seven 🌊

807 66 17
                                    

⚠️ Triggerwarnung: Andeutung SVV ⚠️

"Ich versteh' einfach nicht, wie man in den Urlaub fahren kann, nur um dann wie ein Häufchen Elend im Bett zu liegen und nichts zutun. Urlaub sollte etwas Schönes sein." Die Worte trafen den Brünetten. Wieder irgendwelche Aussagen von jemanden, der keine Ahnung hatte, wer er war und wieso er so war. Sein Verhalten war nicht normal gewesen, das wusste Felix selbst. Aber wieso konnte man nicht einfach den Mund halten, wenn man keine Ahnung hatte? Es war immer das Gleiche und es würde nie aufhören. Vor allem wollte Felix selbst nicht hier sein. Weder hier, noch auf der Welt. Aber da würde man ihn wieder nur für verrückt halten. So zog er scharf die Luft ein, legte sich ohne ein Wort mit dem Gesicht zur Wand, sodass er keines dieser Idioten sehen musste. Die Stimmen konnte er dennoch hören, aber darin war er gut, so etwas zu ignorieren.

"Vielleicht sollten wir rausgehen?"
"Ist nicht nötig.", meinte Felix knapp, blinzelte mehrere Male und hoffte, dass er die Tränen somit loswurde. Warum er plötzlich so sentimental wurde, wusste er selbst nicht. Vielleicht war es doch die kleine Hoffnung wenigstens bei Fremden akzeptiert zu werden. Nicht so, wie in der Schule, wo sich jeder über ihn lustig machte, sich einen Spaß erlaubte den sonst so emotionslosen Jungen zu ärgern. Nur, dass dieser Spaß für einige Zeit eine völlig falsche Wendung angenommen hatte. Mittlerweile war dies aber auch gegessen. Es gehörte der Vergangenheit an, wie so vieles und doch war es eines seiner vielen, alltäglichen Begleiter, die ihn verfolgten, wie sein eigener Schatten.

"Wenn du mitspielen willst, scheu dich nicht runterzukommen."

Als würde Felix freiwillig sich das antun wollen, seine vernarbeten Arme zur Schau zu stellen. Da würden sie ihn alle für einen Psychopathen halten, der nur auf Aufmerksamkeit aus war. Es war vielleicht ein Hilfeschrei, denn er zu verdecken versuchte, aber noch lange keine einfache Sache, die er für Aufmerksamkeit tat. So etwas war ihm zuwider. Er hasste diese Streifen an seinem Arm, auch wenn sie über die Zeit verblasst waren. Einige Menschen würden sie nicht mal mitbekommen, aber er sah sie. Allein schon, wenn ihm der Ärmel seines Pullovers hochgerutscht war. Aus Scham der Verurteilung, aber auch des Mitleids gegenüber ihn, versuchte er alles so gut es geht zu verdecken. Man sollte nicht sehen, wie schwach er war und er noch immer ist. Ja, er hatte seit einem halben Jahr keinen Rückfall mehr gehabt, die Versuchung es wiederzutun, war dennoch groß gewesen. Doch der Gedanke, dass er nicht noch mehr auffällige Streifen an seinem Körper haben zu wollen, trieb ihn an diesen Druck standzuhalten.

Aber irgendwann würde auch der Stärkste einen schwachen Moment haben und mit weinen beginnen. Und so war es auch mit der Selbstverletzung; Man konnte dem Willen für einen gewissen Moment entgegenwirken, aber irgendwann war es genug. Man war schwach und dann tat man es dennoch, nur um es im Nachhinein zu bereuen, weil man für eine Millisekunde befreit sein wollte. Befreit von den Gedanken, dass man nie gut genug war, dass man Fehler machte und weil man es wieder getan hatte. Es war ein Kreislauf, der endlos erschien, aber dieser würde irgendwann zum Stoppen kommen. Da war sich Felix sicher.

Und er würde dennoch damit leben müssen. Mit dieser Leere, die ihn begleitete. Den Narben, die seinem Körper zierten und den Gedanken, die ihnen normalerweise nicht schlafen ließen, hätte er die Tabletten nicht gehabt.

Während die drei Jungen unten Spaß am Karten spielen hatten, schaute sich Felix irgendwelche Videos an, die ihn nicht wirklich interessierten, aber es war besser gewesen, als nur gegen die kahle, weiße Wand zu sehen. Alles war besser, als in einer Gedankenspirale gefangen zu sein, der man nicht entkommen konnte und die einem so sehr schaden konnte, dass man selbst nicht wusste, wieso man es überhaupt versuchte.

Warum man sich tagtäglich denselben Schmerz antat.

𝗗𝗿𝗼𝘄𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt