Ein paar Sekunden stehe ich regungslos da und gucke Aron an, der ohne jegliche Bewegung auf dem Boden liegt.
„Du..", fange ich vollkommen verdattert an, stoppe jedoch lediglich registriert, als mir kein Wort mehr einfällt. Geschockt blicke ich automatisch auf Aron seinen Brustkorb, der sich regelmäßig hebt und senkt.Meine Lippen fühlen sich noch nach unserem Kuss warm und kribbelig an. Verschämt und plötzlich unglaublich wütend darüber presse ich meine Lippen zusammen und raffe ein Stück meines langen Kleides zusammen. Es hatte sich nach der Ausweich-Schubs Aktion etwas in meinem High Heel verheddert. Zum Glück ist es dabei nicht kaputt gegangen.
Jasper lockert seine Hand, die eben noch in geballter Kraft in Aron's Gesicht lag.
„Ganz schön hartnäckig", redet er unbeirrt und fast schon erheitert darauf los, während er den bewusstlosen Aron betrachtet.Wut steigt in mir hoch. Und eisige Kälte.
Ohne ein Wort zu sagen stampfe ich davon. Was bringen denn Worte, wenn Jasper seinen eigenen Kopf hat und tut, was auch immer er will? Ohne auch nur auf andere zu achten?
Linn und Light müssten nicht all zu weit entfernt sein. Und Gnade ihm Gott, wenn er wusste, was Jasper eben vorhatte und Linn deswegen von mir los haben wollte.Meine Hand kribbelt unerwartet kontaktfreudig und ich balle sie zur Faust.
Jasper taucht mit entspannten Schritten neben mir auf und schaut von der Seite in mein Gesicht. Seine Augen brennen beinahe auf meiner Haut und ich weiß, das er kurz überlegt, wie er jetzt am besten anfangen soll.
„Kaddee, bleib stehen. Wir können ihn jetzt hier nicht einfach liegen lassen."Mir platzt der Kragen.
„Wie bitte?", fauche ich ihn an und bleibe kurzerhand stehen. Mit hochgezogenen Augenbrauen blickt er zu mir hinab und kommt ebenfalls abrupt zum stehen, wobei er fast in mich hineingelaufen wäre. Die Hände lässig in seiner schicken Hose gegraben. Selbst mit den ewig hohen pfenningabsätzen ist er größer als ich.
Ich rümpfe verärgert die Nase.Als er nichts sagt und mich nur fragend ansieht, werde ich noch wütender.
„Diesen dämlichen Rubin wirst du niemals bekommen!", sage ich laut und hebe den Anhänger mit meiner bloßen Hand nach oben, um ihn nochmal klar zu machen, dass ich die einzige bin, die ihn berühren kann.
Es funktioniert. Seine Augen wandern hinab zu dem Rubin. Und noch weiter über meine Schultern und abstehenden Schlüsselbeinen. Trotz meiner inneren Wut spüre ich meine Wangen verlegen rot werden.
Reiß dich zusammen!Hellrot gibt der Rubin einen Kontrast von meiner weißen blassen Haut.
„Und anfassen brauchst du mich auch niemals mehr! Wir bringen das hier zu Ende und zerstören den Rubin und das war's. Mir egal auf welche Seite du letztendlich stehst. Denn anhaben kann mir hier keiner von euch etwas!"
Zum Ende hin werde ich ungewollt lauter.
Selbst in meinen Ohren hört sich meine Stimme nicht nur wütend, sondern auch furchtbar verletzt an.
Dafür verfluche ich mich.Jasper starrt mich einen Moment lang an und unter seinen intensiven Blick schrumpfe ich beinahe zusammen. Doch ich lasse meinen Kopf und Körper trotzdem hoch erhoben.
„Warte", beginnt er und hebt seine Hand für eine Geste. „Du denkst, dass das zwischen uns nur wegen dem Rubin war?"
Ich schlucke beschämt herunter. Kaum zu fassen, dass ihm genau dieser Teil meiner Rede in den Sinn geblieben ist.
Keine Erklärung weswegen er Aron den Rubin geben wollte, geschweige denn warum er plötzlich wieder die Seiten gewechselt hat.„Ich denke, dass du nicht mehr alle Tassen im Schrank hast", fauche ich ihm entgegen, ohne das meine Wut weniger wird. Dabei versuche ich nur zu überspielen, wie sehr mich der Korb in Wirklichkeit verletzt hat. Denn warum sollte sowas wie er, auf sowas wie mich stehen? Natürlich nicht.
Ich bin ja nicht mal ein Mensch.Als ich mich abwende, weiß ich, dass er stehen bleibt. Aber das ist mir egal.
„Kaddee", höre ich seine bestimmte Stimme hinter mir.
Ich bleibe unwillkürlich stehen, als ich den Ton in seinen Worten höre. Diese plötzliche Ernsthaftigkeit, die eben begonnen hat auch in seinem Gesicht auch aufzutreten.„Was bist du?", fragt er mit klarer Stimme gerade heraus und wechselt somit wieder das ganze Thema. Die Frage wiederholt sich.
Ich drehe mich nicht um und obwohl mein Herz pocht und mein Atem sich verschnellert, bewege ich mich kein Stück.Er redet weiter.
„Als ich dich vorhin festgehalten habe, habe ich es wieder gespürt. Du warst plötzlich eiskalt. Dann hatte ich das gleiche Gefühl, dass ich bei dem Buch in Aron's Büro ebenfalls hatte."
Ich spüre plötzlich eine federleichte Berührung an meiner nackte Schulter und ich wäre beinahe zusammengezuckt, da ich nicht gemerkt habe, wie er näher gekommen ist.
Der Teppich auf dem Boden verschluckt alle Geräusche.Ich spüre, wie seine Finger weiter hinunter an meinem Arm entlang wandern. Ganz leicht spüre ich seine Fingerkuppen, die an meinem Ellenbogen wieder kurz halt machen.
Mein Atem stockt.
Ein kleiner Teil von mir nimmt wahr, dass das gerade wirklich passiert und er schon wieder Interesse an mir zeigt aber der andere Teil in mir kann und will es nicht wahrhaben.
Sie flüstert; was würde passieren, wenn er wüsste, das du kein Mensch bist? Deine ganze Familie nicht?„Magie", höre ich seine Stimme nun leise sagen und ich spüre seine Körperwärme direkt hinter mir.
Seine Finger wandern hinunter zu meinem Handgelenk und meine Kälte beginnt in meinem Inneren zu surren und seine Berührung langsam zu verfolgen.Er muss die Eiseskälte spüren. Mit jedem Atemzug.. und dennoch schreckt er nicht zurück.
Es ist die Magie, die ihn anzieht.
„Reize. Impulse.. Wusstest du, das sich die meisten Nerven des Körpers an den Fingerspitzen befinden?"
Seine Finger stoppen.
Ich schlage meine Augen nieder und versuche mit aller Kraft nichts zu tun und zu warten, was noch kommen wird.„Eine einzige Berührung der Hände also.. kann den ganzen Körper verrückt spielen lassen", redet er leise weiter.
Seine flüsternden Worte kitzeln an meinem Ohr und ich sauge sie auf, um sie tief in meinem Herzen zu verstauen.Nach einen Moment der Stille und gescheiterten Versuchen mein Gesichtsausdruck wieder unter Kontrolle zu bringen, drehe ich mich langsam um.
Er steht weiter weg als gedacht.
Ohne etwas zu sagen blicke ich ihn an und unsere Augen verweben sich ineinander.
Vielleicht würde ich etwas sagen, wenn ich wüsste, ob meine Stimme mich nicht schon längst verlassen hat.Seine Mundwinkel heben sich nun leicht.
Und ich starre ihn nur vollkommen verwundert und verdattert zugleich an als er sagt: „Das Rätsel von dem Buch. Ich habe es gelöst."
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Wolfsmond - Geheimnis der Legende
WerewolfKadee ist kein normales Mädchen und das weiß sie ganz genau. Jedoch will sie es nicht wahrhaben, wie unglaublich schön sie ihrem Gesicht jeden Morgen im Spiegel entgegenblickt. Und wie viele Menschen in ihrer Umgebung geradezu verrückt nach ihr sind...