Er lässt sich tatsächlich mitziehen.
Wenn auch etwas wiederwillig.
Ich schaue Jasper an, als wir mitten auf der überfüllten Tanzfläche zum stehen kommen.
Um uns herum haben sich Paare zusammengefunden, die teilweise eng umschlungen im Takt der langsamen Musik tanzen.
Unwillkürlich muss ich grinsen, als ich merke, in welche Situation ich Jasper und mich gerade gebracht habe.In meinem Kopf wiederhole ich Light's Worte wie ein Mantra;
Er ist nicht dafür gemacht in eine Form zu passen und schon gar nie verliebt er sich.Ich bleibe abwartend stehen und er schaut mich einen Moment unschlüssig an.
Schließlich seufzt er ergebend und kommt einen Schritt auf mich zu.
Bedächtig legt er seine Hand auf meine Taille.
Ich hebe meine eine Hand in die Höhe und die andere lege ich auf seine Schulter.
Nach kurzem Zögern hebt er seine ebenfalls und unsere Finger verweben sich ineinander.Er tritt noch einen Schritt näher und ich muss mich bewusst wieder daran erinnern, meine Beine im Takt der romantischen Musik zu bewegen. Ich schaue auf und blicke ihn in die Augen. So nah wie jetzt waren wir uns noch nie zuvor und das Licht der Kronleuchter spiegelt sich in seinen Augen.
Kurz habe ich das Gefühl, in seinen Blick zu ertrinken.Automatisch drücke ich meine Finger leicht gegen seine. So, als wolle sich mein Körper das Gefühl von seiner Haut gut einprägen. Als ob das hier das Erste und das Letzte mal sein könnte, wo ich die Chance habe, ihn zu berühren.
Wärme geht von ihm aus und ich begrüße diese nur zu gerne.Eiskalte Gänsehaut durchzieht meinen Körper und braut sich in meinem Herzen zusammen. Schießt meinen Körper auf und ab.
Doch die Kontrolle darüber bleibt voll und ganz meine.Jasper schaut mir kein einziges Mal in die Augen. Er blickt über meine Schulter oder schräg hinunter auf den glänzenden Marmorboden. Auf seiner Stirn ist eine steile Falte zu sehen. Er hält den Rücken steif und seinen Kopf hoch erhoben, so, als wolle er Abstand wahren und den umstehenden Menschen bewusst machen, dass das hier kein romantischer Tanz ist.
Da er so entschlossen meinen Blick ausweicht, nutze ich die Gelegenheit ohne Scham, um sein Gesicht zu studieren mitsamt seiner Haarpracht, die wild auf seinem Kopf liegt.
Bei unserer ersten Begegnung tat er das schließlich auch.
Kaum merklich sinke ich weiter in mich hinein.Die Hand auf meiner Taille rutscht ein witziges Stück tiefer.
Bei jeder kleinen Bewegung von ihm schlägt mein Herz schneller. Unsere Körper sind sich so nahe, dass mein Atmen unregelmäßig wird.
„Du hast den Rubin bei dir", stellt er fest und zum ersten Mal an diesem Abend wandern seine Augen hinunter in meine.Ich muss lächeln. Unsere Körper wiegen sich im Takt der Musik.
Scheinbar habe ich mich geirrt und er hat mich schon eingehend angesehen. Sonst würde er den verdeckten Rubin unter meinem Kleid nicht entdeckt haben.
„Ich nehme ihn selten ab. Da ihn niemand anderes berühren kann außer ich, ist er hier bei mir am sichersten."„Das schon. Aber du bist nicht sicher, wenn der Rubin bei dir ist", erwidert er. Sein Blick ist zurückhaltend, als ob ein unsichtbares Schutzschild zwischen uns liegt. Dabei sind seine Worte das volle Gegenteil.
Ich zucke mit den Schultern.
„Mag sein. Aber ich bin gut darin auf mich selber aufzupassen. In den Dingen, die ich tue, bin ich meistens gut."
Nach diesem Worten rücke ich näher an ihn heran, sodass sich unsere Oberkörper berühren. Vielleicht gibt mir der Song und das atemberaubende Kleid das nötige Selbstbewusstsein dafür.Er reagiert genau, wie ich es erwartet habe.
Sein Rücken schießt kerzengerade empor und er geht deutlich mehr auf Abstand.
Ich lehne mich nach vorne und versuche dabei sexy zu sein. Was ziemlich schwer ist, wenn man nicht weiß, wie das überhaupt geht.„Danke, dass du mich damals nicht verraten hast, als ich bei Aron eingebrochen bin..", murmle ich nah an seinem Ohr und ich sehe deutlich die Gänsehaut, die seinen Hals entlang entsteht.
Nachdem ich mich wieder zurückgelehnt habe, erfasse ich seinen schmalen Mund. „Da wir das gleiche Ziel haben, dachte ich mir, dass es die beste Lösung ist, Kaddee."
Ich ziehe meine Augenbrauen nach oben und lächle schief.„Tatsächlich ja", sage ich leise, lasse seine Hand los und lege meine Arme um seinen Hals, wo sie gerade so seine Haarlocken streifen.
„Das stört dich doch nicht, oder?", frage ich so unschuldig wie möglich, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
Schließlich habe ich die Augen meiner Mutter, die damit schon damals immer vordern konnte, was sie wollte.
Warum sollte ich nicht auch mal damit experimentieren?„Die Auktion geht sicher bald los, nicht wahr?", versuche ich das Gespräch aufrechtzuerhalten, damit er nicht auf die Frage von eben antworten muss. Unsere Gesichter befinden sich nur Zentimeter voneinander entfernt. Jasper funkelt mich an, weicht jedoch dieses Mal nicht zurück.
Zu meiner Überraschung starrt er auf meine Lippen und für den Bruchteil einer Sekunde bin ich mir sicher, dass er mich gleich küssen wird. Ich höre fast schon seinen schnellen Herzschlag und anders herum muss es sicher genauso sein.
Langsam lässt er seine Hand an meinem Arm entlang nach oben wandern. Mit einer federleichten Berührung legt er eine der gelösten Strähnen meiner Haare hinter mein Ohr. Mein Atem stockt und meine Knie werden weich wie Gummi.
In seinem Augen entdecke ich eine wahre Flut voller Gedanken und Gefühle, die so plötzlich aus ihm herausbrechen, als hätte ich die Mauer zwischen uns nur mit meinen Worten niedergetrampelt.
Er betrachtet mein Gesicht so eingehend, als habe er sich zuvor noch nie erlaubt, mich wirklich zu sehen. Mich zu sehen.
Ich spüre fast förmlich, wie seine Mauer Stück für Stück bröckelt und er aufhört dagegen anzukämpfen.Viel zu schnell endet der Song und somit entfernen sich auch seine Hände von mir. Um uns herum ertönt tosender Applaus. Doch ich habe das Gefühl, dass ich das klatschen wie in weiter Entfernung höre.
Er tritt noch einen Schritt zurück und meine Gedanken löchern mich mit so vielen Fragen um Jasper. Warum erlaubst du niemanden, dir nahe zu kommen?Die Paare um uns herum trennen sich, um langsam ihre Plätze einzunehmen. Jasper greift sich in seinen Nacken und fährt sich dann durch sein zerzaustes Haar.
„Tanzen ist nicht so mein Ding", sagt er.
Ich kann ihn nur anstarren und ein merklicher Schmerz macht sich in meiner Brust breit.Bevor du dir die Zähne an ihm ausbeißt.., durchschießt mich abermals Light seine Stimme.
Was habe ich mir nur dabei gedacht?
Schluckend nicke ich leicht und zwinge mir ein entspanntes Lächeln auf die Lippen.
Scheinbar erreicht es meine Augen nicht, denn Jasper zieht seine Augenbrauen zusammen, als er mein Gesicht betrachtet.Kälte breitet sich in meinem Körper aus.
„Kaddee-"
„Die Auktion beginnt jeden Augenblick. Wir sollten jetzt schon los, bevor es ruhig geworden ist. Sonst fällt es auf, wenn wir den Saal verlassen", ertönt plötzlich Light seine Stimme und unterbricht somit Jasper.Linn taucht neben ihm auf und ich erwidere ihren Blick, um Jasper nicht mehr ansehen zu müssen. Schamröte steigt mir ins Gesicht, als ich realisiere, wie ich mich eben verhalten habe. Wie unfair ich war.
„Du hast recht. Wir sollten los", erwidere nun auch Jasper und blickt auf zur Tribüne, wo gerade Aron hinaufsteigt.„Hab ich was verpasst? Was haben wir denn eigentlich vor?", klingt sich Linn mit ein und hebt ihre Augenbrauen.
Light grinst sie an und sie erwidert es nur zu gerne. Was auch immer zwischen den beiden war- Linn hat es aus der Welt geschafft.
Genauso wie ich sie kenne.„Glaub mir, alles ist besser als eine stinklangweiligen Auktion beizuwohnen", antwortet er und macht die Türe zum Flur auf.
Wir treten alle nacheinander hindurch, wobei ich es nicht fertig bekomme, in Jasper seine Richtung zu blicken auch wenn ich spüre, dass er mich anschaut und nur darauf wartet, dass ich seinen Blick erwidere.Stattdessen werfe ich einen langen Blick zurück zu meinen Eltern und betrachte die beiden. Dad hat seinen Arm um meiner Mutter ihrer Taille gelegt und sie unterhalten sich mit einem anderen Ehepaar.
Ich gucke sie so lange an, bis die Türe hinter uns ins Schloss fällt und alle Geräusche mit sich nimmt.
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Wolfsmond - Geheimnis der Legende
WerewolfKadee ist kein normales Mädchen und das weiß sie ganz genau. Jedoch will sie es nicht wahrhaben, wie unglaublich schön sie ihrem Gesicht jeden Morgen im Spiegel entgegenblickt. Und wie viele Menschen in ihrer Umgebung geradezu verrückt nach ihr sind...