Urteilsverkündung

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Ich stehe zwischen Andy und Nik bei der Urteilsverkündung und ich habe Angst. Was wird jetzt passieren, wenn er nicht bestraft wird? Wird er mich weiterhin stalken und werde ich das überleben oder bringt er mich dann um? Falls er mich wirklich umbringen will, dann hoffe ich, dass es schnell geht. Würde mich dann überhaupt jemand vermissen? In dem Moment nahmen jeweils Andy und Nik eine Hand von mir in ihre, als Zeichen, dass wir das jetzt zusammen durchstehen. Nein, auch sie würden mich irgendwann vergessen, wenn ich nicht mehr da bin. Diese depressive Phase zog mich wieder in ihren Bann, da wird Amy wieder ganz schön was zu tun haben in der nächsten Sitzung.

Ich höre der Richterin bis dahin gar nicht zu, ich hänge in meinen eigenen Gedanken fest. Jetzt konzentriere ich mich auf das, was die Richterin sagt. „Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass Herr Schmidt in allen Anklagepunkten für schuldig befunden wird." Mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen, aber richtig freuen kann ich mich nicht. „Nach §23 Abs. 2 StGB wird der Beschuldigte zu eine Haftstrafe von 15Jahren verurteilt. Sie können sich jetzt setzen." Er muss 15 Jahre in Haft, voraussichtlich, den man kennt das ja mit guter Führung und so, da können die ja auch vorzeitig entlassen werden. Aber erstmal bin ich ihn los.

„Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass er zwar grob fahrlässig gehandelt hat und somit auch noch mehr Menschen hätten zu Schaden kommen können, sind aber der Ansicht das er trotzdem das mildere Urteil verdient hat, da sein geistiger Zustand nicht seinem eigentlichen Alter entspricht." Genau, also dumm kommt mal wieder weiter. Haben die ihm damit jetzt eigentlich attestiert, dass er nicht mehr alle Latten am Zaun hat? Super, jetzt muss ich mir echt ein Lachen verkneifen, Andy merkt das und bufft mir sofort mit seinem Ellenbogen in die Seite.

„Auch wenn die Chance auf eine frühzeitige Entlassung besteht, so dürfen Sie sich Marie nicht bis auf 500m nähern. Sobald Sie diese Auflage verletzen, wandern Sie wieder in die Zelle. Gegen dieses Urteil kann auf dem Rechtsweg Einspruch eingelegt werden. Die Verhandlung ist somit beendet." Ich fühle mich nicht in der Lage jetzt aufzustehen, denn meine Beine sind wie Wackelpudding. „Komm Marie, wir gehen hier weg. Das ist alles zu viel für dich." Nik legt seinen Arm um mich und nimmt mich so mit raus. Draußen an der frischen Luft fühle ich mich viel wohler, aber meine Beine wollen immer noch nicht so, wie ich das gerne hätte.

„Sie kann so auf gar keinen Fall fahren. Ich bringe sie mit ihrem Auto nach Hause, du musst dir keine Sorgen machen. Es wäre jetzt auch nicht gut, wenn sie alleine zu Hause ist", sagt Andy an mich gerichtet. Nik kann nicht mit zu mir kommen, auch wenn er gerne wollte, aber er muss nachher noch mal los zur Arbeit und Aleks muss wieder auf ihren Bruder aufpassen. „Gib mir mal deinen Autoschlüssel Marie." Ich wühle in meiner Handtasche rum und gebe ihm dann meinen Schlüssel.

Er startet das Auto und schon gleich dringt der Bass durch meine Boxen. Andy zuckt zusammen und macht erstmal leiser. „Dass du noch nicht taub bist, das wundert mich immer wieder." Er fährt los und ich lasse meine Stirn an die kalte Fensterscheibe fallen. Die Natur rauscht während der Fahrt an uns vorbei, doch ich nehme nicht wirklich viel von ihr wahr, denn ich hänge wieder in meinen Gedanken fest.

Home sweet homeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt