Nachdem Felix sich beruhigt und seine Tasche gepackt hatte, hielt er es für wichtig, dass er noch einmal durch die ganzen Zimmer ging, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich nicht hier war. Und auch bei der Durchsuchung fand er sie nicht, was ihm zwar einen Stich ins Herz versetzte, aber ändern konnte er es allemal nicht. Als die beiden das Elternschlafzimmer betreten hatten, sackte das Herz des Jüngeren doch in die Hose. Die Schränke waren aufgerissen, der Raum schien unordentlicher zu sein, als es sonst der Fall war. Nicht, dass das Zimmer im Moment einem totalen Chaos glich, das tat es gewiss nicht, aber Felix spürte, dass etwas anders war, als er es sonst gewohnt war.
Während seine Augen den Raum ganz genau abscannten, um herauszufinden, wieso hier etwas anders war, tat er kleine, noch so winzige Schritte hinein, weil er ziemlich ungern in der Privatsphäre von anderen herumschnüffelte. Besonders in die seiner Eltern, auch wenn er mit ihnen unter einem Dach lebte und es keine allzu großen Geheimnisse gab. Könnte man jedenfalls meinen.
„Irgendetwas stimmt hier nicht.", seufzte er und warf einen genauen Blick in den Kleiderschrank, der totale Leere zeigte. Und somit fügte sich das Bild, als er die Schrankseite seines verstorbenen Vaters gar panisch öffnete und bei der alles aussah, als wäre es beim Alten. Ein erneuter Knoten in seinem Hals und eigentlich traute er sich seine Erkenntnis nicht preiszugeben, weil es ihn viel eher verletzen würde.
„Sie ist weg", stellte nun auch Chan fest, der Felix dabei zusah, wie er in den anderen Schränken nachsah, als würde er nicht glauben wollen, dass dies wirklich passierte. Manchmal hatte sich der Jüngere wirklich gewünscht, dass seine Mutter einfach verschwinden würde und er sie nie wieder sehen musste, aber gerade tat es ihm mehr als nur weh, dass er ziemlich schnell einfach nur seinen Kopf schüttelte und inständig hoffte, dass es sich hierbei um ein Missverständnis handelte. Dass er ein wichtiges Detail übersehen hatte, die die ganze Sache kippte und ein ganz anderes Licht warf. Dass er zu sehr darüber nachdachte, es gar nicht so war, wie er dachte, obwohl es doch so eindeutig erschien. „Du bist frei..."
Dabei fühlte sich Felix alles andere als das. Zwar war er geflüchtet und die Tage waren nicht gerade die Positivsten, die er sich hätte wünschen können, aber sie waren allemal besser gewesen, als in Angst zu leben, dass er wieder verletzt wurde. Körperlich. Psychisch. Und doch fühlte es sich so unecht an und in ihm stieg die Angst auf, dass er nicht allein zurechtkam, obwohl er Chan hatte. Für ewig konnte er aber nicht bei ihm bleiben. Vor allem nicht ohne Geld. Während der Schule müsste er sich einen Job suchen, eine eigene Wohnung finden und vor allem musste er verstehen, wie das Leben funktionierte. Nicht, dass er vollkommen unerfahren war. Doch hatte er sich immer in seiner eigenen, kleinen Welt versteckt, in die niemand so einfach eindringen konnte. So war er schon immer gewesen, auch als Rachel noch lebte. Geredet hatte er nie viel und unter den ganzen Menschen fühlte er sich sogar wie ein Alien, welches keinerlei Ahnung hatte, wie Menschen funktionieren. Lediglich der Tod seiner Schwester hatte dieses Gefühl verstärkt, weil sie diejenige war, die an ihn herankam.
„Ich schaffe es nicht zu leben...", wimmerte Felix und hatte sich auf seine Knie fallenlassen, als er die Hoffnung aufgegeben hatte, dass er etwas falsch verstand. Tatsächlich hatte er es auf Anhieb richtig verstanden und das zerstörte ihn. Er fühlte sich so, als wäre ihm alles auf einmal entrissen worden. Als hätte er rein gar nichts mehr, was ihn hätte stützen können. Außer Chan und auch er würde Felix irgendwann verlassen müssen. Auf welche Art auch immer. Und dieser Gedanke ließ ihn umso mehr zweifeln. Jetzt hatte er keine Angst mehr, dass seine Mutter ihn verletzte, dafür hatte er auf einmal extrem große Zukunftsängste und er wusste nicht, wie er plötzlich einfach so auf eigenen Beinen stehen sollte. Ob er dies überhaupt konnte und ob es nicht sogar für ihn unmöglich war.
„Doch, das wirst du, Felix. Du hast mich, du hast Hyunjin und auch Seungmin... Und wir lassen dich nicht im Stich. Vor allem jetzt nicht und auch nicht in Zukunft, okay? Du kannst auf uns zählen."
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𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIX
Fanfic"Stille Wasser sind tief." - Doch Felix ertrinkt an seinen Gefühlen, während Chan von all dem nichts mitbekommt. Ein einfacher Strandurlaub sorgt dafür, dass Felix seine erste, richtige Freundschaft nach langer Zeit aufbaut. Doch, dass diese Freunds...