Den ganzen Tag hatten die beiden Australier nicht mehr miteinander geredet, schwiegen sich regelrecht an und diese Stille schien noch so ohrenbetäubend zu sein, dass sich Felix ziemlich schnell ins Bett gelegt hatte, um dem Tag zu entfliehen. Er war verwirrt, mehr als das und zugleich wusste er eben auch nicht, ob er dazu irgendetwas sagen sollte oder warten musste, ehe sich Chan zu Wort meldete und ihm die ganze Sache erklärte. Wobei eine Erklärung eher schwachsinnig war, wenn er Felix bisher die ganze Zeit aus seinen Erinnerungen verdrängt hatte. So wie es aussah, hatte dieser wegen ihm eine schwere Zeit durchgemacht und deswegen konnte der Brünette auch an nichts anderes denken. Er fühlte sich schuldig, obwohl er sich nicht einmal erinnern kann, wofür er dies überhaupt war. Es war wie eine Anschuldigung, die er zunächst gehört hatte, keinesfalls glaubwürdig fand und je mehr er darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher schien es für ihn am Ende doch zu sein. Er glaubte es und sah sich als den Schuldigen, der Chan Unrecht getan hatte. Er hatte ihn verletzt, obwohl er dies keinesfalls wollte. Immerhin meinte es der Ältere bisher immer gut mit ihm, auch wenn er manchmal ein bisschen blind war, aber das machte ihm keinesfalls zu einem schlechten Menschen. Und in der Vergangenheit würde er wohl genauso gewesen sein, wenn sich Felix darin irgendwie erinnern konnte.
„Ich versuch mich die ganze Zeit daran zu erinnern, aber ich kann nicht... Ich hab' keine Bilder vor meinem inneren Auge... Keine Erinnerung, die ich dir mitteilen könnte... Es tut mir leid, Felix."
Chans Stimme war ein leises, verzweifeltes Hauchen, als er sich auf den Rücken gelegt hatte und in der Dunkelheit an die Decke starrte, um ansatzweise ein klares Bild vor Augen zu haben. Doch alles, was er erkannte, war die dunkle Schwärze um ihn herum, die ihn regelrecht auffraß und ihn zu einem leisen Schluchzen brachte. Es fühlte sich grausam an, wenn man Dinge so lang verdrängte, dass sie einem nicht mehr einfallen wollten. Natürlich war sich Chan bewusst gewesen, dass es keineswegs schöne Bilder waren, die in seinem Kopf verschwunden waren, aber für Felix wäre ihm dies wert gewesen. Nur war da eben nichts.
„Manchmal tut das Gehirn Dinge, um einen zu schützen. Es ist keineswegs deine Schuld, dass du mich aus deinem Gedächtnis gelöscht hast... Es ist manchmal das Beste, sich an gewisse Dinge nicht mehr zu erinnern, weil sie so sehr wehtun, dass man den Schmerz nicht mehr ertragen kann..." In Felix' Augen bildeten sich Tränen, als er sich auf die Seite drehte und mit dem Kissen spielte, an diesem zupfte, um seine Nervosität loszuwerden. Die Umrisse des Älteren konnte er gerade so erkennen. Besser gesagt waren es nur seine Haare, die wie ein Schatten aussahen. „Ich hab eigentlich keine Erinnerungen mehr an Australien, wenn ich ehrlich bin. Ich kann mich nur noch daran erinnern, wie wir dieses Feuer damals gemacht haben, aber an keines der Gesichter kann ich mich erinnern, die dort waren... Manchmal kommt es mir so vor, als hätte ich das alles geträumt, aber keinesfalls erlebt... Es kommt mir so surreal vor, als hätte ich niemals Rachel als meine Schwester gehabt. Als existiert sie nur in meiner Fantasie und gleichzeitig weiß ich nicht mehr, wie sie tatsächlich ausgehen hat. Wenn ich von ihr träume, wird ihr Gesicht immer verschwommener, als hätte ich vergessen, wie sie aussieht. Obwohl es Bilder gibt..."
Immer mehr Tränen rannen Felix die Wangen herunter und so langsam fühlte er sich wirklich erbärmlich, dass er weinte. Er wollte Chan helfen, ihm seine Gedanken nehmen und doch warf er sich selbst dabei ins tiefe Wasser und ertrank an der Realität. Sie tat weh und zugleich tat es irgendwie gut, dass er darüber sprach. Dadurch fühlte er sich nicht ganz so allein mit seinem Problem, welches er bisher nie wirklich angesprochen hatte, weil er sie viel eher seltsam fand. Wer vergaß schon, den Großteil seiner Vergangenheit und das Aussehen seiner Schwester? Die Frage hatte Felix immer abgehalten darüber zu sprechen, obwohl er im generellen lieber geschwiegen hatte, anstatt darüber mit jemanden zu reden.
Felix' Sicht war so verschwommen gewesen, dass er nicht einmal mehr erkannte, wie Chan zu ihm ins Bett kam und ihn in die Arme schloss, ihm Trost schenkte. Sagen, tat er allerdings nichts, denn auch ihm flossen still die Tränen die Wangen herunter. Und manchmal braucht es nicht unbedingt Worte, um jemanden zu helfen. Schließlich war es das erste Mal, dass sie einander zum ersten Mal einander wirklichen Halt gaben, ohne dass sich der jeweils andere zurückzog, weil es ihm zu viel wurde.
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Da ich heute Drown offline beendet habe, gibt es eine kleine Lesenacht :3
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𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIX
Fiksi Penggemar"Stille Wasser sind tief." - Doch Felix ertrinkt an seinen Gefühlen, während Chan von all dem nichts mitbekommt. Ein einfacher Strandurlaub sorgt dafür, dass Felix seine erste, richtige Freundschaft nach langer Zeit aufbaut. Doch, dass diese Freunds...