fourty five 🌊

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Den ganzen Nachtmittag hatten sie eher schweigend gemeinsam verbracht. Eine Stille, die nicht sonderlich angenehm war und Chan an den Rand seiner eigenen Grenzen brachte. Immerhin hasste er es, wenn man ihn anschwieg. Besonders zu solch einem Thema, auch wenn er gesagt hatte, dass Felix nicht reden brauchte. Jedoch war damit nicht gemeint, dass er ihm gar nicht antworten brauchte, wenn er Felix eine Frage stellte.

Also schwiegen sie einander weiter an, als der Ältere Essen schon längst bestellt hatte und sie währenddessen einen Film ansahen, auf den sich beide nicht wirklich konzentrieren konnten. Felix, weil er mit sich haderte, ob er reden sollte und Chan, weil er dem Brünetten irgendwie helfen wollte, jedoch nicht wusste wie. Und das frustrierte sie beide, sodass die Stimmung zwischen ihnen nicht wirklich besser wurde.

Bis zu einem gewissen Punkt, an dem Felix seinen Kopf auf die Schulter des Älteren legte und im Allgemeinen den Anschein erweckte, als suchte er körperliche Nähe, die er sonst so mied und zu einem gewissen Teil auch fürchtete. Besonders zu solch einem Tag schien es ziemlich seltsam zu sein, weil ihm wieder gezeigt wurde, dass es besser war sich von Menschen fernzuhalten.

Aber Chan half ihm. Wenigstens ein kleiner Gewinn des Ganzes.

„Eigentlich hab ich niemanden mehr...", begann der Jüngere irgendwann und starte auf den Bildschirm des Laptops, der auf Chans Schoß lag. Allmählich kam ihn doch der Mut auf ein wenig zu reden. Die Gefühle endlich loszuwerden, die ihn in diesem Moment belasteten, auch wenn es zugleich ziemlich unwahrscheinlich schien, dass er sie wirklich einfach loswerden konnte.

„Meine Schwester ist vor vier Jahren bei einem Hausbrand ums Leben gekommen. Im prinzipiellen habe ich kaum noch Erinnerungen davon, lediglich die Worte, als sie mich die Treppen runtergestoßen hatte und das Schreien von ihr, als der Dachstuhl zusammenbrach und sie in den Flammen eingekesselt war, halten mich wach. Ich hab Angst zu schlafen, weil ich nicht wieder denselben Traum immer wieder träumen möchte... Meine Eltern sind dann mit mir nach Korea gezogen, um einen Neustart zu machen... Nur wie kann man einen Neustart machen, wenn man mit dem ganzen Kapitel, weswegen man wegzieht, nicht auch nur im Geringsten abgeschlossen hat? Man rennt vor der Realität weg, aber sie wird einen so lang einholen, ehe man sie anfängt zu akzeptieren. Erst dann kann man mit ihr abschließen..." Felix' Stimme war ungewohnt ruhig gewesen. Als er es Hyunjin erzählt hatte, war er in Tränen ausgebrochen. Dieses Mal schien es ihn viel eher kalt zu lassen, als würde er eine Geschichte von einem völlig fremden Menschen erzählen. Nur nicht seine eigene.

„Meine Mutter gibt mir an allem die Schuld. Selbst nach Jahren und natürlich glaub ich daran, weil ich nichts anderes höre... Dabei war es unser jugendlicher Leichtsinn, unsere eigene Dummheit, warum wir die Fenster im Obergeschoss nicht geschlossen haben, sodass wir die Gardinen in Flammen gesetzt haben, als das Lagerfeuer Funken sprühte. Nur wegen diesem einen Fehler ist meine Schwester gestorben und ich wünschte mir bis heute, dass ich derjenige war, der an ihrer Stelle gewesen wäre...

Und mein Vater hat schon seit Jahren eine Herzerkrankung und den vorletzten Schwächeanfall hatte er an dem Tag der Beerdigung meiner Schwester... Danach war nichts mehr passiert und ausgerechnet an dem Tag, wo sie meine Schwester an ihrem Grab besuchen, hat er wieder einen und das war auch sein Letzter...

Mittlerweile hab ich so Angst, dass ich mein achtzehnten Geburtstag nicht mehr erlebe, Chan."

Felix brach am Ende doch in Tränen aus, vergrub sein Gesicht in Chans Halsbeuge, als dieser sein Laptop weggelegt und den Brünetten in den Arm genommen hatte, um ihn Trost zu schenken. Jedoch schien er zu grübeln, als würde sein Kopf irgendetwas aus der Vergangenheit herauskramen wollen, was er mit der ganzen Geschichte in Verbindung brachte. Nur konnte er kein genaues Bild vor seinem inneren Auge erkennen und wenn, war es vollkommen verschwommen.

„Lagerfeuer? Vor vier Jahren? Hast du da in Sydney gewohnt?"

Felix dachte sich nichts dabei, stimmte dem zu. Er war sich ziemlich sicher gewesen, dass man von dem Hausbrand in den Nachrichten erzählt hatte und der Ältere deswegen davon etwas wusste. Jedoch spürte er, wie Chan ihn näher an sich heranzog und selbst eher schwer seufzte.

„Es tut mir so leid, Felix..."

𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt