Kapitel 16♚

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Linn's schweigen ist betreten, nachdem ich ihr von meinem Tag heute erzähle.
Es ist mitten in der Nacht.
Ich sitze ihr gegenüber auf ihrem Bett. Eigentlich hatte ich vor und auch die Hoffnung, bei ihr etwas mehr Schlaf zu finden. Doch Linn war sofort hellwach und hörte mir gespannt zu, als ich mit zitternden Beinen zu ihr ins Bett krabbelte.

Ich stelle fest, das sie genau an den richtigen Stellen der Erzählung Mitgefühl zeigt, was mich beruhigt und mir Erleichterung schenkt, alles richtig gemacht zu haben.

Ihre zierliche Hand legt sich auf meine Schulter, als ich meinen Kopf hängen lasse.
„Wo ist er?", flüstert sie. Ihr Nachlicht, dass neben dem Bett steht, schenkt dem Raum gerade genug Licht, um nicht aufzufallen. Wenn unsere Eltern wüssten, dass wir noch wach sind, obwohl morgen Schule ist, würden wir was zu hören bekommen. Und ich schon gleich dreimal. Schließlich sollte ich mich Erwachsen benehmen.
Doch das einzige was ich gerade brauche ist nur Linn. Keinen Schlaf.

Ich greife zum Verschluss der Kette und öffne sie. Als der Anhänger unter meinem Oberteil hervor kommt zieht Linn erschrocken den Atem ein.
„Er leuchtet", stellt sie laut fest.
Kurz darauf vergessen, leise zu sein.

Ich nicke und betrachte den Stein ebenfalls. Er erleuchtet den Raum in ein rotes Licht. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er mehr leuchtet als andere Male.
„Und am Morgen, war es einfach so eine Kette? Ich meine, hast du etwas getan?", fragt sie gespannt und lehnt sich vor, um den Anhänger genauer zu betrachten.

Ich schüttle den Kopf verwirrt.
„Nein. Nichts."

„Kaddee, denk nach. Das kann nicht einfach so passieren. Hast du etwas getan? Was hast du gemacht, bevor du schlafen gegangen bist? Hast du etwas gesagt oder irgendwas von dem Stein angefasst?"
Linn ihre Augen blicken intensiv in meine. Als würde ich mich dadurch besser erinnern können.
Die Kette, die vor ihrem Gesicht taumelt ist nun vollkommen vergessen.

Ich denke zurück an letzen Abend. Ich habe den Stein auf meinem Nachttisch gelegt und lange betrachtet bevor ich eingeschlafen bin.

Angestrengt denke ich nach. Ich grabe meine Zähne in meine Unterlippe.
„Nein.. ich hab nicht mal was gesag- doch eine Sache gibt es", denke ich laut nach.
„Ich habe gesagt, das ich mir wünsche der Stein wäre nicht so unhandlich."

Als ich es ausspreche, setzt sich das Puzzle plötzlich zusammen.
Meine Augen werden groß, genauso wie die von Linn. Unser Schweigen kurz darauf ist betreten.

Im nächsten Moment denkt mein Menschenverstand: nein, das ist nicht möglich. Doch ein anderer Teil von mir weiß, das ich eigentlich auch nicht möglich wäre.

„Ich wünsche mir.. Regen!", höre ich Linn sagen.
Ich blicke erschrocken auf, doch auch ich warte gespannt ab, ob etwas passiert.
Doch die Nacht bleibt dunkel und trocken.
Ich blicke sie an und zucke mit den Schultern.
„Scheint nicht zu funktionieren."
Linn zieht nachdenklich die Augenbrauen hoch und betrachtet den Stein in meiner Handfläche abermals.

Ich überlege kurz und lasse meinen Blick über Linn's Bücherregal schweifen.
„Ich wünsche mir, dass das Licht angeht", sage ich leise. Mir scheint das ein recht harmloser Wusch zu sein.
Geduldig warten wir beide.
Kurz komme ich mir wirklich dumm vor.
Schließlich denken wir tatsächlich, das dieser Stein in meiner Handfläche Wünsche erfüllen kann.

Linn öffnet den Mund, um etwas zu sagen. Doch als plötzlich das Zimmerlicht angeht, keuchen wir beide erschrocken auf.

Mein Blick fällt automatisch zum Lichtschalter. Meine erste Vermutung ist, dass Mama an der Zimmertüre steht und uns erwischt hat, doch niemand ist da.
Mein Herz beginnt augenblicklich an schneller zu klopfen. Ich blinzle.

Wolfsmond - Geheimnis der Legende Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt