„Kadee? Kannst du mir die Antwort nennen?", ertönt plötzlich eine dunkle Stimme direkt vor mir. Erschrocken schrecke ich nach oben und streiche gleich darauf meine braunen Haare glatt, obwohl sie wahrscheinlich eh nicht wirklich zu bändigen sind und in alle möglichen Richtungen stehen. Als hätten sie ihr Eigenleben.„Äh..", versuche ich den Anfang, obwohl mir der Schlummerschlaf noch tief in den Knochen steckt.
Wenn ich mich jetzt nur strecken könnte..
unauffällig richte ich mich gerader auf. Irgendwo in meinem Rücken knackt es.Ich kann es nicht fassen, dass ich schon wieder im Unterricht eingeschlafen bin.
Blöderweise auch noch beim gleichen Lehrer.„Wenn dir mein Unterricht zu langweilig ist, dann kannst du gerne vor die Türe gehen und dort weiter schlafen. Das ist jetzt schon das zweite Mal in dieser Woche", dröhnt die Stimme meines Lehrers darauf los und ich verziehe mein Gesicht gequält, weil er einfach so früh am Morgen viel zu laut herumbrüllt.
Ich verdrücke mir nun ein Augen verdrehen und schalte meine Ohren auf Durchzug, tue aber äußerlich so, als würde ich ernsthaft zuhören.
Ich gucke auf den ersten Knopf seiner Jacke und im Augenwinkel bekomme ich seine Lippenbewegungen mit.Dieser Knopf ist dunkler als die anderen, denke ich mit schief gelegten Kopf.
Und dann ist es plötzlich still.
Ich richte meinen Blick perplex wieder nach oben und gucke direkt in sein Gesicht.
Seine Nase kräuselt sich.
Kein gutes Zeichen.
Da er mich nach einigen Sekunden jedoch immer noch auffordernd ansieht, merke ich, dass er eine Antwort von mir verlangt.
Doch ohne die Aussage zu wissen, kann ich jedoch schlecht antworteten.„Ich.. könnten sie das bitte wiederholen? Ich habe nicht zugehört", meine ich peinlich berührt, als mir bewusst wird, dass alle Augen meiner Klassenkameraden auf mich gerichtet sind. Nervös rutsche ich auf meinen Stuhl umher.
Gleichzeitig kann ich beobachten, wie sich das Gesicht meines Lehrers rot verfärbt.Mit großen Augen gucke ich in sein verkniffenes Gesicht.
„Geht es ihnen gut?", rutscht mir die Frage über die Lippen, bevor ich es verhindern kann.
Die nett gemeinte Frage verstehen wieder einmal alle falsch und ich höre die Schüler um mich herum leise kichern. Ich presse meine Lippen zusammen. Besser ich hätte nichts gesagt.
Als sich die Brust meines Lehrers hebt, um Luft zu holen, weiß ich, dass er gleich laut werden wird.„Raus!", schreit er plötzlich so schallend laut, dass einige um mich herum zusammenzucken.
Ich jedoch habe es schon kommen sehen, weswegen ich beschwingend meine Hände hebe, ‚ist ja gut' murmele, meinen Rucksack packe um damit langsam aus dem stickigen Klassenzimmer zu gehen.
Hinter mir ist es mucksmäuschenstill und die Anspannung in der Luft ist deutlich zu spüren.Ich öffne die Türe und gehe in den Flur. Zittrig atme ich aus, als mich die Stille des Flures umgibt.
Als ich durch den menschenleeren Flur gehe, kann ich mein Glück im Unglück kaum fassen. Ich habe noch mehr als fünfzehn Minuten, bis die Stunde vorbei ist und danach gleich Schulschluss. Also kann ich gleich nach Hause gehen, ohne mich noch mit meiner Klasse plagen zu müssen.Zwar bin ich nicht wirklich von dem Gedanken angetan, meine kleine Schwester Linn und ihre drei besten Freundinnen zu hören, aber wenn ich Glück habe sind sie gerade bei Tante Jess und lassen sich von ihr bemuttern.
Man müsste fast meinen, sie müsste mit fünfzehn Jahren langsam mal erwachsen werden.
Wenn ich es nicht wissen würde, würde ich es nicht für möglich halten, dass dieses rothaarige kleine (nervige) Mädchen irgendwann ein weißer oder schwarzer Werwolf sein wird, der damals, in der weit zurückliegenden Vergangenheit Geschichten und Legenden erzählte.
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Wolfsmond - Geheimnis der Legende
WerewolfKadee ist kein normales Mädchen und das weiß sie ganz genau. Jedoch will sie es nicht wahrhaben, wie unglaublich schön sie ihrem Gesicht jeden Morgen im Spiegel entgegenblickt. Und wie viele Menschen in ihrer Umgebung geradezu verrückt nach ihr sind...