fourty seven 🌊

591 47 5
                                    

Der nächste Tag war angebrochen. Während Chan kein einziges Auge zu machen konnte, fühlte er sich dementsprechend auch überfahren und hatte eine sehr lange Zeit damit zu gebracht, Felix zu beruhigen, damit er wieder einschlief, womit er noch nicht einmal wirklich gerechnet hatte. Somit fühlte sich Felix wenigstens körperlich ziemlich fit, auch wenn sein Geist total entkräftet war von den Strapazen der letzten Tage und Wochen, sodass er nicht einmal wusste, wo ihm der Kopf stand. Keinesfalls war er aber überfordert und wenn, hatte er sich viel eher an dieses Gefühl gewöhnt, sodass er seine eigene Überforderung nicht einmal erkannte.

Jedoch war Felix verwundert, als er erkannte, was der Ältere sich für eine Mühe gemacht hatte. Denn Chan hatte Waffeln gebacken, auch wenn der Jüngere keinen wirklichen Hunger hatte und gestern  ein einziges Pizzastück herunterbekommen hatte, während er die ganze Zeit dachte, dass er sich gleich übergeben musste, weil ihn die ganze Sache so auf den Magen schlug. Jedoch aß er in letzter Zeit sehr unregelmäßig und dementsprechend konnte er sich nicht einmal daran erinnern, wann er in seinem Leben das letzte Mal Frühstück gegessen hatte. Ganz zu schweigen davon, dass er nur kleine Portionen zu sich nahm, die die eines Kindes glichen, weswegen Felix auch ziemlich zierlich war, auch wenn er sonst in seinen Hoodie ständig versank.

„Ich hab Frühstück gemacht.", meinte Chan, als er merkte, wie der Jüngere etwas perplex das Essen betrachtete. Für Chan war es keinesfalls etwas Großes gewesen, zumal ihm sowieso langweilig war und er Felix auch eine kleine Freude machen wollte. Doch der Brünette sah das Bild vor sich etwas wehleidig an. Als er noch in Australien gelebt hatte, hatten sie als Familie immer gemeinsam Frühstück und Abendessen gegessen. Oft hatte seine Mutter auch Waffeln, Pancakes oder andere Dinge gemacht. Seitdem Rachel aber gestorben war, flachte dieses kleine Ritual ab. Die Familie war mehr oder weniger in zwei gespalten, während sich Felix keinesfalls mehr als ein Teil der Familie fühlte. Sondern viel eher als das ungewollte Kind, welches besser hätte sterben sollen. Natürlich versuchte sein Vater die Stimmung zu retten. Nur konnte man nichts reparieren, was immer wieder zusammenbrach. Es würde nie wie vorher sein, sondern immer kaputt, anstatt ganz. Und das würde Felix' Familie am besten beschreiben: Sie war irreversibel zerstört.

„Meine Mutter hat immer Waffeln gemacht, als wir in Australien gewohnt haben.", merkte der Brünette an, hatte seinen Blick noch immer auf dem Essen. Einerseits sträubte er sich dies zu essen, weil es negative Gefühle in ihm weckte. Andererseits war es unfair, weil Chan sich so eine Mühe gegeben hatte und es wäre auch Essensverschwendung, wenn er nichts davon aß.

„Ach so... Hätte ich es eher gewusst, hätte ich etwas anders gemacht..." Felix schüttelte seinen Kopf und atmete einmal tief durch, um einen kühlen Kopf zu bewahren. Am liebsten hätte er geweint, aber es wäre viel eher affig gewesen, als dass es ihm wirklich geholfen hätte. Dadurch wäre die Vergangenheit auch nicht wiederzurückgekommen und die Gegenwart heilgemacht.

„Ist schon okay... Mach dir keinen Kopf, Chan."

Doch war es wirklich so okay, wie es Felix vorgab? Immerhin wurde er mit seiner Vergangenheit mehr oder weniger konfrontiert, die er sich zurückwünschte und es tat ihm eben auch weh, dass es nie wieder so sein würde, wie es damals der Fall war. Keineswegs war es aber Chans Schuld, weil er es nicht wissen konnte.

„Du musst es nicht essen, wenn du nicht willst... Ich wollte dir nur eine kleine Freude bereiten... Die mir wohl nicht ganz so gelungen ist." Mit weiteren Worten wurde die Stimme des Älteren immer leiser, bis er seine Lippen festaufeinander presste und zu Boden sah. Wiederum brachte dies Felix zu einem kleinen, noch so unauffälligen Schmunzeln, dass man nicht einmal meinen könnte, seine Mundwinkel wären nach oben gezuckt. Doch spürte es der Jüngere und am liebsten hätte er Chan ein aufmunterndes, dankbares Lächeln geschenkt, wenn er die Kraft dazu gehabt hätte.

„Es ist wirklich okay. Ich freu mich wirklich, dass du dir so eine Mühe gegeben hast... Auch wenn meine Reaktionen nicht unbedingt die sind, die man sich erhofft."

𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt