26. Erst nachdenken, dann sprechen

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I don't chase people anymore. I learned that I'm here and I'm important. I'm not going to run after people to prove that I matter.
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Shy

      Was will er denn hier?

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich meinen Gegenüber an. In seinen blauen Pupillen konnte ich einen wütenden Sturm erkennen und ich befürchte, dass er diesen jeden Moment herauslassen wird. Doch bevor ihm ein Wort entfleuchte, kam ich ihm zuvor.

      „Was machst du hier?" Fragte ich und versuchte die restlichen getrockneten Tränen aus meinem Gesicht zu wischen. Es gibt keinen Grund dafür warum er sehen sollte, dass ich geweint habe. Auch ist es mir peinlich zuzugeben, dass mich diese Situation heruntergezogen hat und ich aus diesem Grund geweint habe.

      Er trat über die Türschwelle und schubste die Tür hinter sich zu. Nun stand er direkt vor mir, doch ich verschränkte meine Arme vor der Brust, denn ein wenig Abstand möchte ich noch immer beibehalten.

      „Wie kannst du über ein Leben urteilen, welches du nicht kennst?" Giftete er mich wütend an und seine Augen begannen zu funkeln als würde es in ihnen blitzen.

      „Lilly geh hoch," flüsterte ich leise zu meiner Schwester gewandt und diese verfolgte tatsächlich meinem Befehl. Lilly muss diesen kleinen Streit nicht mitbekommen.

      „Geh weg Aiden," nuschelte ich, doch trotzdem war meine Stimme fest. Mein Blick wanderte zu seiner Brust, welche sich schwer hob und senkte. Aiden ist in Rage und daran konnte man es erkennen.

      „Mit Sicherheit nicht. Du hast nicht das Recht über mich zu urteilen."

      Wieder spürte ich die Wut in mir aufkochen, so wie im Boxclub vor einer halben Stunde. Er hat recht, ich darf nicht so schlecht über ihn urteilen, doch Aiden hat mich mit seinen Worten verletzt und natürlich muss ich mich dagegen wehren. Leider sind die ersten Wörter die einem einfallen, nicht immer die sinnvollsten.

      „Wie soll ich nicht über dich urteilen Aiden? Ich kenne dich doch kaum. Wenn man immer nur deine kalte Person sieht und rundherum über dich geredet wird, was soll ich dann in dir sehen außer einen verhassten und hässlichen Menschen?" Brüllte ich ihm wütend entgegen. Um sich zu beruhigen fokussierte Aiden einen Punkt über mir. Er sah aus als müssten seine nächsten Worte überlegt und bedacht sein, bevor er diese aussprechen kann.

„Wieso beharrst du so darauf mich kennenzulernen?" Fragte er und rückte noch einen Schritt weiter auf mich zu. Meine Arme stießen an seinen Bauch und erschrocken starrte ich zu ihm hinauf.

„Weil du trotz allem der interessanteste Mensch bist, den ich in meinem Leben je getroffen habe," gab ich ehrlich zu und drückte meine Arme noch ein Stück näher an mich, damit ich mich besser geschützt fühle. Meine Angst galt nicht Aiden, meine Angst galt dem Abstand zwischen uns. Die Nähe von Menschen kann in gewissen Zeiten wie Gift auf mich wirken. Besonders wenn man etwas gesagt oder getan hat, dann möchte ich von diesem Menschen nicht mehr berührt werden. Nie habe ich verstanden, warum mein Körper so reagiert.

Als ich seine Augen musterte, konnte ich mal wieder seinen Blick nicht deuten, denn in seinen Pupillen wütete noch immer ein Chaos. Für dieses Durcheinander seiner Emotionen bin allein ich verantwortlich und in mir wuchs das Gefühl von Schuld. Mein Plan war es nicht seine Gedanken umzuwerfen.

Shy. So wie schüchternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt