Bin ich tot?

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Ich sehe ein weißes Licht. Bin ich jetzt etwa tot? Soll es das jetzt gewesen sein? Ich konnte Sirenen hören und dumpfe Stimmen. Also war ich doch noch nicht tot. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, weil ich wissen wollte, was mit Andy ist. Aber mein Körper gehorcht mir einfach nicht. Da ist noch dieser Schmerz, aber ich kann ihn einfach nicht zu ordnen, ich habe keine Ahnung woher dieser Schmerz kommt. Man legt mir eine Nackenmanschette an, mehrere Personen sprechen direkt neben mir. Einige Stimmen davon erkenne ich, aber kann sie keiner genauen Person zuordnen. Über meinen Körper wird eine Decke ausgebreitet, da ich den Ablauf ganz genau kenne, weiß ich, dass ich wohl festgeklemmt bin und das Auto aufgeschnitten werden muss. Also sind die Feuerwehren der ganzen Umgebung mit hier, ich hoffe nur, dass meine Mutter mich jetzt so hier nicht sieht, denn das würde sie sicher nicht verkraften.

Ich höre, wie der elektrische Spreizer angesetzt wird und sich das Blech von der Karosserie verformt. Diese Geräusche gehen mir bis ins Mark. Der Sanitäter redet beruhigend auf mich ein, auch wenn er sich nicht sicher sein kann, was ich überhaupt von dem allem hier mitbekomme. Die Stimme ist sehr angenehm, aber mich würde jetzt wirklich interessieren was mit Andy ist. Ich versuche krampfhaft meine Augen zu öffnen, mir flattern kurz die Lider auf, aber es reicht nicht aus um genug zu sehen. „Ich glaube sie wird wach", sagt der Sani neben mir. Sofort kommt ein Arzt dazu und leuchtet mir in die Augen, dieses grelle Licht ist so abartig. „Wir sollten uns beeilen, die beiden sind viel zu schwach." Also ist Andy nicht tot, das ist schon mal eine gute Nachricht. Ich merke, wie die Decke etwas höher gezogen wird und danach splittert die Scheibe. Mit den hydraulischen Geräten ist die Feuerwehr schon so weit, dass das Dach einfach nur noch nach hinten geklappt werden muss, damit wir hier aus dem Wrack rauskommen. Woran ich das merke? Die Luft hat sich verändert, es ist nicht mehr so stickig und die Sonne scheint, was das ganze hier heller erscheinen lässt.

Mit einer Trage werde ich aus dem Autowrack geborgen. Ich versuche noch mal all meine Kräfte zusammen zu nehmen und schaffe es meine Augen zu öffnen. Was ich sehe schockiert mich, von dem Auto in dem wir beide saßen ist nicht mehr viel übrig, nur noch ein Klumpen Metall. Andy wird gerade aus dem Wrack geborgen, ich sehe, dass sein Gesicht blutverschmiert ist. Ich will noch mehr sehen, sehen wie schwer er verletzt ist, doch meine Kräfte lassen nach und meine Augen fallen wieder zu.

Ich bekomme nicht mit, wie ich von dem Unfallort weggebracht werde. Keine Ahnung, ob ich in einem Helikopter liege oder in einen Krankenwagen verfrachtet wurde. Ich merke nur, wie mir immer wieder irgendwas in die Venen gespritzt wird. Ich hoffe nur, dass sie meinen Organspendeausweis gefunden haben, denn ich möchte nicht ewig in einem Krankenhaus rumvegetieren, wenn meine Organe irgendwem helfen könnten. Diesen Ausweis habe ich bereits mit 16 ausgefüllt und immer in meiner Geldbörse dabei.

Ich falle wieder in eine Art tiefen Schlaf und bekomme nichts mehr mit. Ich weiß nicht, wo ich hingebracht werde und was genau mit mir passiert. Weiß meine Mutter denn nun schon von unserem Unfall Bescheid? Was macht sie jetzt und wo ist sie? Ich hätte sie jetzt gern hier bei mir und würde ihr sagen, dass ich sie über alles liebe.

Home sweet homeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt