fifty eight 🌊

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„Vielleicht sollte ich wieder nach Hause gehen?", warf Felix unachtsam in den Raum, brachte den Älteren dazu, dass er sich augenblicklich zu diesem umdrehte und seine Arbeit am Laptop für einen kurzen Moment pausierte. Die Worte brachten ihm Schrecken, ein wenig fühlte es sich sogar so an, als würde es eine Art Abschied sein, obwohl niemand so etwas in dieser Richtung gesagt hatte. Allein die Vorstellung, dass Felix wieder bei seiner Mutter sein würde, die keine sonderlich guten Absichten mit ihm hatte, ließ Chan im Gedanken schwelgen, dass er ihn nie wiedersehen würde, wenn er ihn hier und jetzt gehen lassen würde. „Ich war jetzt fünf Tage bei dir und du musst langsam keine Lust mehr auf mich haben... Vielleicht sollte ich morgen nach der Schule einfach zurück."

Daraufhin herrschte eine Stille, in der Chan keineswegs wusste, was er darauf antworten sollte. Die Worte schienen nur stumpf immer wieder in seine Ohren zu hallen. Solang bis er endlich das Wort ergreifen konnte.

„Um dir Wechselsachen zu holen? Natürlich begleite ich dabei..." Ein Grinsen lag dabei auf Chans Lippen, während Felix vor Scham rotanlief und erst einmal schlucken musste. Keineswegs hatte er damit gerechnet, dass der Ältere überhaupt wollte, dass er weiterhin bei ihm bleiben sollte. Er hatte eigentlich mit allem gerechnet, außer dass Chan auf so eine charmante Art und Weise die ganze Sache einfach so beschlossen hatte und auch kein Nein nur im Ansatz in Erwägung zog.

„Bin ich dir wirklich nicht zu viel? Immerhin steht etwas zwischen uns, dir ging es wegen mir schlecht und-"
„Es ist alles in Ordnung. Ich kann ruhig schlafen, wenn du bei mir bist. Anders wäre es, wenn du wieder zurück zu deiner Mutter gehen würdest. Bei ihr bin ich mir nämlich nicht so sicher, ob ich dich überhaupt am nächsten Tag wieder lebendig zu Gesicht bekomme." Auch wenn es nicht der passende Moment war darüber zu schmunzeln, tat Chan genau das. Jedoch nicht wegen der Anschuldigung gegen über Felix' Mutter, sondern der Tatsache, dass er wegen ihm wieder ruhiger schlief. Irgendwie hatte er es vermisst, zu wissen, dass jemand in seiner Nähe war, mit dem er auch in der Nacht reden konnte, wenn sein Hirn wieder vor Sorge überquoll, weil er nicht wusste, wohin mit den ganzen Sorgen, die er niemanden bisher anvertraut hatte. Besonders die, die um seine Schwester handelten. Ständig darüber nachzudenken, ob er sie verlieren würde, weil ihre Werte wieder einmal in den Keller wanderten und jegliche Therapiemöglichkeit nicht mehr wirklich half, war eine Zerreißprobe für ihn. Und dann kam da noch die extreme Zukunftsangst, dass er sein Studium am Ende doch nicht schaffen würde, nichts hatte, worauf er seine Zukunft aufbauen konnte. Auch wenn er sich noch so sehr anstrengte und alles tat, damit alles glatt lief. Das Leben war eben keine Einbahnstraße, noch ebenerdig. Sie war eine Berg- und Talfahrt und vor allem kurvig. Und manche Kurven konnten einen ziemlich aus dem Leben werfen. Vor allem dann, wenn man nicht damit rechnete.

„Du musst nicht so direkt sein. Ein einfaches Nein hätte auch gereicht und ich wäre wohl trotzdem bei dir geblieben.", murmelte Felix leise vor sich hin, seufzte und legte sein Kinn auf seine Knie. Nervös kaute er auf der Innenseite seiner Wange herum und wollte seine Gedanken damit loswerden. Schon seit Tagen hatte er damit gespielt, dass er zusammen mit Chan zu seiner Schwester gehen würde. Auch wenn sie nicht groß miteinanderreden könnten. Aber irgendwie fühlte es sich auch richtig an, wenn er dies mit dem Älteren tat und es würde auch das erste Mal sein, dass er das Grab seiner Schwester besuchte. Es war fair gewesen, denn nach Hannahs Erzählungen schien es so zu sein, dass auch Chan die große Schwester von Felix kannte. Vielleicht würde es ihnen beiden auf die Sprünge helfen ihre Erinnerungen wieder zurückzubringen. Auch wenn die Chance hierfür noch so klein erschien.

„Ich freu mich einfach nur dich wiedergefunden zu haben und jetzt bin ich besonders achtsam, dass ich dich kein zweites Mal verliere."

𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt