1. Erster Tag

11K 225 60
                                    

She's a mess of gorgeous chaos, and you can see it in her eyes
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Shy

       Alleine lag ich hier in meinem viel zu großem Bett. Mein Buch, welches ich auf meiner Brust platziert habe, versetzte mir abermals Schmetterlinge in meinem Bauch. Das Kribbeln der Schmetterlinge fühlte sich lange nicht mehr so stark an.

      Ein weiteres Buch, welches mich in den Ban seiner Schönheit zog, wurde somit von mir beendet. Nun wird es Zeit, dieses Buch wieder in mein Regal zu stellen, in dem meine anderen unzähligen Bücher standen.

      Lächelnd setzte ich mich auf und ließ meine nackten Füße auf den kalten Boden nieder. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich für die Schule aufstehen musste. Somit endete eine weitere Nacht in der ich nicht geschlafen habe, da ich so fasziniert war von einem Buch, welches ich gerne noch einmal lesen möchte, da ich mich so verbunden fühlte zu den Charakteren und deren Geschichte in diesem Buch.

      Auf dem Boden tapsend lief ich zu meinem alten, weißen Holzbücherregal und quetschte mein Buch an die passende Stelle hinein, dabei zerdrückte ich ein paar Bücher, die an den Seiten von meinem Regal standen. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden von diesem wunderschönen Roman, denn ich möchte dieses Gefühl von Verbundenheit nicht missen müssen. Seufzend trat ich ein paar Schritte von dem Bücherregal hinweg.

      Heute ist es so weit. Heute ist mein erster Tag im letzten Jahr meiner Schule und ich fühlte mich so gut wie lang nicht mehr. Nach diesem Jahr habe ich meine Schulkarriere endlich hinter mir und ich werde endlich an eine Universität gehen können. Mein Traum ist  eigentlich nach Oxford oder Harvard zu gehen, doch meine Eltern haben ein ganz anderes Ziel für mich.

      Eigentlich ist es nur meine Mutter, welche ein anders Ziel für mich anstrebte. In ihrem Kopf sieht sie mich schon, wie ich an ihr damaliges Ballettinternat gehe und dort meine Ballettkarriere anfangen werde. Später sollte ich dann Ballett unterrichten, denn wer möchte schon eine ältere Frau auf einer Bühne tanzen sehen und ab diesem Alter ist man als Balletttänzerin sowieso nicht mehr fähig, zumindest wurde es mir so gesagt. Somit würde ich den Traum meiner Mutter hinterherjagen und sie wäre damit mehr als nur zufrieden, doch leider ist es ihr Traum und nicht meiner. Trotzdem glaubte meine Mutter fest daran, dass sich meine Meinung noch ändern wird und ich mich ihrem Willen bald schon hingeben werde.

      Vor mich hinträumend spazierte ich in die moderne Küche von dem Haus meiner Eltern. Eine ältere Frau saß vor ihrem Laptop und schrieb gestresst auf der Tastatur. Wenn sie weiterhin so auf ihre Tastatur schlägt, dann werden in naher Zukunft nicht mehr alle Buchstaben angeschlagen werden. Die Haare der Frau sind in einem strengen Dutt zusammengebunden und ihr Makeup saß so perfekt wie jeden Tag, doch auch unter diesem perfekten Makeup konnte man ihre kleinen Falten erkennen, welche sie ein wenig boshaft wirken ließen. Immer wenn ich mir diese Frau anschaue, erkenne ich mich in ihr, bloß dass sie nicht die gleichen Charakterzüge hat wie ich.

      Der ältere Mann neben ihr lugte ernst über seine Brille hinweg und in seine Wochenzeitung hinein. Die grauen Haare auf seinem Kopf ließen ihn älter wirken als er eigentlich ist und auch er wurde von der Zeit nicht verschont, da auch seine Haut von Falten geprägt wurde. Die buschigen Augenbrauen, welche er ernst zusammenzieht als wäre ein Beitrag in der Zeitung auch nur ansatzweise interessant, lassen ihn strenger wirken. Ich wusste, es ist nur eine Fassade die mein Vater jeden Tag den Menschen vortäuscht. Dieser Mann ist keineswegs böse und auch die Frau neben ihm, meine Mutter, ist nicht böse auf die Welt gekommen. Die Zeit hat diese beiden Menschen geprägt und nicht immer in das Gute gerückt.

      „Guten Morgen," begrüßte ich meine Eltern und drückte meinem Vater einen Kuss auf die Wange.

      „Morgen Liebes," erwiderte mein Vater, ohne von seiner Zeitung aufzuschauen, da er diese gerade versuchte zu studieren.

Shy. So wie schüchternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt