Kapitel 25♚

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Die Sonne geht bereits unter, als wir immer noch in der Bibliothek sitzen. Auch wenn es angenehm kühl in diesem Raum ist, habe ich das Gefühl, auf heißen Kohlen zu sitzen.
Je mehr Zeit vergeht, desto nervöser werde ich.
Das liegt nicht nur an dieses große Geheimnis, dass entlarvt werden könnte, sondern auch an Jasper, der gegenüber mir sitzt und alleine durch einen Blick in meine Richtung mein Herz höher schlagen lässt.

Es fällt mir in jeder Minute die vergeht schwerer, meine Kälte in mir zu behalten, ohne etwas einzufrieren. Normalerweise ist das nicht sonderlich schwierig, doch die Umstände und fehlende Konzentration erschweren alles.
Ich spüre, wie die Kälte beginnt sich um meine Füße zu legen. Meine Schuhsohle fängt ebenfalls an zu gefrieren.

Ich schlucke und lege meine Beine übereinander. Es knackt laut.

Die laufende Konversation -oder eher Diskussion von Linn und Light- stoppt augenblicklich. Alle Augenpaare fliegen in meine Richtung.
Ich schenke ihnen ein eisig Lächeln, dass mir sehr schwer auf die Lippen kommt.
Dann einen kaum merklichen Blick in Linn ihre Richtig.
Diese versteht mich sofort.

„Ich glaube, wir sollten gehen und das alles mal sacken lassen. Treffen wir uns morgen zur gleichen Zeit wieder hier?"
Ohne auf eine Antwort zu warten steht meine Schwester auf und legt eine Hand auf meine Schulter. Eine leise Aufforderung es ebenfalls zu tun.

Der gehe ich auch sofort nach. Ich springe auf und wage einen Blick in Jaspers Richtung. Seine Augen haften sich sogleich in meine und scheinen mich an meinem Platz festzunageln. Er steht auf und trotz der Tatsache, dass ein Tisch zwischen uns steht, spüre ich sein Dasein mit jeder Faser meines Körpers. Meine Augen wandern an seinem markantem Kinn entlang, zu seinem Hals und schließlich bleiben sie an sein Schlüsselbein hängen, dass gerade einmal so unter seinem Hemd zu sehen ist. Ich kann nur noch erahnen, was sich darunter verbirgt.

Meine Fingerspitzen kribbeln erwartungsvoll und ich spüre, wie meine Wangen ganz heiß werden. Oh Himmel, reiß dich gefälligst zusammen.

Ich zwinge meinen Blick wieder in seine Augen, die mich die gesamte Zeit beobachtet hatten. Reines Interesse steht in ihnen. So offen und ehrlich wie das Glitzern in seinen Augen. Dieses so neugierige Glitzern.

Zu gefährlich für ein Mädchen wie mich, dass so viele Geheimnisse verbirgt.

Light steht nun ebenfalls auf und schenkt uns ein besonnenes und gleichzeitig unberechenbares Lächeln.
„Auch wenn ich das jetzt ungerne zugebe, aber du hast recht kleine Linn."

Meine Schwester schenkt ihn ein Blick aus verengten Augen, den ich nur zu gut kenne.
Ohne ein weiteres Wort der Verabschiedung verlassen wir die Bibliothek und obwohl ich mich irgendwie hätte verabschieden wollen, kommt kein einiger Ton über meine Lippen.

Erst als wir der frischen Abendluft entgegen gehen, merke ich, wie warm es mir unter seinen Augen geworden war.




Zuhause herrscht eine angespannte Stille. Auch ohne mit meinem Eltern zu reden, weiß ich, dass sie das ganze Thema belastet. Sie wissen schließlich garnicht, was vor sich geht, doch spüren die Veränderung im Wald und in ihren Gefühlen deutlich.

Meine kleine Schwester blickt mir mit so erwachsenen Augen entgegen, dass ich mich frage, wann sie eigentlich so geworden ist.
Es fällt mir deswegen auch leicht, ihr alles zu erzählen, was ich in Aron's Büro gefunden habe. Die ganzen Unterlagen und Daten den Mondwolf entsprechend.
Die Vermutung meiner Eltern ist somit bestätigt. Aron jagt wirklich den Mondwolf.

„Jasper und Light haben uns anscheinend nicht die komplette Wahrheit gesagt. Das Thema Mondwolf haben sie vollkommen außen vor gelassen", ertönt Linn ihre Stimme neben mir. Sie klingt trotzig und gleichermaßen Frustriert.
Wir sitzen in meinem Zimmer und ich versuche vergeblich einen Zusammenhang zwischen dem Rubin und dem Mondwolf zu finden.

Ich verdränge schließlich meine Grübeleien und blicke Linn fest und entschlossen entgegen, als mir schließlich ein Gedanke kommt.
„Ja, das stimmt. Wir haben ihnen aber auch nicht alles gesagt. Der einzige Unterschied ist, dass wir alles herausfinden werden, sie aber nicht."

Meine Eltern haben in ihrem Leben mehr als genug durchmachen müssen. Und jetzt sind wir an der Reihe. Ich werde meine Familie um jeden Preis beschützen und alles herausfinden, was es herauszufinden gibt.
Morgen, denke ich. Morgen werden wir wieder mehr erfahren.

Linn antwortet mir mit einem Lächeln und es erscheint mir plötzlich wieder so, als wäre ich nicht alleine. Als könnte ich alles erreichen- wenn nur sie mir so zuversichtlich zulächelt.

Ich senke meinen Blick auf meine Fingerspitzen nieder und spüre das Eis, dass meine Haut umhüllt.

Die Kälte, die ich jahrelang geleugnet und dann verachtet habe.
Es ist genau die gleiche, die mich vor dem Rubin beschützt hat. Und vor dessen Tod.
Ein Gefühl macht sich in mir breit und ich bin überrascht, wie leicht es dennoch ist. Wie leicht es ist, meine Kälte ein Stück weit zu akzeptieren.

Und wie verdammt gut es sich anfühlt.

Wolfsmond - Geheimnis der Legende Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt