musste jetzt mal raus.
Ich bestehe trotzdem auf mein Sternchen🌟!- Bitte *traurigerAugenaufschlag*

Eure Lady in red🌹

AuroraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt