seventy three 🌊

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Langsam, aber sich brummte nun auch Chans Kopf, weil er nicht mehr wusste, wohin mit seinen Nerven. Eigentlich hatte er nicht noch einmal vorgehabt ins Krankenhaus zu fahren. Der heutige Tag hatte ihm dementsprechend ausgereicht, aber er wusste nicht, wie er mit seinem Freund umgehen sollte und was der Auslöser für seine Gefühle waren. Sie glichen einer Panikattacke, doch waren die Anzeichen anders, als er es sonst von anderen kannte und je länger er gegen die weiße, kahle Wand schaute, in der Hoffnung, dass er jeden Moment etwas über Felix' Zustand wissen würde, umso mehr driftete er aber auch in seine Gedanken ab.

Nur waren es keineswegs schöne Gedanken, sondern Bilder, die er erst einmal nicht zuordnen konnte, weil er zu ihnen keinen Bezug hatte. Es kam ihm so vor, als hätte er schon einmal darauf gewartet, dass mehr über Felix' Zustand wissen würde und je länger er so saß und ihm dieser Gedanke kam, umso mehr Verknüpfung machte sein Hirn. Nach und nach sah er Bilder, wie er in ein brennendes Haus ging, suchend nach Felix und dessen Schwester. Einige seiner Freunde hatten sich den weinenden Jungen geschnappt, sodass Chan selbst nach dem bewusstlosen Körper, der unter Deckenplatten begraben war, griff und gerade im letzten Moment hatte retten können. Denn kaum hielt er Rachel in seinen Armen, fiel erneut etwas von der Decke und ließ ihn fürchterlich zusammenzucken. Chan fühlte, wie schwer ihm das Atmen fiel und ihm kurzzeitig sogar schwindlig wurde, als er erst einmal anfing zu husten, in der Hoffnung, dass er die unreine Luft damit verabschieden konnte, als er wieder draußen war. Nur brannten noch immer seine Lungen und er fing an das Gefühl zu ignorieren. Es war ihm egal, wie es ihm selbst ging, hauptsache seine Hilfe kam nicht zu spät und somit versuchte er Rachel erste Hilfe zu leisten, deren Atem sehr flach war und Chan beinahe selbst anfing zu heulen.

Er wusste, dass Felix' Blick auf ihm lag, doch sagte er nichts und irgendwie schien die ganze Situation so surreal zu sein, dass er sich an den Großteil davon nicht mehr erinnern konnte, was er alles getan und probiert hatte. Doch eines war ihm im Kopf geblieben und drückten ihm in diesem Moment die Tränen aus den Augen:

„Channie, werde ich sterben?"

Somit war der Schwarzhaarige wieder zurück in der Realität, so wie seine Erinnerungen. Eigentlich hätte er froh darüber sein können, dass er sie wiederhatte. Doch schienen sie ihm zu solch einem Moment eher eine Belastung zu sein. Er hatte keinerlei Ahnung, was er tun sollte, denn eigentlich ging es ihm ja gut. Körperlich zumindest, aber seine Psyche schmerzte in diesem Augenblick. Sie schmerzte so sehr, dass er nachvollziehen konnte, wieso seine Erinnerungen eigentlich verschwanden.

„Du wirst nicht sterben, Lix... Das werde ich nicht zu lassen..." Stumm rannte ihm eine Träne seine Wange herunter und spürte, wie die Leere in ihm aufkam. Er fühlte sich plötzlich so verloren, obwohl er eigentlich immer positiv auf Dinge blickte. Gerade hatte er aber das Gefühl, dass er alles verlieren würde, was ihm etwas bedeutete. Seine Schwester würde nicht mehr lang leben, somit wäre seine Zukunft viel eher hinfällig und sein Ziel war kein wirkliches Ziel mehr. Die Ungewissheit, was mit Felix war, brachte ihn zu diesem Moment um und eigentlich hätte er panisch sein müssen. Dabei war er viel eher viel zu ruhig, weil er im Hinterkopf hatte, dass er am Ende nicht wirklich etwas daran ändern konnte. Egal, was er sich für einen Kopf machte, am Ende hatte er keinerlei Kontrolle darüber und besonders den Tod konnte er nicht kontrollieren. Wenn jemand starb, denn konnte man es nie wieder rückgängig machen.

Und doch wusste er, dass Felix keinesfalls sterben würde.
Das wusste er schon damals und sein Gefühl würde ihn kein zweites Mal trügen.

𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt