thirty six 🌊

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⚠️ Triggerwarnung: Tod von Familienangehörigen, Hausbrand ⚠️

Den ganzen restlichen Tag war er bei Hyunjin gewesen und hatte ihm einen gewissen Teil, sogar den Großteil seiner Vergangenheit erzählt, wodurch er sich nur mehr als nackt fühlte. Der Ältere hatte ihm geduldig zugehört und war sogar froh darüber gewesen, dass er die massive Hülle, die Felix mit sich sonst herumtrug, endlich knacken konnte. Er war stolz auf den Australier, mehr als das, denn es zeigte, wie stark dieser in Wahrheit war und das konnte ihm keiner so schnell nehmen.

Zwar konnte der Koreaner ihm den Schmerz nicht abnehmen, den Felix tagtäglich mit sich herumtragen würde, doch erst wenn man über seine Probleme und Gedanken anfing zu reden, konnte es besser werden. Zwar dauerte es seine Zeit, während es neue Hürden gab, aber diese würden ebenso überstanden werden, wie die Alten.

Alles fing in Australien an: Seine Eltern waren für einige Tage verreist gewesen, sodass Felix und seine Schwester allein gewesen waren. Beide waren alt genug gewesen, um auf sich selbst aufzupassen, denn Rachel war fünfzehn und Felix war dreizehn gewesen zu diesem Zeitpunkt. Es war ein kühlerer Frühlingstag, denn der Winter war nicht allzu lang her und vereinzelt lagen noch kleine Schneehäufchen auf dem Wiesenboden.

Die Geschwister hatten einige ihrer Freunde eingeladen, damit sie als eine größere Gruppe zusammen die Zeit verbringen konnten. Obwohl ihre Eltern ausdrücklich gesagt hatten, dass sie es ihnen verbieten, die Feuerstelle zu benutzen, um im Garten ein kleines Lagerfeuer zu machen, taten die Kinder das genaue Gegenteil. Da Felix und Rachel jedes Jahr in ein Sommercamp gingen, wurde ihnen von den Älteren gezeigt, wie man ein Lagerfeuer machte, sodass sie kein Problem hatten eines zu machen. - Sie waren auch mehr als vorsichtig gewesen. Immerhin sollte es nicht auffallen, dass sie sich gegen die Regeln ihrer Eltern widersetzt hatten. - Aber für einen kurzen Moment waren sie doch unachtsam gewesen, sodass Funken gesprüht hatten und bei ihrem jugendlichen Leichtsinn vergaßen sie beide die Fenster zu ihren Zimmer zu zumachen, sodass ein Teil der Funken eben auch in eines der Zimmer flog und die Einrichtung langsam aber sich Feuer fing. Erst waren es die Gardinen gewesen, die abbrannten. Schließlich bestanden diese aus einem ziemlichen feinem Stoff, der in Flammen geraten konnte und hatte den Rest des Zimmers auch unter Flammen gesetzt.

Dann fing das ganze Massaker an; Rachel war der Meinung gewesen, dass sie das Feuer löschen konnte und hatte die Löschdecke, die sie sonst immer für die Feuerstelle benutzten, mitgenommen. Felix folgte ihr, damit sie nicht allein war, während alle anderen draußen blieben und die Feuerwehr verständigt hatten. Dabei wäre es klüger gewesen, wenn sie ebenso draußen geblieben wären. Die Flammen waren zu groß gewesen, als das sie von dem Geschwisterpaar gelöscht werden konnten und doch hatten sie versucht es irgendwie rückgängig zumachen, obwohl es viel zu spät war und sie sich selbst in Gefahr brachten.

Der ganze Rauch verschleierte ihnen die Sicht und durch das Glimmen, brannten ihre Augen unfassbar sehr. Von dem fürchterlichen Gestank ganz abgesehen. Felix hatte unfassbare Angst, daher griff er sich in den Arm seiner Schwester fest. - Das war jedenfalls das Letzte, woran er sich zu hundert Prozent daran erinnern konnte. Er spürte nach wenigen Sekunden, wie Rachel ihm die Decke über seinen zierlichen, kleinen Körper schwang und ihn dann die Treppen herunterstieß, weil etwas von der Decke fiel, doch er konnte keine Bilder mehr zu ordnen. Höchstens die grausamen Schreie, als Rachel in Flammen geriet, hatte Felix bis heute noch in seinen Ohren.

Während Felix nur für vier Wochen ins Krankenhaus musste, weil er durch den Sturz sich einige Brüche und eine Rauchgasvergiftung zugezogen hatte, musste seine Schwester mehrere Monate, um genau zu sein vier einhalb Monate um mir Leben kämpfen. Neben einer schweren Rauchgasvergiftung und schweren Verbrennungen, waren ihre Vitalwerte mehr als schlecht gewesen und ein klares Indiz dafür, dass sie viel eher an den Folgen ihrer Leichtsinnigkeit starb.

Bis zum heutigen Tag gab sich Felix die Schuld dafür, schließlich hätte er sie aufhalten können nicht in das Haus zugehen. Dem war er sich jedoch erst nach dem Brand bewusst geworden.

Seither plagten ihn immer dieselben Träume, dieselben Vorstellungen und die gleiche Panik, wenn er ein Feuer zu Gesicht bekam. Das erklärte auch die panische Reaktion am letzten Tag des Urlaubs, wo er fluchtartig das Lagerfeuer verlassen hatte. Die gleichen Bilder schossen ihm in den Kopf, das gleiche herzzerreißende Schreien, welches er von seiner Schwester hörte. Und dieselben Schuldzuweisungen, die er sich selbst gab.

Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, würde er vieles anders machen. Doch leider sah man seine Fehler erst, wenn man sie begangen hatte.

𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt