eleven 🌊

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"Ich wollte dich nicht wecken, tut mir leid, Channie. Schlaf weiter, wenn du kannst und-"
"Du stapfst nicht grundlos einfach so ins Zimmer, als wäre etwas Schreckliches passiert." Der Australier kannte seine Freunde besonders gut und Seungmin war defintiv niemand gewesen, der wie ein wild gewordener das Zimmer betrat, ohne einen Grund dafür zu haben. Das war eher etwas, was er dem Blonden zutrauen würde. Daher wunderte ihn das Verhalten seines Freundes umso mehr, sodass er sich mit einem leisen Stöhnen aus seinem Bett quälte, sich einmal ausgiebig streckte und ihn dann musterte, damit er mit der Sprache herausrückte.

"Ich hab Felix gesucht... Irgendwie wird er gezwungen hier zu sein, was sein Verhalten ein bisschen rechtfertigt." Resigniert nickte Chan, aber zuckte dann mit den Schultern, als würde es ihn nicht sonderlich interessieren. Irgendwie hatte der Schwarzhaarige damit gerechnet und doch verstand er nicht, wie man derartig abgeneigt sein konnte. Hier war es schön, idyllisch und es erinnerte ihn an Australien. Jedenfalls ein klein wenig. Und das war Grund genug, um glücklich zu sein. Aber Menschen waren eben verschieden und in Chans Augen musste Felix ein Mensch sein, der entweder länger braucht, damit ihm Dinge gefielen oder er zeigte seine Freude nicht so sehr, wie es die meisten anderen Menschen taten.

"Ich hab irgendwie das Gefühl, dass es Felix nicht so gut geht... Seine Reaktion war eindeutig beim Essen und dass er anscheinend Schlaftabletten nimmt, passt ja auch, dass er irgendwelche Sachen verarbeiten muss..."
"Du steigerst dich einfach in etwas herein.", seufzte Chan, schüttelte dabei seinen Kopf. Seine Aussage war naiv und so gut kannte er Felix nicht, um das zu beurteilen. Aber in seinen Augen war er einfach nur zurückhaltend. Nicht mehr und nicht weniger. "Am Ende kennen wir ihn alle nicht, aber wir können versuchen ihn kennenzulernen und seinen Urlaub ein wenig angenehmer zu gestalten."

Und das versuchten die drei Freunde. Schließlich hatten sie ihm auch heute angeboten, dass er etwas mit ihnen unternehmen konnte, als sie ihn gefunden hatten, versuchten ihn in ihre Gespräche mit einzubeziehen und wollten ihn als Zimmergenossen willkommen heißen. Aber jegliche Versuche scheiterten. Selbst Chan hatte versucht mit ihm zu reden, denn Felix ging oft mitten in der Nacht raus, um sich einen freien Kopf zu verschaffen, setzte sich dabei immer an dieselbe Stelle und schaute gespannt dem Wellengang zu.

Nur wäre heute der Tag gewesen, da wäre Felix abgefahren und konnte sein tolles, trostloses Leben leben, von dem er genug hatte. Stattdessen war er noch immer hier und wünschte sich nichts mehr, als wieder in seinem Zimmer zu sein. Mit seinen Eltern sprach er kein Wort mehr und blockte die ganzen Versuche von ihnen heute ab. Er war sauer auf sie. Mehr als das und gleichzeitig fühlte er sich hilflos. Noch mehr, als er es sonst war. Aber diesmal nicht nur, weil er nicht wusste, was er mit seinem Leben anfangen sollte.

"Du scheinst eine ziemliche Nachteule zu sein."

Chan hatte ein Lächeln auf seinen Lippen, so wie immer und auf Felix hatte es immer die gleiche Wirkung; gar keine. Nein, er sah ihn einfach nur an, wie der Ältere sich neben ihn setzte, so wie er es jede Nacht tat. Zwar empfand er es nicht als störend, aber er viel lieber wollte er allein sein. Denn das war er ohnehin gewesen und nur weil Chan jetzt da war, ihn immer verfolgte, ließ es das Gefühl nicht weniger werden. Im Gegenteil. Man konnte auch unter Menschen allein sein.

"Ist die einzige Zeit, die genau das widerspiegelt, was ich fühle."

Die Aussage brachte Chan zum Grübeln und zugleich verletzte es ihn, da Felix seine Worte eher kurz hielt, sie jederzeit kühl klangen und ihn für einen kurzen Moment denken ließ, dass er etwas Falsches gesagt hatte. Nur was war an seinem Satz falsch gewesen, dass man ihm so antwortete?

"Vergiss was ich sagte. War nur dumm daher gesagt und nicht wirklich ernst gemeint."
"Verstehe..."

Aber Worte konnte man nie zurücknehmen. Wenn sie falsch gewählt waren, konnten sie einige Menschen nicht einfach so in Ruhe lassen. Es beschäftigte einen so lang, bis ihnen eine Erklärung gegeben wurde oder bis sie es verstanden. Chan war allerdings jemand, der hatte nie wirklich viel mit Menschen, wie Felix, zutun gehabt. Er kannte die Gedanken nicht, die sie hatten und die Gründe, wieso sie das dachten. Und das war wohl auch der Grund, warum er nicht verstehen konnte, wieso sich Felix so verhielt und suchte dementsprechend nach den simpelsten Gründen, warum er so war.

Dass hinter Felix' ganzem Verhalten ein jahrelanges Leiden steckte, konnte sich Chan zu dem Zeitpunkt schlichtweg nicht ausmalen.

𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt