Nach einer Woche, die vergangen war, hatte sich niemand von ihnen bei Felix gemeldet, als wäre alles nur ein Traum gewesen, aus dem er aufgewacht war. Seine noch so dunkle Welt hatte ihn eingeholt und jeder Tag fühlte sich umso quälender an, weil er wusste, dass das neue Schuljahr anstand. Wieder dieser immense Druck, den er nicht standhalten konnte, die Erwartungen seiner Eltern, die er sowieso nicht erfüllen konnte und seine Träume, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt waren, weil aus ihm nie etwas Großes werden würde. Das wusste er, sehr gut sogar.
"Ich wusste sofort, dass keiner von ihnen es mit mir ernst meint.", seufzte Felix und ließ sein Handy aus den Händen gleiten, während seine Mutter ihn besorgt musterte. Bis heute hatten seine Eltern den Vorfall totgeschwiegen, weil es keiner der Beiden wirklich wahrhaben wollte. Der Schock lag zu tief und doch hatte sich der Australier damit abgefunden, dass seine Narben, sowie seine Vergangenheit seither nie erwähnt wurden. Gleichzeitig zeigte ihm dies, dass keiner von ihnen sich wirklich um ihn kümmerte. Also würde er weiter still vor sich hinleiden.
"Wir besuchen morgen Rachel, möchtest du mitkommen?" Zwischen ihnen herrschte Stille. Obwohl der Brünette etwas erwidern wollte, konnte er es nicht, weil ihm wieder einmal die Erinnerungen überkamen. Jedesmal drehte es ihm den Magen um, wenn er auch nur den Namen seiner Schwester hörte. Die Bilder schossen ihm von damals noch in den Kopf und für einen kleinen Moment, dachte er, er würde wieder von diesem brennenden, stinkenden Feuer umgeben sein, während er die verzweifelten Schreie seiner Schwester hörte. Nie hatte er darüber reden können, weil er die Vergangenheit nie in Worte fassen konnte. Die schlaflosen Nächte die ihn plagten, sowie die Albträume, die auf ihn lauerten.
Stumm schüttelte Felix den Kopf, verspürte vollkommene Reue. Seit vier Jahren konnte er sie nicht besuchen, weil ihn das schlechte Gewissen plagte. Er hatte nicht das Recht, sie zu besuchen, das hatte er sich lang genug eingeredet, bis er diesen unsinnigen Fakt glaubte. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass diese Annahme falsch war, dass er schon längst zu ihr hätte sollen, um mit ihr reden zu können, um sich für all das zu entschuldigen. Das tat er allerdings nicht. Viel eher litt er weiter still und heimlich und tat so, als wäre alles in Ordnung. Aber bis heute würde er das wohl nie hinbekommen, vor allem nicht am ersten Schultag, was für ihn schon nervenaufreibend genug war.
"Es werden fünf Jahre, Felix. Meinst du nicht, dass es langsam Zeit wird? Immerhin ist sie deine Schwester..." Wieder schüttelte er mit seinem Kopf und dann wurde die Haustür geöffnet, sein Vater betrat nach wenigen Minuten die Küche und merkte, dass etwas nicht stimmte. Wie so oft, schwieg der alte Mann, ließ seine Augen über die Situation schweifen. So wie Felix, war sein Vater jemand, der viel eher schwieg, der nur etwas sagte, wenn es wirklich nötig war und der versuchte, Felix vieles recht zu machen. Aber es war schon schwer genug seine Frau zu bremsen, wenn sie sich wieder einmal aufregte und oft wusste er nicht so recht, wie er seinem Sohn anderweitig helfen konnte.
"Sag du auch was! Felix möchte mal wieder nicht zu Rachel!"
Schon fühlte sich der Brünette als ein Fehler, während ihn niemand verstehen wollte. Immer nur hieß es, dass er nicht mitkommen wollte, aber nie wurde hinterfragte, wieso er das nicht tat. Wieso er sich nach über vier Jahren versteckte, versuchte, der Situation zu entgehen, die schon längst fällig war. Vielleicht hatte er auch einfach Angst vor der Reaktion, die er von sich hatte, welche er bis heute nicht einschätzen konnte. Immerhin dachte er bis heute, dass das alles seine Schuld war. Dass es sein Fehler war, weswegen sein Leben nun so verlief. Vielleicht hätte er die Decke ihr einfach wegschlagen sollen, damit sie sie selbst benutzen konnte. Dann wäre alles anders gekommen und bestimmt wäre er jetzt an Rachels Stelle und müsste nicht mehr leiden.
"Felix wird seinen Grund haben, wieso er das nicht möchte. Du bist immer noch nicht die Einzige, die darunter leidet." Damit hatte sein Vater nur mehr als recht, woraufhin Felix gar fluchtartig den Raum verließ und sich in seinem Zimmer einschloss. Er hatte genug von all dem. Genug von diesen ständigen Streitereien seiner Eltern, genug von den ständigen Schuldzuweisungen und Erwartungen und vor allem genug von seinem Leben, welches er nie wollte.
Er hatte einfach genug.
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𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIX
Fanfiction"Stille Wasser sind tief." - Doch Felix ertrinkt an seinen Gefühlen, während Chan von all dem nichts mitbekommt. Ein einfacher Strandurlaub sorgt dafür, dass Felix seine erste, richtige Freundschaft nach langer Zeit aufbaut. Doch, dass diese Freunds...