Polizei

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Viel Schlaf habe ich in der Nacht natürlich nicht mehr bekommen, so sehe ich am morgen auch aus. Aber Nik und Andy sehen auch aus, als hätten sie durchgemacht und dazu haben sie noch die Blessuren der Nacht mit sich rumzutragen. Das Frühstück fällt eher spärlich aus, dafür aber mit sehr viel Kaffee, damit wir uns wach halten können.

Andy fährt zur Arbeit und erinnert mich noch mal daran, dass wir heute Nachmittag zum Polizeirevier fahren. Das ist jetzt schon nicht mein Tag, dass weiß ich ganz genau. Nik und ich gehen eine Runde mit Jule im Wald spazieren, was mich ein bisschen ablenken soll, aber nicht den gewünschten Effekt erfüllt.

Andy kommt gegen 2 Uhr nach Hause und Nik fährt wieder los, da er sich für die Arbeit fertig machen will. Andy zieht sich nur schnell um und wir fahren mit seinem Auto zur Polizei. Er hält direkt vor dem Präsidium, da dort ein Parkplatz frei ist. Als wir das Gebäude betreten, werden wir direkt am Eingang vom Polizisten in Empfang genommen, der auch den Schaden aufgenommen hat. Er lächelt mich höflich an und Andy erklärt ihm, weswegen wir da sind. Der Polizist wendet sich mir zu und fragt warum ich eine Anzeige machen will, ich senke den Blick und sage leise zu ihm, dass ich vergewaltigt wurde. Als ich wieder zu ihm hoch schaue ist sein lachen verschwunden und er sieht mich besorgt an. „Möchten Sie, dass ihr Bekannter bei Ihnen ist, wenn die Anzeige aufgenommen wird?" Ich sehe kurz zu Andy rüber, der mich auch so gequält anguckt, ich schüttele nur den Kopf. Der Polizist bittet uns, kurz im Wartezimmer Platz zu nehmen und verschwindet. „Hey, wenn du willst, dass ich mit dazukomme, dann musst du das nur sagen ja?" Andy sieht mich an. Es ist total lieb von ihm, aber mir ist das schon peinlich genug.

Der Polizist kommt mit einer Kollegin zurück. Er geht mit Andy in ein Zimmer und die Polizistin geht mit mir etwas weiter den Gang herunter. In dem Zimmer stehen nur ein Tisch, ein Computer und zwei Stühle. „Mein Kollege hat mir bereits erklärt, dass Sie eine Anzeige, wegen Vergewaltigung machen möchten.", sagt sie freundlich zu mir und deutet mir auf den Stuhl, der ihr gegenüber steht. Während der Computer hochfährt, legt sie mir ihre Hand auf meine und sagt:" Sie brauchen sich hier nicht zu schämen. Sie gehen mit der Anzeige den richtigen Weg."

Es dauert fast eine Stunde bis wir mit der Anzeige durch sind. Sie macht mir nicht gerade viel Hoffnung, weil es ja laut der Ärztin keine Spuren gab, aber es ist wichtig, dass ich dennoch diese Anzeige mache, da ich nicht will, dass er genau das gleiche mit anderen Frauen macht. Die Polizistin ist mir gegenüber sehr nett und einfühlend. Als die Anzeige fertig geschrieben ist und ausgedruckt ist, gehen wir noch mal alles durch. Sie reicht mir ein Taschentuch, weil mir die Tränen immer wiederkommen. „Ich werde auch noch etwas wegen der Ärztin im Krankenhaus unternehmen, Marie. Denn es geht nicht, dass man solche Aussagen gegenüber Gewaltopfern tätigt." Sie schreibt sich den Namen der Ärztin separat auf. Als wir fertig sind und ich gerade gehen will, hält sie mich zurück. „Sprich bitte mit einem Psychologen darüber", sagt sie zu mir und drückt mir eine Visitenkarte in die Hand. „Das ist eine gute Expertin, sie wird dir helfen um alles zu verarbeiten. Nimm die Hilfe an, damit du wieder so werden kannst wie früher. Ich wünsche dir alles Gute für deine Zukunft."

Andy wartet schon im Wartebereich auf mich. „Und alles erledigt?" Ich bin so froh, dass er nicht fragt, ob es mir gut geht, denn das kann ich wirklich nicht behaupten, obwohl ich mich nicht mehr so schlimm fühle wie vorher. Es hat irgendwas befreiendes, dass ich die Anzeige gemacht habe.

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