twenty 🌊

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Weitere Tage vergingen, in denen Felix zwanghaft versuchte jeglicher Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, seine Eltern zu sehen. Eher hatte er sich den Aktivitäten seiner Mitbewohner angeschlossen und war sichtlich traurig darüber, dass es nur noch zwei Tage waren, die er mit ihnen verbringen konnte. Denn dann würden sie alle abreisen und kehrten in ihre alten Leben zurück. Felix war ziemlich wehleidig darüber, auch wenn er sich das nicht so ganz eingestehen konnte. Er hatte sich daran gewöhnt, dass er mitten in der Nacht von Chan verfolgt wurde, sich an ihrem Platz unterhielten und sogar lachten. Ja, Felix konnte mittlerweile wieder lachen, auch wenn es nur halbherzig war. Manchmal auch gezwungen, damit sich der Ältere nicht um ihn sorgte.

Er würde sie alle irgendwie vermissen, aber besonders würde er die Zeit vermissen, in der er sich freier als sonst fühlte. In der die Jungs ein Platz in seinen Herz eingenommen hatten und doch würde dieser wieder leer werden. Als wäre er nie gefüllt gewesen.

Selbst die Narben, die seine Arme zierten, blieben von ihnen unbemerkt. Vielleicht hatte er das Hyunjin zu verdanken, vielleicht hatte sie auch niemand wirklich wahrgenommen. Er wusste es nicht und es war auch besser so, wenn er darüber nicht groß nachdachte, denn sonst würde sein Kopf wieder aus einer Mücke einen riesigen Elefanten machen. Die Narben waren dabei zu verblassen und dementsprechend würde sie nicht jeder sehen können. Jedenfalls hoffte es Felix.

"Heute machen die wieder ein Lagerfeuer. Was haltet ihr davon, wenn wir hingehen? Das letzte Mal konnten wir schon nicht hin!" Aufgeregt warf Seungmin einen Blick durch die Runde und bekam zum Großteil nur an Zuspruch. Der Einzige, der sich wieder einmal zurückhielt, war Felix gewesen, der sich viel eher mitschleppen ließ, als dass er etwas mitbestimmte. Ihm war es gleich gewesen. Hauptsache er war nicht allein mit seinen Gedanken in einen Raum gesperrt, denn ihm fiel auf, dass es eine super Ablenkung war, ihnen dadurch zu entkommen. Dadurch verdrängte Felix seine Probleme, auch wenn Verdrängung nie etwas Gutes war. Denn dadurch stauten sich nur die Gefühle an einer Mauer an, die durch den ganzen Ballast irgendwann zum Einsturz kam und somit ein riesiges Unheil anrichten konnten. Aber anders konnte Felix nicht damit umgehen.

"Das ist so romantisch!", schwärmte Hyunjin und klammerte sich freudestrahlend an den Arm seines Freundes. Der Blonde liebte es das ganze kitschige Zeug zu machen, während Seungmin dies oft vermeiden wollte und ein Lagerfeuer war nun nicht unbedingt das Erste, was er mit Romantik verband. Viel eher war es für ihn eine Gelegenheit mit Menschen in Kontakt zu kommen und dadurch neue Freundschaften schließen zu können. Letztlich kommentierte der Rothaarige die Aussage seines Freundes mit einem Augenrollen und einem Seufzen, ehe er zu Felix sah, der sich noch immer nicht dazu geäußert hatte.

"Wie sieht es bei dir aus? Möchtest du auch mitkommen? Wir können auch ins Zimmer gehen und Kartenspiele spielen. Das wird nie langweilig."
"Also ich find', es ist eine gute Idee. Wir können ein bisschen reden und die letzten Tage Revue passieren lassen. Immerhin ist morgen der letzte, richtige Tag, an dem wir etwas machen können! Am Freitag Nachmittag fahren wir ja alle zurück." Mit einem Nicken stimmten dem Älteren Hyunjin und Seungmin zu. Felix wurde bei dem Gedanken jedoch schlecht, dass die Zeit ziemlich schnell vergangen war. Jetzt, wo er sich schon einmal an die Anwesenheit von ihnen gewöhnt hatte, wurde ihm sie wieder weggenommen.

Es war oft so, wenn Felix dachte, dass sein Leben endlich eine positive Wendung nahm, ihm etwas Gutes passierte und er für einen Moment glücklich war, wurde es ihm wieder weggenommen. Als wollte sein Leben ihm zeigen, dass er Glück nicht verdient hatte. Dass sein Leben verdammt war, immer so trist und trostlos sein zu müssen. Irgendwann gewöhnte er sich daran, nahm die guten Dinge einfach so hin, damit er nicht allzu traurig war, wenn sie wieder verschwanden. Denn er konnte nur dabei zu sehen, wie sie ihm weggenommen wurden.

Und bei dem Gedanken eines Lagerfeuers bekam er schon Bammel. Mit Feuer verband er nichts Gutes. Nein, viel eher verband er Grausamkeit und Furcht, auf Grund seiner Vergangeheit, die an ihm nagte. Das wollte er den anderen aber nicht mitteilen. Er versuchte es wieder einmal zu ignorieren, die grausame Wahrheit zu verdrängen, obwohl er wusste, dass dies alles andere als klug war.

"Gut, damit hätten wir unseren Abend schon mal geplant."

𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt